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Die Stille über dem Wasser: Roman (German Edition)

Die Stille über dem Wasser: Roman (German Edition)

Titel: Die Stille über dem Wasser: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clara Salaman
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verdrückte. Sie hatte Bärenhunger und konnte die Mahlzeit kaum schnell genug in sich hineinschaufeln. Er wertete es als gutes Zeichen. Sie würde es schon schaffen. Sie war eine Kämpfernatur.
    Eine Stunde später lag Smudge tief schlafend auf seinem Schoß. Er streichelte ihre winzigen Finger und starrte mit leerem, totem Blick auf das silbrige, mondbeschienene Meer hinaus. Es gab keine andere Möglichkeit. Er sah zu den Sternen hinauf. Sie versuchten, ihm zu sagen, wo sie sich befanden – Milliarden von ihnen flitzten wie winzige Pfeile über den nächtlichen Himmel –, doch er wollte es nicht wissen.
    Der Zeitpunkt war gekommen. Er drückte ihre kleine Hand an die Lippen und betrachtete die schmutzigen, viel zu langen Fingernägel und die Grübchen auf ihren Handrücken. Im Schlaf drückte sie seine Hand ganz leicht. Er schloss die Augen und küsste ihre Finger, dann rutschte er unter ihr hervor und legte sie flach auf den Cockpitsitz. Inzwischen trug sie einen von Clems Pullovern, den blauen mit den durchgewetzten Ellbogen, dessen Ärmel sie aufgerollt hatte.
    Er ging nach unten und machte das Licht an, dann klappte er den Backbordsitz hoch und nahm ihre rote Segeltuchtasche heraus. Einen Moment lang stand er reglos da, als ihn ein Anflug von Wut auf Clem überkam, weil sie sie einfach im Stich gelassen hatte. Eilig zog er den Reißverschluss auf und warf einen Blick hinein. Wie immer befand sich allerlei Krimskrams darin: Zettel, Eintrittskarten, Pear Drops, Kieselsteine und andere Sachen, die sie seit Monaten mit sich herumgeschleppt hatten. Der Anblick war unerträglich. Er drehte die Tasche um und kippte den gesamten Inhalt auf den Boden, dann faltete er eine Decke zusammen, legte sie hinein und stopfte die Seiten mit ein paar Kleidungsstücken aus.
    Er trug die Tasche nach oben, hob die fest schlafende Smudge hoch und bettete sie so gut es ging in die Tasche. Er deckte sie sorgsam zu und faltete ihre Arme vor der Brust. Dann nahm er Gilla mit seinen Knopfaugen, drückte ihn ihr unter den Arm und zog den Reißverschluss hoch. Schließlich ging er wieder nach unten, füllte einen ihrer Trinkbecher mit Wasser und legte ihn neben sie in die Tasche, ehe er das Licht löschte und die Cockpittür hinter sich schloss.
    Er zog das Rettungsschlauchboot vom Deck und warf es ins Wasser. Flüchtig fragte er sich, wie alt es sein mochte. Er konnte nur hoffen, dass es noch funktionierte. Er hatte noch nie eines dieser Dinger in Gang gebracht, doch es schien sich genau so zu verhalten, wie es sollte – kaum hatte er an der Schnur gezogen, füllte es sich mit Luft wie eine aufblasbare Gummipuppe. Er befestigte es an der Klampe, beugte sich vorsichtig nach vorn und legte Smudge behutsam darauf. Staunend registrierte er, wie leicht sie war. Die Tasche schien kaum schwerer zu sein als früher, als sie noch Clems Sachen beherbergt hatte. Schließlich kletterte er in das Schlauchboot und löste die Fangleine.
    Er paddelte in Richtung Ufer. Der Mond schien extrem hell zu leuchten, trotzdem war er ziemlich sicher, dass ihn niemand bemerken würde, da diese Seite der Bucht nahezu unbewohnt war. Er zog das Schlauchboot über den Strand hinter einen kleinen Felsen und schwang sich die Tasche mit Smudge darin über die Schulter, als wäre sie ein Gepäckstück. Als er über die Felsen in Richtung Pfad kletterte, fiel ihm auf, wie kunstvoll die Muscheln in das Vulkangestein eingebettet waren; wieder fragte er sich, wo sie sein mochten. Vor ihm erhob sich eine Kakofonie – ob Frösche oder Vögel, vermochte er nicht zu sagen.
    Die Kirche befand sich hoch oben auf dem Hügel links von der Bucht. Im hellen Mondschein trug er Smudge vorsichtig den Pfad hinauf. Offenbar hatte er die Tiere gestört, denn die Laute verstummten abrupt; stattdessen wehten leise Gitarrenklänge aus der Ferne heran. Erstaunt horchte er auf. Es war eine halbe Ewigkeit her, seit er das letzte Mal in die Nähe von Menschen gekommen war. Er blieb kurz stehen und lauschte, doch die Wärme der Klänge beschwor eine so schmerzhafte Sehnsucht nach Clem und sein altes Leben herauf, dass er sich auf die Lippe biss, bis er Blut schmeckte. Applaus drang an seine Ohren, gefolgt von Gelächter – ein fremdes, ungewohntes Geräusch. Die Vorstellung, dass so etwas wie Freude und Glück überhaupt auf der Welt existieren konnten, obwohl sie nicht mehr bei ihm war, bestätigte ihm nur, dass hier kein Platz mehr für ihn war.
    Einen Moment lang stand er reglos da und ließ

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