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Die Tuchhaendlerin von Koeln

Die Tuchhaendlerin von Koeln

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kuhlbach-Fricke
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Urban war noch immer weit davon entfernt einzulenken. Philipp von Köln stand auf seiner Seite. Wenn dieser mächtigste deutsche Erzbischof, der dem Kaiser soviel verdankte, diesem dennoch nicht treu war - könnte Urban dann nicht auch die anderen Kirchenfürsten auf seine Seite ziehen? Der Papst zählte besonders auf Mainz. Dessen Erzbischof Christian, eine treue kaiserliche Stütze, war gerade gestorben, und seinen Platz hatte Konrad von Wittelsbach eingenommen, der just diesen Erzstuhl vor zwanzig Jahren friedlich geräumt hatte. Auch die übrigen süddeutschen Kirchenfürsten standen traditionell dem Papst näher als dem Kaiser. Der Heilige Vater konnte sich also einen Sieg über Barbarossa trotz seiner bedrohten Lage durchaus vorstellen.

    Aber er hatte nicht mit dem gewieften Politiker Friedrich gerechnet. Als er von den Anknüpfungsversuchen Urbans erfuhr - und er hatte genügend Spitzel bei sämtlichen Kirchenfürsten, um rechtzeitig Informationen zu erhalten -, kehrte er schleunigst heim und berief die gesamte Reichskirche nach Gelnhausen in seine prächtige, allseits bewunderte neue Kaiserpfalz. Der Kaiser eröffnete die Versammlung mit einer glänzenden Rede. Er sprach nicht etwa über die Kränkungen, die der Nachfolger Petri ihm zugefügt hatte, denn die hätten die Bischöfe nicht sonderlich geschmerzt; vielmehr führte er den Kirchenfürsten die Anmaßung der päpstlichen Legaten vor Augen, die in Deutschland herumreisten und sich wie die Maden im Speck bei den Klöstern durchfraßen sowie sich dort Reliquien und andere Kostbarkeiten aneigneten und in ihre Heimat schleppten.
    Das wirkte. Jeder der Bischöfe hatte sich schon schwarz geärgert über die unverschämten und kostspieligen Übergriffe der Legaten. Ein einheitlich zustimmender Chor antwortete auf diese Rede des Kaisers.
    Da erhob sich der Kölner Erzbischof. Er verlangte eine Abschaffung des Spolienrechts. Fordolf hat mir erklärt, was es mit diesem Recht auf sich hatte: Es berechtigte den Kaiser, nach dem Tod eines Kirchenfürsten dessen Habe an sich zu nehmen. Dieses Recht stammte aus sehr früher Zeit, als die Kaiser noch allein über die Einsetzung der kirchlichen Fürsten entscheiden konnten, und es war eine Weile in Vergessenheit geraten, bis Barbarossa es wieder einführte. Philipp gab sich nun als Legat des Papstes zu erkennen und erklärte, der Heilige Vater fordere mit Nachdruck die Aufhebung dieses Ärgernisses.
    Eigentlich war dies ein gar nicht so sehr wichtiger Punkt, aber Philipp von Köln hatte damit deutlich gemacht, wessen Interessen er vertrat. Wer konnte sich durchsetzen, Papst oder Kaiser? Philipp rechnete natürlich damit, daß diese
Forderung alle Kirchenfürsten betraf und sie ihn einstimmig unterstützen würden.
    Der Kaiser erklärte aber nur gelassen, er erkenne bereits an, daß das kaiserliche Recht zur Einsetzung der Bischöfe abgeschafft sei, wolle aber niemals auch noch den kleinen Rest an Rechten aufgeben. »Laßt euch an euren neuen Rechten genügen wie wir an unseren alten«, sagte er. Aber er war noch nicht fertig. Er schaute Philipp, der so viele Gnadenerweise von ihm erhalten hatte und nun auf die Gegenseite getreten war, in die Augen und fügte hinzu:
    »Solange die Bischofsstühle noch nach dem Willen der Kaiser besetzt wurden, fanden sich dort mehr anständige Männer als heute …«
    Philipp fuhr zurück, als habe er einen Schlag erhalten, besonders als er den Mienen seiner Amtsbrüder ansah, daß sie auf seiten des Kaisers standen. Ehe er sich noch zu einer Erwiderung aufraffen konnte, nahm der ehrwürdige Greis Konrad von Mainz das Wort. Er äußerte die Ansicht, der Kaiser fühle sich zu Recht vom Heiligen Vater beleidigt, und niemand bedauere dies mehr als er. Er schlug vor, alle Bischöfe gemeinsam sollten ein Schreiben an den Papst in Verona verfassen mit der Bitte, dieser möge seinen Frieden mit dem Kaiser machen, damit die deutschen Kirchenfürsten nicht darüber entscheiden müßten, ob sie dem Kaiser oder aber dem Papst gehorchen sollten.
    Und so geschah es. Woher ich das alles weiß, obwohl ich doch nicht dabei gewesen bin?
    Ja, meine Tochter, bei einer solchen hochoffiziellen Versammlung sind nicht nur die hohen Herrschaften anwesend, deren Namen dann im Protokoll verzeichnet sind. Niemand spricht von den vielen Schreibern, welche dieses Protokoll führen, und von den Dienern, die schweigend ein und ausgehen und die Anwesenden mit Erfrischungen versorgen. Aber auch diese haben Augen und

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