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Die Sünde aber gebiert den Tod

Die Sünde aber gebiert den Tod

Titel: Die Sünde aber gebiert den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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gespalteten Brennholzes, einen Korb entdeckt. Doch sie ging noch einmal durch den Raum, an der Esse vorbei, warf einen Blick unter die Bank mit den Werkzeugen, hinter die Weidenkörbe mit Kohle und das Wasserfass. Einen anderen Henkelkorb als den am Eingang gab es nicht, und so nahm sie denn diesen auf und fragte: »Ist das Euer Korb, Simon?«
    Der Schmied sah ihn verwundert an.
    »Nein, den kenne ich nicht. Keine Ahnung, wo der herkommt. Ihn könnte der Bauer vergessen haben, dessen Gaul ich gestern beschlagen habe.«
    Almut fröstelte es, als sie an den Inhalt dachte. Sie brachte es nicht über sich, den geflochtenen Deckel anzuheben.
    »Gebt her, Begine. Schmied, schaut her!«
    Pater Ivo öffnete den Korb, und Almut hielt sich unwillkürlich die Hand vor den Mund.
    »Allmächtiger!«, stöhnte Simon und bekreuzigte sich.
    »Erkennt Ihr den Kopf, Schmied?«
    Der große, kräftige Mann war blass geworden, würgte und rang sichtlich um Fassung.
    »Gehen wir ans Tageslicht – und an die frische Luft«, schlug Pater Ivo vor und ging voraus. Zögernd folgten ihm die Begine und Simon. Almut nahm all ihren Mut zusammen, schickte einen Stoßseufzer an die tröstende Mutter Maria und lugte vorsichtig in den Korb. Es war ein grässlicher Anblick. Blutverschmiert und seltsam verzerrt war das Gesicht, und sie vermochte noch nicht einmal zu sagen, ob es einem Mann oder einer Frau gehörte. Er musste in den vergangenen frostigen Tagen gefroren gewesen sein, doch in der Schmiede war das Blut wieder aufgetaut. Pater Ivo hatte eine Hand voll Schnee aufgehoben und wischte über die rechte Wange des Kopfes. Rötliches Wasser tropfte aus dem Korb, aber schon nach ein paar Momenten zeigte sich ein rotes Mal in der Form eines Teufelskopfes.
    »O Gott!«, murmelte Simon. »Heilige Maria, Muttergottes! Deshalb also!«
    Pater Ivo legte den Korbdeckel wieder auf, und sein Gesicht wirkte wie versteinert. Er murmelte ein leisesGebet, das Almut nicht verstand, dann aber sah er auf und sagte laut: »Ja, deshalb. Es ist Eure Frau Bette. Wir haben noch einen anderen Namen für sie gefunden.«
    Der Schmied sah so fassungslos und grau im Gesicht aus, dass Almut Angst bekam, er würde ohnmächtig zusammenbrechen. Sie nahm seinen Arm, zog ihn wieder zurück in die Schmiede und führte ihn zu der Bank, damit er sich setzen konnte.
    »Was ist ihr geschehen? Wer hat das getan?«
    »Wenn nicht Ihr, wer sonst!«, herrschte Pater Ivo ihn an.
    »Seid ruhig, Pater. Ihr wisst, es kann auch ein anderer getan haben.«
    »Eure eigene Idee, Begine, war es, dass er es tat!«
    Simon lauschte dem Wortwechsel mit Entsetzen.
    »Habt Ihr das wirklich von mir gedacht, Frau Almut? Ich schwöre, ich habe diese Frau nie angerührt. Nie!«
    »Schon gut, Simon.« Almut streichelte seinen bloßen Arm und legte dann ihre Hand auf seine rauen, harten Hände. »Ich habe mir überlegt, ob nicht womöglich Eure randalierenden Gäste in der Christnacht der Frau Bettina Gewalt angetan haben und Euch dann ihre Leiche zurückließen.«
    Er schüttelte vehement den Kopf. »O nein, die Männer waren zwar gewalttätig, aber sie tobten sich an Tischen und Bänken aus. Und die Dirnen, die sie bei sich hatten, haben schnell das Weite gesucht. Ich glaube wirklich nicht, dass die Dame noch einmal zurückgekommen ist. Aber ich weiß nicht, wohin sie ging und – was ist mit dem Kind? Ist es auch ermordet worden?«
    »Nein, es lebt. Hat die Frau, während sie bei Euch wohnte, mit irgendjemandem gesprochen, hat jemand sie aufgesucht?«
    »Nein, Frau Almut. Nicht, dass ich es wüsste. Sie kam zwei Tage vor dem Christfest zu mir. Am späten Nachmittag, kurz vor der Dämmerung. Franziska brachte ihr eine Mahlzeit in die Kammer, weil sie mit dem Kind nicht in der Schankstube essen wollte. Am nächsten Tag bat sie um Feder, Pergament und Siegelwachs. So etwas habe ich natürlich nicht hier, darum schickte ich Franziska zum Krämer, um es zu kaufen. Bei Gott, sie tat störrischer als mein Maulesel. Aber wem Frau Bette geschrieben hat und wer die Botschaft überbracht hat, weiß ich nicht. Hier gehen tagsüber viele Leute ein und aus. Ihr solltet den kleinen Burschen fragen, den Päckelchesträger. Ich könnte mir denken, er weiß, wem sie das Schreiben gegeben hat und wohin es abgeliefert werden sollte.«
    »Mh, darauf hätte ich auch schon früher kommen können. Danke, Simon.«
    »Ja, und bis zum Abend des Christtags blieb die Frau Bette in ihrer Kammer und ließ sich von Franziska das Essen

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