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Die Stunde der Zeitreisenden: Hourglass 1

Die Stunde der Zeitreisenden: Hourglass 1

Titel: Die Stunde der Zeitreisenden: Hourglass 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myra McEntire
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gebeten. Du kannst mich nicht zwingen, dir zu helfen … wegen irgendeiner… kranken, verdrehten Vorstellung, dass ich dir etwas schuldig bin.«
    Jack lächelte nachsichtig, als hätte ich nicht Nein gesagt, sondern wäre nur ein bisschen aus der Rolle gefallen. »Ich habe getan, was getan werden musste. Zum Teufel mit den Folgen.«
    »Folgen«, zischte Michael. »All deine Zeitreisen – all die Dinge, die du verändert hast. Das hat sich doch ausgewirkt, nicht wahr? Das Raum-Zeit-Kontinuum …«
    »Ist in Ordnung. Lass uns lieber von der Formel reden«, sagte Jack herablassend. Er trat ein Stück näher an mich heran. »Gibt es Erinnerungen, ohne die du nicht leben kannst, Emerson? An deine Eltern, als sie noch gesund und am Leben waren? Oder daran, wer du bist? Oder soll ich ein paar von den … unangenehmeren Erinnerungen zurückholen? Die Agonie, die Trauer? Hast du wirklich geglaubt, du wärst einfach nur weggetreten gewesen?«
    Der Gedanke an größere Schmerzen, als ich sie ohnehin schon erlitten hatte, war kaum zu ertragen. Doch dann drückte Michael meine Hand und erinnerte mich daran, dass ich den Schmerz, falls er kommen sollte, nicht allein durchstehen musste.
    »Es ist mir egal, was du sagst.« Ich holte tief Luft und sah Jack direkt in die Augen. »Ich werde dir die CD nicht geben. Ich kann dir nicht die Möglichkeit verschaffen, weiteren Menschen Schaden zuzufügen.«
    Schnell wie der Blitz war Jack an meiner Seite.
    Michael versuchte, sich zwischen uns zu drängen, woraufhin Cat ihm die Pistole unters Kinn schob. Er ließ meine Hand los, offensichtlich bereit zu kämpfen. Ich schrie auf.
    »Tu’s nicht, Michael.« Tränen liefen über meine Wangen. Ich sah ihn flehentlich an. »Ich brauche dich, wenn das hier vorbei ist.«
    Wenn ich es überlebe.
    Er hielt inne. Dann kam der Schmerz.
    Mit aller Kraft klammerte ich mich in Gedanken an Michaels Gesicht, während meine Ohren von demselben Rauschen erfüllt wurden, das ich gehört hatte, als Kaleb versucht hatte, mir meinen Schmerz zu nehmen. Dieses Mal drang der Lärm bis ins Gehirn vor. Ich schrie auf. Von den grauenvollen Qualen meiner Erinnerungen geschüttelt, stürzte ich zu Boden.
    Das zeitlupenartige Rutschen des Busses, bis er gegen den Baum prallte. Feuer, Hilferufe, der Geruch nach brennendem Fleisch und der metallische Geschmack von Blut in meinem Mund. Ich spürte, wie ich anfing zu schreien, und konnte nicht aufhören.
    Die Visionen stürmten auf mich ein. Die kreischenden Rollen eines Essenswagens mit einer endlosen Reihe unberührter Mahlzeiten. Meine Arme, die aussahen wie Haut und Knochen. Mein Körper, kaum zu erkennen unter der Decke, wie der eines Kleinkindes.
    Thomas’ verzweifeltes Gesicht.
    Das Rauschen verlangsamte sich, und ich rollte mich zusammen. Frierend schob ich die Hände in die Jackentaschen. Ich hörte Michael tröstend auf mich einreden, der Klang seiner Stimme war schmerzlicher, als wenn er mir direkt ins Ohr geschrien hätte. Bruchstückhafte Geschehnisse meines Lebens strömten mir entgegen. Ich hatte keine Hoffnung, mich vor ihnen zu schützen.
    Zwei Särge. Ein schwarzer Leichenwagen. Eine endlose Reihe von Tabletten, steriler Krankenhausgeruch. Tagelanges Starren auf denselben Punkt an der Decke. Dru in Tränen aufgelöst. Elektroschockbehandlung. Tausend kleine Nadelstiche auf dem Rücken bei nachlassender Betäubung durch die Medikamente. Das Gerede eines Therapeuten über die Schuldgefühle Überlebender. Schreie und hilfloses Gejammer.
    »Aufhören.« Michaels Stimme war lauter geworden. »Ich geb dir alles, was du willst. Bitte tu ihr das nicht an. Bitte.«
    Die Schreckensbilder verschwanden. Bis auf das Dröhnen in meinem Kopf wurde es still im Raum.
    Bevor die Erinnerungen sich verankern konnten, lächelte Jack mich gönnerhaft an. Ich kniff die Augen zu, um ihn auszuschließen. Wieder hörte es sich an, als würde Luft an meinen Ohren vorbeiströmen, diesmal wie in einem Vakuum. Ich spürte, wie die Erinnerungen wegglitten und nichts als ein Rauschen hinterließen. Ich lag zitternd da, meine Muskeln brannten, als wäre ich tagelang gerannt.
    »Siehst du, meine Liebe«, hörte ich Jack mit sanfter Stimme sagen. »Ich kann geben. Oder ich kann nehmen. Du hast die Wahl.« Seine nächsten Worte waren ein Flüstern. »Vergiss niemals , was du mir schuldig bist.«
    Meine Wange lag flach auf dem Holzfußboden, dazwischen waren nur meine Tränen. Mein Kopf schien zu schwer, um ihn zu heben, meine Augen zu

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