Die Tochter des Goldsuchers
Ann Cody hat es für Sie zubereitet.«
Sarah wischte die verhassten Tränen ab. »Das war lieb von ihr.«
»Sie hat sich nach Jake erkundigt und wollte Sie wissen lassen, dass es Alice gut geht.«
»Das freut mich.« Ohne großes Interesse schlug Sarah die Serviette zurück, sodass ihr der Duft der frischen Brötchen in die Nase stieg.
»Sieht aus, als hätte Carlotta die Stadt Hals über Kopf verlassen.«
»Das macht jetzt auch nichts mehr.« Mit der gleichen Interesselosigkeit, die sie den Brötchen gewidmet hatte, betrachtete sie im Spiegel ihr Gesicht. Hinter ihrem Spiegelbild sah sie Jakes reglose Gestalt auf dem Bett.
»Kind, Sie brauchen Schlaf. Gehen Sie und legen Sie sich in mein Zimmer. Ich bleibe so lange bei ihm.«
»Das kann ich nicht.« Sarah würdigte die Brötchen keines Blickes, bediente sich aber mit Kaffee. »Manchmal ruft er nach mir. Ist wahrscheinlich dumm von mir, aber ich kann ihn einfach nicht allein lassen, Maggie.«
»Ich weiß.« Und weil sie es wusste, legte sie Sarah tröstend eine Hand auf die Schulter. Ein Geräusch an der Tür ließ sie herumfahren. »Was drückst du dich denn hier herum, John Cody?«
Johnny schlüpfte vollends durch die Tür und stand da, seine Mütze zwischen den Händen zerdrückend. »Wollte ihn nur mal sehen, das ist alles.«
»Ein Krankenzimmer ist kein Platz für kleine Jungen.«
»Ist schon gut.« Sarah winkte ihn heran und lächelte. »Sicherlich wäre Jake sehr erfreut zu hören, dass du dir die Zeit genommen hast, ihn zu besuchen.«
»Er wird doch nicht sterben, Miss Sarah?«
»Nein.« Endlich fand sie zu ihrer Zuversicht zurück, die ihr in der Nacht verloren gegangen war. »Nein, er wird nicht sterben, Johnny.«
»Ma sagt, Sie sorgen wirklich sehr gut für ihn.« Er streckte eine Hand nach Jake aus, zog sie aber sofort wieder zurück.
»Ist schon recht, mein Junge«, sagte Maggie sanft. »Du kannst ihn ruhig streicheln, solange er nichts merkt. Das tue ich auch.«
Vorsichtig strich ihm Johnny über die Stirn. »Er ist ganz schön heiß.«
»Ja, aber bald wird das Fieber nachlassen.« Sarah legte ihre Hand auf Johnnys Schulter. »Sehr bald.«
»Will geht es schon besser«, sagte er und lächelte Sarah hoffnungsvoll an. »Er trägt den Arm in der Schlinge, aber sonst geht’s ihm prima. Lässt sich nicht mal mehr von Liza bemuttern.«
»Bald wird sich auch Jake nicht mehr von mir bemuttern lassen.«
Stunden später döste Sarah im Sessel vor sich hin, den Kopf an das Rückenpolster gelehnt, die Hände im Schoß auf ihrem Tagebuch gefaltet, auf dessen Seiten sie ihren Gefühlen, Hoffnungen und Zweifeln Ausdruck verliehen hatte. Jemand rief ihren Namen.
»Sarah.«
Jetzt riss sie die Augen weit auf, und sie erhob sich fassungslos aus dem Sessel. Jake hatte sich im Bett halb aufgesetzt und zog die Stirn kraus, ob aus Ärger oder Verwirrung, war nicht zu erkennen. Und sein Blick war dabei sehr aufmerksam und direkt auf sie gerichtet.
»Was zum Teufel geht hier vor?«, fragte er. Dann sah er erstaunt zu, wie Sarah weinend neben dem Bett zusammenbrach.
»Ein zäher Bursche, dieser Jake«, meinte Maggie drei Wochen später zu Sarah, als sie die Treppe zu seinem Zimmer hinaufgingen. »Er sagte, er habe die Nase verdammt voll davon, sich von Weibern herumkommandieren, füttern und baden zu lassen.«
»Undankbarer Kerl.« Sarah lachte. Plötzlich taumelte sie und musste sich auf das Treppengeländer stützen.
Maggie packte sie am Arm. »Sarah, meine Liebe, sind Sie in Ordnung?«
»Ja. Alberne Sache.« Sarah versuchte, das Schwindelgefühl abzuschütteln. »Ich bin wohl noch ein wenig müde.« Ein Blick in Maggies Gesicht genügte, und sie gab es auf, ihr etwas vorzumachen. Vorsichtig setzte sich Sarah auf die Treppe.
»Wie weit ist es denn?«
Es überraschte Sarah, dass diese direkte Frage sie nicht rot werden ließ. Stattdessen lächelte sie. »Etwa einen Monat.« Sie wusste genau, wann sie Jakes Kind empfangen hatte, am Bachufer im Mondschein. »Es hatte sich schon auf die bekannte Weise angekündigt, und in den letzten Tagen habe ich morgens keinen Bissen bei mir behalten können.«
»Ich weiß.« Maggie gackerte vergnügt wie ein Rebhuhn. »Da ist Jake aber bestimmt sprachlos gewesen.«
»Er weiß es noch nicht«, sagte Sarah schnell. »Ich will nicht, dass er es erfährt, bis er … bis wir …« Sie stützte ihr Kinn in die Hand. »Später, Maggie.«
»Das müssen Sie entscheiden.«
»Ja, und Sie verraten doch nichts … an
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