Die Traene des Drachen
muss Euch irgendwie die Pfeilspitze aus dem Arm entfernen, aber wie?“ Elea hatte die Frage noch nicht ganz ausgesprochen, da hörte sie Stimmen, die nach ihren Namen riefen. „Das sind Jadora und seine Männer. Dem Himmel sei Dank! Hoffentlich haben sie die Pferde dabei. Mit Breannas Instrumenten kann ich bestimmt die Pfeilspitze entfernen.“ Sie sprang schnell auf und rief Jadora, der auch schon bald sein Pferd am Zügel führend zwischen den Bäumen erschien. Sie rannte ihm eilig entgegen. „Jadora, ich brauche meinen Rucksack. In Maéls Arm steckt eine Pfeilspitze. Die muss ich schnell rausholen. Ihm geht es immer schlechter und er hat hohes Fieber. Ich verstehe das gar nicht.“ Sie riss ihren Rucksack von Jadoras Sattel und eilte schon wieder zurück zu Maél, ohne eine Erwiderung des Hauptmanns abzuwarten.
Zunächst begann sie mühsam, Maél von seinem Panzer zu befreien. Jadora rief seinen Männern, die noch weiter entfernt waren, zu, dass er die beiden gefunden hatte. Anschließend kam er schnell zu Maél und dem Mädchen gerannt. Während er Elea mit dem Panzer half, sah er Maél ernst in die Augen. „Wie lange ist sie schon in dir?“
„ Zu lange“, antwortete der jüngere Mann mit rauer Stimme. „Hat sie den Mistkerl zur Strecke gebracht?“, wollte Jadora wissen. Maél nickte nur schwach, sah dabei aber mit Bewunderung auf Elea, die eifrig alles für den Eingriff vorbereitete. Sie vermied es die ganze Zeit über Maél anzusehen, da sie es nicht ertragen konnte, ihn so schwach und leidend zu sehen. Ihre alten Tränen über die Erleichterung, dass sie den Kerl getötet hatte, waren inzwischen getrocknet. Sie kämpfte jedoch gegen neue an, da sie befürchtete, dass ihr Bemühen umsonst war. „Jadora, ich brauche Branntwein. Habt Ihr welchen?“
„ Ja, in meiner Satteltasche. Ich hole ihn.“ Elea hatte inzwischen das kleine Messer, die Zange, Nadel und Faden aus ihrer kleinen Umhängetasche auf einem sauberen Stück Leinen ausgebreitet. Mit dem Messer schnitt sie den blutdurchtränkten Ärmel der Tunika ab. „Wenn es soweit ist, müssen wir Euch auf den Bauch drehen. Mit dem Branntwein werde ich die Wunde reinigen. Das wird sehr schmerzhaft sein.“ Sie vermied es immer noch, ihm in die Augen zu sehen. Auf einmal hatte sie Verständnis für Breannas Übereifer in scheinbar ausweglosen Situationen. Ihr wäre es lieber gewesen, es gäbe noch mehr zum Vorbereiten. Maél hob schwach den Arm, um sanft ihr Gesicht zu sich zu drehen. „Elea, du bist eine außergewöhnliche Frau. Nachdem du mir erzählt hast, was du gerade mit dem Pfeil geleistet hast, zweifle ich keinen Moment daran, dass du dieses verfluchte Metallstück aus meinem Arm herausholen wirst. Es wird aber zu spät sein. In meinem Körper wütet bereits das Gift. Es wird nicht mehr lange dauern, bis ich bewusstlos werde. Aus dieser Bewusstlosigkeit werde ich nie wieder erwachen. Es ist, wie es ist. Ich werde sterben.“
„ Nein, das wirst du nicht! Ich werde das nicht zulassen! Ich werde das verfluchte Fieber irgendwie unter Kontrolle kriegen. Breanna hat mir allerlei fiebersenkende Kräuter mitgegeben.“ Dicke heiße Tränen liefen ihre Wangen hinunter, die sie schnell mit der Hand wegwischte. „Jadora! Wo bleibt Ihr mit dem verdammten Branntwein? Und wir brauchen noch Eure Männer, die Maél festhalten“, rief sie verzweifelt nach dem Hauptmann. Jadora schrie ebenfalls irgendwelche Befehle und kam mit einer kleinen Holzflasche herbeigeeilt. „Ich hoffe, das reicht.“
„ Jadora, sobald sie die Spitze entfernt hat, müsst ihr euch einen sichereren Platz suchen. Hier könnt ihr nicht bleiben“, sagte Maél mit leiser Stimme zu dem Hauptmann. Elea hatte inzwischen die Instrumente gereinigt. „Es kann losgehen. Wir müssen ihn auf den Bauch drehen. Jadora, reinigt Euch die Hände mit etwas Branntwein. Ihr müsst die Wunde spreizen, damit ich die Pfeilspitze besser sehen kann. Einer Eurer Männer hält seinen verwundeten Arm, einer seinen Kopf, ein anderer den anderen Arm und am besten zwei die Beine. Ich muss es ohne ein schmerzbetäubendes Mittel machen.“ Elea fing sofort an. Sie atmete tief durch. Dann schüttete sie etwas Branntwein auf die Wunde, was Maél zusammenzucken ließ. Dann nahm sie das zierliche scharfe Messer, drückte die Klinge tief in Maels Fleisch und zog sie etwa vier Fingerbreit quer über die Eintrittswunde. Diesmal schrie Maél laut auf und versuchte sich gegen die ihn fixierenden Arme aufzubäumen. Die
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