Die Terranauten 058 - Das Herz von Rorqual
erweckte den Eindruck, als könne all das ihm nicht das geringste anhaben. Er stapfte Nayala hinterdrein, anscheinend in der festen Überzeugung, es lohne sich nicht, sich an irgend etwas anderem zu orientieren als an der Drachenhexe.
»Wir müssen um jeden Preis so schnell wie möglich von diesem Schrottplatz verschwinden«, rief Asen-Ger durch das Brausen und Tosen. Das schulterlange, blonde Haar klebte in schweißigen Strähnen an seinen Schläfen. »Solange wir uns in dieser Gefahrenzone aufhalten, können wir uns nicht mit den übrigen Problemen befassen.«
»Ach, haben wir noch mehr Probleme?« meinte Claude Farrell in gespieltem Erstaunen. »Ich dachte, wir brauchten nur diesen Großbrand ohne Wasser und Sand zu löschen.« Er spie einen Tabakkrümel aus.
»Dazu genügt ja deine Spucke«, höhnte Colynn. »Bei Yggdrasil, mußt du denn in dieser Hitze und in diesem Qualm auch noch rauchen?«
»Der Nikotingenuß«, entgegnete Farrell, »ist keine Frage der Witterungsverhältnisse, sondern der Nerven. Ist dir noch nicht aufgefallen, daß man als Terranaut Nerven mit der Härte von Panzerprotop nötig hat?«
»Darauf wäre ich von allein nie gekommen!« schrie Colynn.
»Wir müssen handeln«, beendete David die fruchtlosen Redensarten. »Hier wird uns bald die Luft ausgehen.« Mit raschen Blicken rundum musterte er den Rumpf des langen, rechteckigen, mit zahlreichen Aufbauten und Auswüchsen bestückten Raumschiffs, auf dessen Außenhülle sie gegenwärtig standen. Zu seinem Mißmut befand sich keine Öffnung in Sichtweite. Er deutete mit dem Zeigefinger entschlossen auf das schwarzblaue Material unter seinen Füßen. »Wir steigen an dieser Stelle hinein. Drinnen sind wir zunächst einmal vor dem Gröbsten geschützt. Und dann müssen wir alle Hoffnung darauf setzen, daß wir in diesem Schiff ein Beiboot, einen Gleiter oder sonst irgendein noch funktionsfähiges Fahrzeug entdecken, mit dem wir schnellstens einen möglichst großen Abstand zwischen das Feuer und uns bringen können.« Sein nachdrücklicher Tonfall bezeugte, daß er eine Entscheidung gefällt hatte, über die er keine weiteren Diskussionen wünschte.
Asen-Ger, Zandra van Heissig und Narda richteten ihre Laserpistolen auf den Rumpf. Mit dem konzentrierten Dauerfeuer der Waffen schufen sie innerhalb von kurzer Zeit ein weites Loch, ausgedehnt genug, daß man ins Innere des Raumes springen konnte, ohne aufs Abkühlen der geschmolzenen Ränder warten zu müssen.
Innen war das fremde Raumschiff so eckig und kantig konstruiert wie außen. Alles war funktionell und geometrisch nüchtern; mit dem Platz hatten die unbekannten Erbauer des Raumes enorm gegeizt. Allerdings mußten sie ohnehin in ihrer Körperhöhe wesentlich kleiner als Menschen gewesen sein, denn als die Gruppe – David an der Spitze – in die verschachtelten Korridore vorstieß, mußte sie gehörig die Köpfe einziehen.
»Halt«, rief plötzlich von hinten Nayala del Drago. Alle Mienen wandten sich um und ihr zu. »Was wird aus Sufnor? Er paßt hier nicht durch.«
Die Drachenhexe von Adzharis hatte absolut recht. Der Flugdrachen konnte bloß bis zu den Schultern in den Korridor eindringen, den die kleine Truppe soeben betreten hatte. David rieb sich am Kinn. »Daran habe ich nicht gedacht«, bekannte er mißgestimmt. »Tja …« Er breitete die Arme aus, so gut es in der Enge ging. »Er muß hier warten, bis wir ein Gefährt gefunden haben, dann kann er zusteigen.«
Dagegen ließen sich kaum Einwände erheben. Nayala suggerierte dem Drachen die Anweisung, in dem verkohlten Hohlraum zu bleiben, den die Laser in den Rumpf wie einen Krater geschmolzen hatten; danach drangen die restlichen Teilnehmer der Expedition tiefer in das Raumschiff vor. Beleuchtung gab es so gut wie keine; sie waren, abgesehen von fahler Fluoreszenz, welche von unverständlichen Instrumenten verbreitet wurde, auf Asen-Gers Handlampe angewiesen. Völlige Stille herrschte in dem Schiff. Offenbar war nichts, was nicht aufgrund autarker Automatiken funktionierte, noch in Betrieb. Macht keinen sehr hoffnungsvollen Eindruck, meinte Claude Farrell telepathisch zu David.
Mag sein. Aber wir haben ein wenig Zeit gewonnen. Tatsächlich bedeutete die Kühle, die innerhalb des offenbar hervorragend isolierten Rumpfes spürbar war, nach der Gluthitze des Feuers eine große Erleichterung, und schon darum war David heilfroh. Allerdings kam er auch hier nicht zu der Ruhe, derer er bedurft hätte, um sich Gedanken über
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