Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman
dich bei bester Gesundheit. Mit großer Wehmut habe ich dich abreisen sehen, denn nur Gott weiß, ob ich dich auf dieser Erde noch einmal in meine Arme schließen kann. Es war mir aber ein Trost, dich in der Obhut der Gräfin von Holstein zu wissen - mit dieser kampfesmutigen Dame wird sich niemand anlegen, wohl auch der Kaiser nicht, und ganz sicher kein kleiner Hauptmann, so daß ich mir sicher bin, daß du wohlbehalten in Köln angekommen bist.
Da ich in vielen Jahren immer wieder erleben durfte, welch großen Anteil du an meinem Schicksal und dem meiner Familie genommen hast, möchte ich dir zunächst sagen, daß wir alle noch leben und gesund sind. Freilich sind wir jetzt arm, und die Macht, die mein Löwe sich in jahrzehntelangen größten Mühen erworben hat, ist zerstoben wie Spreu im Winde.
Du hast ja gesehen, wie ich an meinen Vater schrieb und ihn um Hilfe bat. Er war auch gar nicht abgeneigt, falls sich weitere Bundesgenossen fänden, und fühlte bei Philipp August von Frankreich vor. Dieser aber winkte ab. Er meinte, der französische Adel könne auf dumme Gedanken kommen, wenn er sähe, daß sein König einen fremden Fürsten im Kampf gegen dessen eigenen Herrscher unterstützte. Wenn sie nun diesem Beispiel folgen würden? Da kamen auch meinem Vater Bedenken, und er schrieb mir einen höflichen Absagebrief.
Wir feierten Weihnachten in Lüneburg, und ich gab mir alle Mühe, den Schein zu wahren und das Fest so glanzvoll zu gestalten, wie wir es gewohnt waren. Aber nicht einmal
die Kinder konnten sich freuen. Mein Gemahl war wie ein Topf, in dem es brodelt und dessen Deckel zu fest aufsitzt; ich möchte ja nicht behaupten, daß ich mich sehr gut in der Küche auskenne, aber ich kann mir vorstellen, wie plötzlich der Deckel wegfliegt und der glühheiße Inhalt des Topfes durch die Gegend spritzt und alles versengt.
Nun möchte ich am liebsten diesen Brief zerreißen und noch einmal anfangen; was kommt mir nur in den Sinn, meinen geliebten Löwen mit einem Kochtopf zu vergleichen? Aber es ist schon spät, nun, da ich dir dies schreibe, und ich bin zu müde, um von neuem zu beginnen. Also vergiß bitte den Topf.
Jedenfalls geschah etwas Schlimmes. Es waren nur sehr wenige Freunde eingetroffen, um das Fest mit uns zu begehen, und einer davon war der alte Graf Bernhard von Ratzeburg, einer der Getreuesten und Heinrichs lange bewährter Feldherr. Er versuchte, eine heitere Miene zu zeigen und meinen finster brütenden Löwen aufzumuntern. Er lobte unser Fest und lud uns zu einem Gegenbesuch in Ratzeburg ein. Gerade wollte ich seine Einladung mit Dankesworten annehmen, da sprang Heinrich auf und brüllte völlig hysterisch los. ›Du willst uns umbringen, mich und meine Herzogin‹, und er stach mit dem Finger in Bernhards Richtung. ›In Ratzeburg wirst du schon eine Gelegenheit finden, meinst du sicher. Was zahlt dir der Kaiser dafür? Aber noch bin ich nicht tot und auch noch nicht gefangen, das wirst du schon sehen!‹ Und auf seinen Wink packten seine Männer den armen Bernhard und zerrten ihn in den Kerker. Sein Mund stand offen, und er brachte vor ungläubigem Entsetzen kein Wort hervor.
Auch ich stand schreckensstarr und konnte nichts sagen. Ich fürchtete um die geistige Gesundheit meines Mannes. Ich hielt es für klüger, mit meinen Bitten zu warten, bis wir allein waren; dann flehte ich ihn an, Graf Bernhard sofort wieder freizulassen, denn ich konnte keineswegs glauben,
was Heinrich ihm vorwarf. Aber mein Löwe hörte mir gar nicht richtig zu. Er traute keinem seiner Männer mehr, nachdem ihm nicht nur Bayern genommen, sondern auch sein sächsisches Reich in Stücke gefallen war, sobald Barbarossa mit dem Finger gewinkt hatte.
Dann brach Heinrich auf - nach Ratzeburg. Er nahm die Stadt ein, mit Hilfe der Lübecker Bürger, die begeistert darüber waren, einen Konkurrenten auszuschalten. Ich wagte es daraufhin, ein halbes Versprechen meines Mannes absichtlich falsch zu verstehen und Graf Bernhard freizulassen. Aber Heinrich ließ ihn abermals gefangensetzen und machte damit aus einem langjährigen Freund einen erbitterten Feind. Es gelang Bernhard, zu fliehen - und wohin ging er? Zu dem von Kaiser Friedrich neu ernannten Sachsenherzog.
Während mein Mann also im nördlichen Sachsen sein eigenes Gebiet tobend in Stücke schlug, zog Barbarossa gelassen von Süden herauf. Kampflos öffneten ihm unsere Vasallen die Tore. Die Stadt Haldensleben stand noch in Treue zu Heinrich. Sie glaubte sich
Weitere Kostenlose Bücher