Die Tuchhaendlerin von Koeln
Damit will er verhindern, daß wieder eine Menge beutelüsternes Gesindel mitzieht, das schon auf dem Hinweg durch christliche Länder stiehlt und raubt und die Kreuzfahrer damit in Verruf bringt. Wir haben uns im Rat die Ohren heiß geredet, schließlich wurde beschlossen, daß Köln vier Schiffe ausstatten wird für fünfzehnhundert Kämpfer und Proviant für drei Jahre. Jawohl, Schiffe, wir ziehen die Seefahrt dem Landweg vor. Soviel mir bekannt wurde, hat keine Wahrsagerin uns Kölnern Gefahr vor dem Wasser geweissagt. Wir treffen dann mit dem Kaiser und den Königen von England und Frankreich an der Küste Palästinas zusammen und ziehen gemeinsam gegen Jerusalem.«
»Constantin, was heißt denn: wir?«
»Oh nein, liebe kleine Base, ich gehe ganz bestimmt nicht mit. Ich habe auch im Rat gegen diese Fahrt gestimmt, aber die Abenteuerlust einerseits bei den jungen Ratsherren und die Angst vor dem Unmut des Kaisers bei den älteren hat gesiegt, meine Überredungskunst hatte dieses Mal keinen Erfolg. Also geht es im Februar nächsten Jahres los. Paß nur gut auf deinen Gottschalk auf, sonst ist er schneller auf und davon, als du glaubst.«
Da wurde mir angst und bange, und ich hatte es plötzlich
sehr eilig, mich zu verabschieden. Im Laufschritt eilte ich nach Hause, so als könne mein Mann bereits abgereist sein, solange ich bei meinem Vetter zu Besuch war. Dabei hatte ich die Neuigkeit doch aus allererster Hand, sie konnte sich noch gar nicht verbreitet haben. Aber erstens: Als ich nach Hause kam, war Gottschalk schon informiert. Das geplante Unternehmen war bereits in aller Munde. Und zweitens: Als ich ihn anflehen wollte, doch bitte nicht mit in diesen Krieg zu ziehen, sah er mich nur ganz erstaunt an.
»Was kommt dir nur in den Sinn, Sophia? Ich denke nicht im Traum daran, mich auf diese Fahrt zu begeben. Ein heiliger Krieg, ja? Nun, ich bin Kaufmann und kein Ritter. Ich habe eine Familie, für die ich zu sorgen habe. Ich werde keinesfalls mitziehen.«
Ich war so erleichtert, daß ich fast in Tränen ausgebrochen wäre. »Ich dachte nur, weil du doch damals mit dem Löwen gezogen bist.«
»Ja, das war etwas ganz anderes. Herr Heinrich machte eine Pilgerfahrt, und ich machte in seinem Schutz eine Geschäftsfahrt. Wir waren keinen anderen Gefahren ausgesetzt, als wir es von unseren Handelsfahrten gewohnt sind, abgesehen vom gekenterten Schiff auf der Donau und vom Sturm auf dem Meer. Unsere Schwerter aber blieben schön ordentlich in der Scheide stecken. Wenn der Papst nicht so drängen würde und die ewige Seligkeit für jeden Kreuzfahrer versprechen, dann würde mancher sich gründlicher überlegen, wo der Nutzen eines solchen Kriegszugs wohl sein könnte. Du hast ja wohl von Constantin vernommen, welche Mittel jeder Kreuzfahrer aufbringen muß, ehe er auch nur die erste Meile gereist ist? So mancher jüngere Sohn der Ritter in diesem Land wird seine Eltern so lange quälen, bis sie Haus und Hof verpfänden, um ihm die notwendige Ausstattung zu verschaffen. Und ob er dann überhaupt zurückkehrt? Du selbst hast mir ja oft erzählt,
daß dein Großvater von einem christlichen Kaufmann adoptiert wurde, nachdem dessen beide Söhne auf dem ersten Kreuzzug ihr Leben verloren hatten. Und der zweite Heerzug ins Heilige Land endete ja auch eher jammervoll, noch heute sitzen bettelnde Krüppel vor unserem Dom, die damals auf stolzem Roß ausgezogen sind.
Beruhige dich also, mein Weib, ich habe gar keine Lust, dich als Witwe mit einer Schar junger Kinder zurückzulassen, denn dann würden alle unverheirateten Männer unserer Vaterstadt sich die Finger nach dir lecken.«
Da fiel ich ihm um den Hals und weinte.
Aber nicht alle dachten wie Constantin und mein Mann. Constantin Crop, der Sohn meiner Base Liveradis, nahm das Kreuz, ebenso mein Vetter Hermann Scherfgin, der beinahe so alt war wie Constantin und einen Haufen junger Kinder zu Hause hatte.
Gottschalk regte sich sehr auf, als er feststellte, daß auch sein Bruder Regenzo das Kreuz ergriffen hatte. Er eilte zu ihm und redete auf ihn ein, sein Vorhaben aufzugeben; aber Regenzo wehrte ab. Verstockt erklärte er, er habe sich nun entschieden, und dabei sollte es bleiben.
»Er will einfach nicht auf mich hören, Sophia! Warum will er nur auf diese gefährliche Fahrt gehen? Er ist von Natur aus doch gar nicht abenteuerlustig, er hat, soviel ich weiß, keine größere Sünde begangen, die er damit abbüßen will, und Angst vor dem Papst hat er vermutlich auch
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