Die Spur des Dschingis-Khan
verschwinden.
Ein dumpfer Knall riß ihn wenige Minuten später aus seinem Sinnen. Der Luftdruck einer schweren Explosion brachte ihn momentan ins Wanken. Mit einem jähen Ruck warf er sich herum und sah aus den zersplitterten unteren Fenstern des E. S. C.-Gebäudes dünne Rauchschwaden ziehen.
Instinktiv lief er auf den Eingang des Gebäudes zu. Durch die aufgerissenen Flügeltüren drang er in das Haus ein und stürmte die Treppen empor. Ein Gemisch von Staub und Rauch benahm ihm fast den Atem. Eine schreiende Menge drang ihm entgegen. Zwischendurch … darüber hinweg bahnte er sich seinen Weg bis in das zweite Stockwerk, wo er den Freund wußte.
Hier war es ruhiger. Hier ließ auch der Qualm nach. Er lief über einen Korridor und sah die Person, die ihm auf der Straße entgangen, in einen Seitengang verschwinden. Mit einem Ruck blieb er stehen. Dann schlug er den entgegengesetzten Weg zu den Direktionszimmern ein. Noch ehe er sie erreichte, kam ihm Georg Isenbrandt mit einigen Herren entgegen.
»Georg, was ist los?«
»Das wissen wir selbst noch nicht. Wir müssen die Untersuchung abwarten.«
»Ein verbrecherischer Anschlag?«
»Nicht so eilig! Warte mit deinen Telegrammen, bis die Untersuchung Klarheit geschaffen hat.«
Der Donner einer zweiten Explosion in der Nähe verschlang die letzten Worte Isenbrandts. Ohne sich noch aufhalten zu lassen, stürmte der Amerikaner dem Weg nach, den der Fremde vorher eingeschlagen hatte. Die zweite Explosion hatte neue Rauchmengen entwickelt. Er rüttelte an verschlossenen Türen und stieß schließlich auf eine Tür, die nachgab. Sah zuerst einen mächtigen Tresor, der durch die Gewalt der Explosion von oben bis unten aufgerissen war. Die Kraft der Sprengung hatte die in ihm verwahrten Dokumente durch das Zimmer zerstreut. Sah dann nur undeutlich in dem rauchgefüllten Raum, wie der Gesuchte bemüht war, mehrere Schriftstücke in seinen Taschen verschwinden zu lassen. Mit ein paar tigerähnlichen Sätzen schoß Wellington auf ihn los. Doch noch schneller hatte der Fremde die Tür zum Nebenzimmer aufgerissen. Als Wellington Fox die Klinke berührte, hörte er, wie der Schlüssel im Schloß von außen umgedreht wurde.
Wellington Fox blieb stehen. Das Vergebliche einer weiteren Verfolgung hier im Gebäude war ihm klar.
*
Seine Exzellenz Herr Wang Tschung Hu, der chinesische Botschafter bei der Deutschen Republik, saß allein in seinem Arbeitszimmer. Nervös spielte seine Rechte mit einem Bleistift, während sein Auge den langsamen Fortgang des Uhrzeigers auf dem Zifferblatt verfolgte.
Die Uhr hub aus und schlug halb sechs. In ihren verhallenden Schlag mischte sich der Klang der Telephonglocke.
Die Meldung des Sekretärs, daß Mr. Collin Cameron soeben die Botschaft betreten habe.
Wang Tschung Hu legte den Apparat wieder auf die Gabel, suchte einen Moment zwischen verschiedenen, an dem großen Diplomatentisch befestigten Hebeln und legte einen davon um. Im gleichen Augenblick war ein Telephon auf seinem Tisch mit den Lauschmikrophonen verbunden, die sich in der Wohnung des Hausmeisters der Botschaft befanden. Jedes Wort, was dort unten gesprochen wurde, mußte hier oben klar und deutlich aus dem Apparat kommen.
Die Gründe, die Seine Exzellenz veranlaßt hatten, diese Verbindung herstellen zu lassen, waren von besonderer Art. Wutin Fang, der da unten in der bescheidenen Stellung eines Hausmeisters wirkte, war in Wirklichkeit Generalstabsoffizier und Chef der gelben Spionage in Europa. Der Botschafter mußte jederzeit offiziell versichern können, daß er Leute, wie jetzt diesen Mr. Collin Cameron, nicht kenne. Aber Seine Exzellenz hatten ein großes Interesse daran, zu erfahren, was solche Leute mit Wutin Fang verhandelten. So saß Wang Tschung Hu jetzt mit gespannter Aufmerksamkeit vor dem Telephon. Stimmen erklangen aus dem Apparat.
»Was bringen Sie uns, Mr. Cameron?«
»Schlechte Neuigkeiten, Herr Wutin Fang. Es hat nicht geklappt.«
»Ich verstehe nicht, wie das möglich war?«
»Wie das möglich war? … Ihre Leute haben ein harmloses Feuerwerk veranstaltet, aber keine Sprengung … Ein paar Fensterscheiben in Trümmer, ein paar Türfüllungen herausgeschlagen, aber die Tresore kaum beschädigt … Ganz unmöglich, an die Proben des Dynotherms heranzukommen … ich habe das Menschenmögliche versucht.«
»Verdammt, wir müssen die Analysen haben. Wenn es heute nicht ging, muß es das nächstemal gehen.«
»Halten Sie die Direktoren der Compagnie nicht
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