Die Sünde aber gebiert den Tod
bitte den Löffel für einen Augenblick nieder –, der Korb enthielt bedauerlicherweise einen menschlichen Kopf.«
Zwei graue Augen sahen Almut lange und intensiv an.
»Ihr könnt Euch weiter Eurem Mahl widmen, Pater. Dieses Gänseschmalz ist sehr gut. Es wurde mit Zwiebeln, Äpfeln und Thymian gewürzt.«
Der Benediktiner nickte und nahm sich eine der Brotscheiben.
»Unsere arme kleine Franziska war aus verschiedenen Gründen mehr als entsetzt und handelte höchst unbedacht. Sie brachte den Korb samt seinem Inhalt zum Adler, wo er hoffentlich noch unentdeckt steht. Sie hat, nicht ganz zu Unrecht, denke ich, den Wirt Simon im Verdacht, am Ableben der verschleierten Dame, die durchaus jene Bettina de Benasis gewesen sein könnte, Schuld zu tragen. An besagtem Christabend befanden sich nämlich randalierende Wilderer in der Schankstube. Wer weiß, was einer Frau da geschehen kann, nicht wahr?«
Pater Ivo betrachtete eingehend das Schmalzbrot in seiner Hand, und eine steile Falte bildete sich auf seiner Stirn. Er wusste, was zum Beispiel ein paar Söldner der Begine angetan hatten.
»Unklar jedoch ist uns, was mit dem Kind der Verschleierten geschah. Wurde es von ihr ungesehen im Kloster ausgesetzt, mit dem belastenden Brief in den Windeln? Oder hoffte sie, derjenige, den diese Briefe betrafen, fände sie dort und nähme sie an sich? Warum sollte jemand anschließend dieses Kind wieder entführen? Ihr seht, es ist nicht ganz einfach, Eure Frage nach Klein Gerlis zu beantworten.«
Almut schwieg, und Pater Ivo wischte mit dem letzen Bissen seines Brotes die Schüssel aus.
»Gott, der Gerechte!«, entfuhr es ihm schließlich. »Ich weiß nicht, ob Gottes Gerechtigkeit in diesem Drama eine Rolle spielte.«
»Nein, Begine, da habt Ihr Recht. Ihr habt erstaunlich viel herausgefunden. Ihr werdet gute Gründe haben, die Tote für jene Bettina de Benasis zu halten.«
»Ich könnte noch sicherer sein, wenn ich diesen – äh – fehlenden Körperteil sehen würde. Franziska war zu aufgelöst, um den Kopf näher zu betrachten.«
»Dann sollten wir füglich sofort aufbrechen und uns mit dem Wirt des Adlers unterhalten.«
»Ich hatte gehofft, dass Ihr mich dorthin begleitet, Pater.«
»Holt Euren Umhang, Begine.«
Als Almut, warm eingehüllt, zurückkam, hatte sich Magda zu Pater Ivo gesellt und hörte ihm mit ernster Miene zu. Als sie sie bemerkte, zuckte sie resigniert mit den Schultern.
»Ich merke schon, es hat keinen Zweck, dich zu bitten, Pater Ivo alleine zum Adler gehen zu lassen.« »Nein, Magda, überhaupt keinen.«
»Passt auf sie auf, Pater.«
»Soweit es in meiner Macht steht, Meisterin, werde ich das tun. Und nun kommt. Ich nehme an, ich darf Euch jetzt noch einige weitere Fragen stellen?«
Heiter antwortete Almut: »Aber natürlich doch, ich warte darauf!«
»Unmögliches Weib!«, grollte er. »Habt Ihr auch einen Verdacht, wer der Vater des Kindes ist?«
»Selbstverständlich, Pater Ivo. Nur werdet Ihr nicht gerne hören, um wen es sich dabei handelt.«
»Ich bin wohl gesättigt. Wie Ihr nur zu gut wisst, besänftigt ein voller Magen auch das grimmigste Gemüt. Sprecht also freimütig, Begine.«
»Nun, unsere Gertrud lag krank danieder und nährte den schrecklichen Verdacht, sie sei vom Aussatz befallen. Ich begleitete sie zur Untersuchung in Melaten, und dort lernte ich eine der Aussätzigen kennen, die mich bat, ihr einen Brief vorzulesen, den ihr eine mitfühlendeSeele geschrieben hatte. Es zeigte sich, dass Frau Gerlis, die Aussätzige, die Amme jener Bettina war, die den Brief sandte. In ihm wurde von einem Kind, einem Mädchen, berichtet, das eben zur Welt gekommen war. Doch es war der junge Fredegar, der mich auf die Idee brachte, wer der Vater sein muss. Ich begleitete ihn nämlich am Tag seiner Ankunft, vergangenen Freitag, ein Stück durch die Stadt, und am Alten Markt vermeinte er plötzlich, eine edle Dame zu erkennen. Es war jedoch nur eine alte, pockennarbige Vettel, die einen kostbaren Tasselmantel trug. Fredegar redete sie mit Frau Bettina an, und ein, zwei unschuldige Fragen von mir enthüllten, er hatte sie für die Dame seines Herrn Ritters gehalten. Dabei verwunderte ihn durchaus der Umstand, sie könnte Bonn verlassen haben.«
»Ihr glaubt also, der Ritter und die Benasis-Tochter sind die Eltern des ausgesetzten Kindes?«
»Meine Schwester Aziza begegnete beiden zusammen und bestätigte dieses Gerücht. Dennoch, Klarheit könnten wir erhalten, wenn Ihr den edlen Gero von
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