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Die Tuchhaendlerin von Koeln

Die Tuchhaendlerin von Koeln

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kuhlbach-Fricke
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erreichten wir Chinon in der Normandie. England hatte der Kaiser als Verbannungsort für meinen Löwen bestimmt; der mußte aber nicht unbedingt auf der Insel sein. England war überall da, wo mein Vater herrschte.
    Ich fieberte dem Wiedersehen mit ihm entgegen. Als Kind hatte ich ihn angeschwärmt und bewundert, wenn ich auch tiefes Mitgefühl für meine geliebte Mutter empfand, die so tapfer den Schmerz über seine ständige Untreue verbarg. Nun kam er angeritten, sprang vom Pferd und schloß zuerst mich, dann Heinrich und meine Kinder in die Arme.

    Ach, Sophia, wenn er auf der Straße an mir vorbeigeritten wäre - ich hätte ihn nicht erkannt! War das der schöne, lustige, verführerische König meiner Erinnerung? Ich sah einen fetten Mann in fleckiger, schlampiger Kleidung. Er sah aus, als hätte er die ganze Nacht … na ja. Und so alt erschien er mir! Dabei ist er noch keine fünfzig, vier Jahre jünger sogar als mein Löwe, und der kam mir noch niemals alt vor. Aber mein Vater sieht gegen ihn verlebt aus. Im Sattel gesessen an der Spitze seiner Kämpfer hat er fast so oft wie mein Mann … Aber die vielen, vielen Nächte, die er in billigen Schenken verbracht hat mit dem niedrigsten Volk, bis er dann im Morgengrauen heimtorkelte - sofern er noch dazu imstande war -, haben ihre Spuren hinterlassen.
    Und doch ist mein Vater einer der mächtigsten Monarchen Europas, er gebietet über England, die Normandie und die Bretagne, das Anjou sowie weitere Grafschaften, nicht zu vergessen das sonnige Aquitanien, die riesige Mitgift meiner Mutter.
    Und da war noch immer die Erinnerung an den wichtigsten Mann meiner Kindheit. Auch seine herzliche Begrüßung tat mir so gut. Er freute sich offensichtlich, mich zu sehen, und nahm auch seine Enkel mit großer Begeisterung in die Arme. Es war das erste Mal für ihn, denn außer meinen Kindern gibt es nur noch eine kleine Tochter meiner Schwester Alienor, die mit dem König von Kastilien verheiratet ist, und die hat er noch nie gesehen.
    Auch mein Bruder Heinrich erschien, der schöne, elegante Heinrich, Thronerbe meines Vaters und verheiratet mit der französischen Prinzessin Margarete. Sie ist pikanterweise eine Tochter von König Ludwig von Frankreich, dem ersten Gatten meiner Mutter. Als sie sich scheiden ließen, wäre niemand auf den Gedanken gekommen, daß dereinst ihre Kinder sich miteinander vermählen würden! Heinrich und Margarete hatten einen kleinen Sohn, der nur wenige Tage
lebte, und seitdem kein weiteres Kind. Aber sie sind ja noch jung, Gott kann ihnen noch eine große Kinderschar schenken, wenn es sein Wille ist.
    Dann kam mein Bruder Gottfried, um uns zu besuchen. Er hat vor einem Jahr die Erbin der Bretagne geheiratet. Gottfried wie auch Heinrich sind beide junge Abbilder meines Vaters: Groß, kräftig, rotblond und sehr gut aussehend, voller Lebenskraft. Aber das sagt man ihnen besser nicht, denn sie lehnen den Vater ab, der ihre verehrte Mutter so oft gekränkt hat.
    Ach, meine Mutter! Wie glücklich hätte es mich gemacht, mich in ihre Arme zu werfen. Aber mein Vater hat sie schon vor fast zehn Jahren gefangengesetzt, in England, damit sie ihm auf dem Kontinent keine Schwierigkeiten mehr machen konnte. Sie darf die Burg, die er ihr zugewiesen hatte, nicht verlassen, und eigentlich ist auch streng geregelt, wer sie besuchen darf. Aber sie wäre nicht Königin Alienor gewesen, wenn sie keine Schlupfwinkel gefunden hätte, wie mir meine Brüder unter vier Augen verrieten. Denn auch noch mit grauem Haar ist sie eine so faszinierende Frau, noch immer so lebenssprühend, liebenswürdig und geistreich, daß auch ihre Wächter ihr nicht widerstehen können und beide Augen zumachen, wenn wieder einmal ein Troubadour ankommt, um sein Loblied auf die schöne Gefangene zu singen.

    Auch meine Brüder sind schon oft über den Kanal gesegelt, um sie aufzusuchen. Niemals haben die Wächter gewagt, sie zurückzuweisen - und es vielleicht auch gar nicht gewollt, denn es ist keiner unter ihnen, der nicht bewunderndes Mitgefühl hat für die Königin, die immer Haltung bewahrt, sich täglich sorgfältig kleidet, immer ein freundliches Wort für sie findet und sich nach dem Ergehen ihrer Kinder erkundigt. Sie ist wie ein schöner Vogel mit prächtigem Gefieder, der sich in seinem Reich in die Lüfte zu schwingen pflegte, nun
aber in einen Käfig gezwängt wurde, ohne ein Wort der Klage.
    Wie gern wäre auch ich in ein Schiff gestiegen, um zu ihr zu fahren! Aber durch die

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