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Die Tuchhaendlerin von Koeln

Die Tuchhaendlerin von Koeln

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kuhlbach-Fricke
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wieder mein Latein aufzufrischen, aber ich machte ständig Fehler und ärgerte mich auch noch, wenn er mich verbesserte. Schließlich lachte Fordolf, gab mir einen freundlichen Schubs und sagte: »Sophia, du kannst ein andermal wiederkommen, wenn du besser gelaunt bist.« Engilradis steckte den Kopf aus der Tür und rief mich hinein; sie wollte von mir hören, welcher Stoff am geeignetsten für ihr Hochzeitskleid sei, und ich gab mir alle Mühe, sie freundlich und gut zu beraten. Dabei wollte ich gerade heute überhaupt nichts von Hochzeiten hören.
    Kurz: Niemand konnte es mir recht machen.

    An diesem Abend war es Vater, der zu spät zum Essen kam. Er entschuldigte sich bei Mutter und griff hungrig zu. Meine Mutter wartete, bis er den ärgsten Hunger gestillt hatte; dann fragte sie ganz nebenbei: »Hattest du heute nicht Besuch, ehe du in die Ratssitzung gingst?«
    Vater schnitt sich ein weiteres Stück vom Suppenfleisch ab. »Ach, ja«, meinte er. »Wieder einmal ein Bewerber um Sophia. Ich wage inzwischen kaum mehr, das vor ihr überhaupt noch zu erwähnen.«
    Mein Herzschlag setzte für einen Moment aus. Mit niedergeschlagenen Augen und mit bemüht gelangweilter Stimme fragte ich: »Wer war es denn diesmal?«
    »Es war der ältere Sohn von Kaufmann Regenzo. Du hast ihn einmal flüchtig gesehen, Sophia, auf unserer Englandfahrt. Er heißt Gottschalk. Richlinde hat erzählt, wie er sie bei dem Überfall verteidigt hat. Kannst du dich an ihn erinnern?«
    Ich mußte mich zweimal räuspern. Dann gehorchte meine Stimme wieder, und ich sagte harmlos: »Ja, ich erinnere mich. Was hast du ihm gesagt?«

    »Daß ich über seinen Vorschlag nachdenken werde. Aber ich ziehe ihn nicht ernsthaft in Betracht.«
    Ich holte tief Luft.
    »Vater, ich nehme Herrn Gottschalks Antrag an«, erklärte ich dann fest.
    Vater sah fassungslos von seinem Teller auf. Damit hatte er nicht gerechnet. »Wie bitte? Was soll das heißen?«
    »Ja, willst du denn, daß aus mir eine alte Jungfer wird?« rief ich.
    »Das ist ja wohl die größte Ungerechtigkeit! Seit drei Jahren lehnst du jeden Bewerber ab! Und ich habe nie Zwang auf dich ausgeübt!« rief Vater empört und sah mich zornig an.
    Beschwichtigend legte Mutter die Hand auf seinen Arm. »Natürlich hast du das nie, Gunther. An dir liegt es ganz sicher nicht«, sagte sie liebevoll.
    »Was hast du denn gegen die Verbindung mit Gottschalk einzuwenden? Er stammt doch aus einer recht guten Familie und ist offenbar sehr tüchtig.«
    »Das will ich nicht bestreiten«, brummte Vater. »Aber mit unserer Familie kann er wahrhaftig nicht Schritt halten. Außerdem ist die Familie so gut wie ruiniert, nach ihrem kürzlichen Riesenverlust. Eigentlich dachte ich auch nur, daß unserer Sophia sowieso kein Mann gut genug ist und ich mir darum nicht groß den Kopf zerbrechen muß. Darf man fragen, was deine plötzliche Meinungsänderung zu bedeuten hat?«
    Ich brachte kein Wort heraus. Zum Glück übernahm das Mutter.
    »Kann es sein, mein liebes Kind, daß du Gottschalk schon seit längerer Zeit deine Aufmerksamkeit gewidmet hast?« fragte sie mich.
    Und da sah ich es plötzlich klar: Ja, so war es. Dieser Mann war es, den ich wollte. Warum hatte ich das denn vorher nicht gewußt?

    »Den, Mutter. Den oder keinen«, sagte ich. »Was braucht er Geld? Wir haben doch selber mehr als genug.«
    »Daß Frauen so dramatisch sein müssen«, knurrte Vater.
    »Also gut. Ich werde bis morgen darüber nachdenken, und wenn mir kein Grund dagegen einfällt, gehe ich in den nächsten Tagen zu seinem Vater Regenzo und rede mit ihm.«
    Ich kann dir gar nicht sagen, was ich in diesem Augenblick empfand. Seligkeit, Hoffnung, auch Angst - meine Gefühle waren vollkommen durcheinandergewirbelt. So lebendig war ich noch nie gewesen.
    Ich sprang auf, umarmte meine Eltern heftig und lief aus dem Zimmer.
    Draußen machte ich dann aber wieder kehrt und legte das Ohr an die Tür. Mein Vater hatte sich offenbar noch nicht so recht beruhigt.
    »Weißt du was, Hadewigis: Irgendwie ärgere ich mich über Sophia«, beschwerte er sich bei Mutter. Aber diese lachte nur leise.
    »Ja, besonders bescheiden und sittsam hat sich unsere Tochter eben nicht gerade aufgeführt«, sagte sie. »Aber sie lebt wenigstens wieder. In den letzten Monaten habe ich mir große Sorgen um sie gemacht. Hast du das nicht auch so gesehen?«
    »Doch«, meinte Vater, »jetzt, wo du es sagst; du bist doch die Allerbeste, meine Hadewigis, und ebenso klug wie schön.

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