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Die Traene des Drachen

Die Traene des Drachen

Titel: Die Traene des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Matesic
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dem Stuhl und näherte sich ihr. Als er nach dem Stein griff, zuckte er sofort mit der Hand zurück und zog die Luft scharf ein. „Was ist los Darrach?“, wollte Roghan beunruhigt wissen. „Er ist so heiß, dass ich mir die Finger an ihm verbrannt habe.“ Den Stein nicht aus den Augen lassend pustete er nachdenklich kühlende Luft auf seine Finger. „Die Bedeutung des Steins ist Euch vermutlich ebenso wenig bekannt wie die des Stabes. Oder täusche ich mich da?“ Der Zauberer fixierte Elea wieder mit einem Adlerblick, sodass sich ihr Magen wie eine Faust zusammenkrampfte. „Ich weiß es wirklich nicht. Meine Pflegeeltern behaupteten, dass meine leiblichen Eltern es selbst nicht wussten, was es mit den beiden Gegenständen auf sich habe“, antwortete sie, indem sie sich bemühte, so überzeugend wie möglich zu klingen. Dass Darrach seine Zweifel hatte, war unübersehbar. Seine Augenbrauen zogen sich immer höher in seine Stirn. Also unterstrich sie ihre Unwissenheit, indem sie zu Roghan blickte und mit den Schultern zuckte. Dieser hatte offensichtlich mehr Vertrauen in Eleas Aufrichtigkeit. „Darrach, ich denke, wir können das Verhör beenden.“ Zu Elea gewandt sagte er: „Wir sehen uns heute Abend beim Essen. Dann werde ich Euch die weiteren Schritte darlegen. Ihr dürft jetzt gehen, Elea.“ Elea erhob sich auf der Stelle. Sie stand dem Zauberer so nahe, dass sie sich fast berührten. Er überragte sie ebenso wie Maél um Haupteslänge. Sie wollte gerade an ihm vorbei Richtung Tür schreiten, als er sie an der Schulter festhielt und mit frostiger Stimme zu ihr sprach: „Ich behalte mir das Recht vor, Euch nochmals zu befragen, aber diesmal unter vier Augen.“ Der drohende Unterton war mehr als deutlich herauszuhören. Mit zugeschnürter Kehle sah sie ihm ausdruckslos ins Gesicht und deutete ein Nicken an. Dann beeilte sie sich, das immer noch in rötlich pulsierendes Licht getauchte Zimmer zu verlassen.
    Stille herrschte im ersten Moment in dem Turm hoch über der Festung. Jeder der beiden Männer hing seinen eigenen Gedanken nach. Roghan war erleichtert darüber, dass er keinen größeren Druck auf das Mädchen hatte ausüben müssen. Er hatte sich schon aufgrund Maéls Schilderungen auf vehementen Widerstand gefasst gemacht. Dieser blieb jedoch aus. Dem Mädchen war ihre Pflegefamilie offenkundig heilig. Darrachs Gedanken hingegen waren von einer Düsternis behaftet, die dem König nicht verborgen blieb. Er hatte die Stirn in Falten gelegt und blickte nachdenklich auf seinen Finger. „Darrach, ich sehe dir an, dass dir irgendetwas Sorge bereitet. Sag es frei heraus! Was quält dich?“
    „ Mein König, es liegt doch auf der Hand! Wir wissen rein gar nichts über diese Frau, außer das, was mit den Augen zu erfassen ist. Wir wissen nicht, welche Fähigkeiten sie vielleicht vor uns verbirgt. Wir haben keine Kenntnisse über ihre Herkunft, von wem oder – ich sollte vielleicht eher sagen – von was sie abstammt.“
    „ Du redest von ihr, als wäre sie ein Monster. Sieh sie dir an! Sie ist alles andere als ein Monster. Sie ist von beispielloser Schönheit. So wie es aussieht, ist Finlay von ihr bereits mehr als beeindruckt und er wird nicht der letzte an diesem Hof sein. Dies könnte vielleicht Probleme bereiten. Deshalb sollte sie auch so wenig wie möglich ihr Zimmer verlassen, um nicht unnötig Aufsehen zu erregen.“
    „ Ihr wollt nicht, dass sie Aufsehen erregt?! Und was ist mit Eurer Absicht, das Geheimnis um ihre Identität auf dem Drachenfest preiszugeben? Ganz Moray wird sie sehen. Und vielleicht ist ihre einzigartige Schönheit ihre Waffe. Sie betört die Männer, sodass sie ihr aus der Hand fressen. Ihre Zartheit erweckt das Bedürfnis, sie vor allem Bösen zu beschützen“, gab Darrach warnend zu bedenken. „Darrach, sie macht auf mich nicht den Eindruck, als könnte sie ihre weiblichen Reize gezielt einsetzen. Maéls und Jadoras Erzählungen zufolge hatte sie bis vor kurzem überhaupt keinen Kontakt mit ihrer Außenwelt. Sie ist fast noch ein Mädchen. Ich glaube, dass deine Bedenken diesbezüglich unbegründet sind. – Und was die Preisgabe ihrer Identität angeht, ich weiß, dass du skeptisch dem gegenüber stehst. Aber das Fest ist geradezu ideal. Auf ihm werde ich auch dem Volk meine Pläne offenlegen. Viele werde ich damit begeistern. Jene aber, die meine Bestrebungen missbilligen, wird die Demonstration meiner Macht auf dem Fest einschüchtern. Sie werden einsehen, dass ich

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