Die Tiere in meiner Arche
das Personal völlig unbrauchbar. Es handelt sich hier, wenn ich einmal ein Wort prägen darf, um anthropomorphe Architektur^ Ihr Zustandekommen hat zweierlei Gründe:
Erstens: Der Architekt weiß genau, was er und das Publikum wollen; nämlich etwas Großes und Schönes — einen Bau, der das schlechte Gewissen über die eingebildeten Leiden des Tiers in Gefangenschaft beruhigt. Aber er und das Publikum wissen nicht, was das Tier sich wünscht, und da im allgemeinen zwischen dem Architekten und den Leuten, die für das Wohl des Tieres verantwortlich sind, absolute Funkstille zu herrschen scheint, werden dann diese architektonischen Monstrositäten geboren.
Es wäre natürlich einfältig zu erwarten, daß jeder Zoo-Architekt eine zoologische Ausbildung besitzt; aber es ist zweifellos von Nutzen, wenn der Architekt den Unterschied zwischen einer Giraffe und einer Haselmaus kennt. In den meisten Fällen scheint es — nach dem Endprodukt zu urteilen — so zu sein, daß der Architekt seinen Auftrag bekommt und sich dann daran macht, einen Bau zu entwerfen, den er für architektonisch optimal hält. Ob der Bau auch für das Tier und das Personal das beste ist, das zieht er kaum oder gar nicht in Betracht. Es gibt viel zu viele moderne Zoobauten und -käfige, die für die Tiere, die in ihnen leben, absolut nicht das Ideale sind; sonderbarerweise jedoch sind es selten diese Behausungen, solange sie nur sauber sind, die vom Publikum kritisiert werden. Aufgrund dieser Einstellung sahen sich viele Zoos gezwungen, immer größere Häuser und Käfige für Tiere zu bauen, die in vielen Fällen allenfalls ein Fünftel des ihnen zur Verfügung stehenden Raums ausnutzen und sich auf kleinerem Raum wahrscheinlich wesentlich geborgener fühlen würden.
Ich erinnere mich an einen Besuch in einem nagelneuen Elefantenhaus, den ich mit einem Zoodirektor vom Kontinent unternahm. Dieser Mann war der Auffassung, daß bei jedem Auftrag an einen Zooarchitekten, ein Tierhaus zu bauen, das Tier als Kunde anzusehen ist, und daß die Bedürfnisse des Tieres von entscheidender Bedeutung sind. Lange Zeit standen wir schweigend da und betrachteten das monströse neue Gebäude. Schließlich brach mein Begleiter die Stille:
»Wofür ist das?« fragte er im Flüsterton.
»Elefanten«, antwortete ich kurz.
»Elefanten?« echote er und riß voller Bestürzung die Augen auf. »Elefanten? Aber warum hat es diese Form? Warum die vielen Spitzen da oben? Was tun die da?«
»Das ganze Gebäude ist dem Architekten zufolge die Darstellung einer Gruppe von Elefanten an einem Wasserloch«, erklärte ich.
Mein Bekannter drückte entsetzt die Augen zu und knurrte in einem der weniger bekannten serbokroatischen Dialekte einen Fluch über alle Architekten. Das einzige Wort, das klar und deutlich zu verstehen war, war das Wort Architekt, und es wurde mit einer Giftigkeit hervorgestoßen, die einer zischenden Schlange Ehre gemacht hätte.
Wir gingen hinein. Es war etwa so, als beträte man eine deformierte Kathedrale. Mein Begleiter musterte den verhältnismäßig kleinen Raum, den man den Tieren gelassen hatte, und das riesige Labyrinth von Gängen, das für das Publikum reserviert war. Dann schweifte sein Blick in die Höhe, dort hinauf, wo die Glocken hätten hängen müssen, wenn der Bau eine Kathedrale gewesen wäre. Er schauderte.
»Warum die Dach so hoch?« fragte er mich, unter dem Schock dieser architektonischen Mißgeburt seine mühsam angelernte englische Grammatik vergessend. »Warum die Dach so hoch, hm? Sie glauben vielleicht, Elefanten manchmal in der Nacht da hinauffliegen und Wetterhahn spielen wollen?«
Sehen Sie sich um in den Zoos dieser Welt und Sie werden überall diese architektonischen Fehlleistungen finden. Unglücklicherweise vollbringen Architekten sie im Schweiße ihres Angesichts auch heute noch. Seit Jahren geht man an den Bau von Käfigen, Tierhäusern- und gehegen unter ganz falschen Voraussetzungen heran. Es gibt einige Zoos, wo sich das geändert hat, aber diese Fälle sind leider allzu selten. Werden heute Bauten oder Anlagen für einen Zoo entworfen, lautet die erste Frage nicht: »Was braucht das Tier?«, sondern »Was gefällt dem Publikum?« In einem gut geführten Tierpark sollte für folgendes gesorgt sein:
1. Ein Gehege, das ein für das Tier geeignetes Territorium darstellt und eine Schutzzone bietet, wohin sich das Tier zurückziehen kann, wenn es unter Streß steht;
2. Einen oder mehrere Gefährten, die das Tier
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