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Die Tuchhaendlerin von Koeln

Die Tuchhaendlerin von Koeln

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kuhlbach-Fricke
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zu halten und an der Verfolgung zu hindern, bis sie in den gestohlenen Wagen außer Reichweite waren. Dann sprengten sie davon und ließen unsere Männer in Wut und Verzweiflung zurück. Sie konnten nicht wagen, die Räuber zu verfolgen, und mußten sich auch um unsere Verwundeten kümmern.«
    »Was geschah denn mit den verletzten Räubern?« fragte Helperichs Tochter mit aufgerissenen Augen.

    »Unsere Männer haben sie in ihrem Grimm erschlagen«, berichtete Richlinde.
    »Das war nicht klug«, entfuhr es meinem Vater.
    »Nein«, stimmte Richlinde ihm zu. »Das war es wohl nicht. Gottschalk brüllte von unserem Wagen herunter: ›Wenn ihr alle umbringt, werden wir nie erfahren, wo ihr Nest ist!‹ Da ließen sie die letzten beiden Verwundeten am Leben. Wir legten sie in Fesseln und nahmen sie mit, luden auch unsere eigenen Verwundeten und die beiden getöteten Knechte auf die restlichen Wagen und räumten den gefällten Baum beiseite. Nach einer Stunde erreichten wir den nächsten Ort. Der Dorfvorsteher sandte sofort einen Boten zum nächsten byzantinischen Wachposten, und schon am folgenden Tag kam eine Patrouille angeritten, vernahm die verletzten Räuber, ohne sich um besondere Zimperlichkeit zu bemühen, und machte sich an die Verfolgung. Einen Trupp der Räuber erwischten sie, hängten sie ohne großes Federlesen an die nächsten Bäume, und brachten deren Beute zu uns zurück. Ein anderer Trupp aber blieb verschwunden, und mit ihm einige unserer Wagen.«
    Das war es allerdings nicht, was mich in erster Linie interessierte.
    »Wer kam mit dir zurück?« Ich merkte selbst, wie erregt meine Stimme klang, und meine Verwandten sahen mich erstaunt an.
    »Hupert von der Kornpforte und Godefrid Hardefust, und glücklicherweise auch Helperichs Schwager Alexander von der Rheingasse. Außerdem ein Dutzend Knechte.«
    Meine Kehle war wie zugeschnürt. »Sonst kam niemand zurück?«
    Richlinde schüttelte den Kopf.
    »Einige der Männer wurden auch schwer verletzt und müssen sich erst an Ort und Stelle auskurieren, ehe sie die Reise wieder aufnehmen können. Ich weiß nicht alle Namen,
aber ich glaube, Hermann Hirzelin ist darunter, dann der junge Sohn von Heinrich dem Speermacher und Hildeger aus der Waldeverus-Sippe. Und Gottschalk. Sie werden, so Gott will, im Sommer hier eintreffen.«
    Ich schluchzte auf, rannte aus dem Saal hinüber in meine Schlafkammer, schob den Riegel vor und weinte. Warum eigentlich? Was ging mich das alles an? Dann kniete ich vor dem hölzernen Kreuz in der Ecke nieder und betete lange.

    Es wurde Sommer. Ich nutzte die Zeit, um meine Lateinkenntnisse wieder aufzufrischen. Constantins Sohn Fordolf war jetzt zwölf Jahre alt und zum geistlichen Stand bestimmt. Er hatte die Klosterschule durchlaufen und studierte schon bei Bruder Matthias an der Kölner Domschule. Als ich bemerkte, daß sein Latein inzwischen viel besser war als das meine, besuchte ich ihn täglich und übte mit ihm.
    Fordolf war als kleines Kind sehr, sehr krank gewesen. Eine Weile sah es so aus, als sei ihm das traurige Schicksal meines Bruders Hildebrand beschieden: Er konnte nicht mehr gehen und auch nicht mehr sprechen - nichts. Aber er hatte mehr Glück als Hildebrand. Sein Bruder Theoderich und später seine Stiefmutter Friederun übten unablässig mit ihm. Zuerst gab es winzige Anzeichen einer Besserung, dann wurden die Fortschritte immer größer. Er hat ein schwaches Bein zurückbehalten, darum wird er niemals den anstrengenden Beruf eines Kaufmanns ausüben können; aber sein Geist ist heute wieder ganz klar - und er kann scharf denken, möchte ich sagen. Ich hatte Fordolf ganz besonders in mein Herz geschlossen, weil ich so glücklich war, daß er die Krankheit überwinden konnte.

    An einem heißen Augusttag saßen wir im Garten von Constantins Haus in der Dwergasse und plauderten auf
lateinisch. Das fand ein rasches Ende, als Fordolfs Schwester Engilradis mit Druda in den Garten kam. Druda war die Stieftochter Constantins, die Tochter seiner zweiten Frau Friederun, und er hielt sie nach dem Tod ihrer Mutter wie sein eigenes Kind, so wie er auch die beiden Stiefsöhne Theoderich und Heinrich aus der ersten Ehe immer wie sein Fleisch und Blut behandelt hat. Die Familienverhältnisse sind also etwas kompliziert, aber alle diese Halbgeschwister hielten zusammen wie Pech und Schwefel und wären für Constantin jederzeit durchs Feuer gegangen.
    Die beiden Mädchen begrüßten mich herzlich. Sie waren einige Jahre jünger

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