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Die Türen seines Gesichts

Die Türen seines Gesichts

Titel: Die Türen seines Gesichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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mich herum und setzte mich an meinen Arbeitstisch. Ich wollte etwas schreiben. Ecclesiastes konnte eine Nacht freibekommen. Ich wollte ein Gedicht schreiben, ein Gedicht über den einhundertsiebzehnten Tanz des Locar; über eine Rose, die dem Licht folgte. Krank wie Blakes Rose, sterbend …
    Ich fand einen Bleistift und begann.
    Als ich geendet hatte, war ich zufrieden. Es war nicht lang, jedenfalls war es nicht länger, als es zu sein brauchte. Schließlich war Hochmarsianisch nicht gerade meine stärkste Sprache. Ich mühte mich ab, es ins Englische zu übersetzen. Vielleicht würde ich es in meinem nächsten Buch unterbringen. Ich nannte es Braxa:
     
    In einem Land von Wind und Rot,
    wo der eisige Abend der Zeit die Milch in den
    Brüsten des Lebens gefriert, wo zwei Monde am
    Himmel – Hund und Katze in den Gassen des
    Traumes – scharren und kratzen,
    geht durch Äonen ein Traum …
    dreht diese letzte Blume brennend ihren Kopf.
     
    Ich legte es beiseite und fand etwas Barbiturat. Plötzlich war ich sehr müde.
     
    Als ich M’Cwyie mein Gedicht am nächsten Tag zeigte, las sie es einige Male sehr langsam durch.
    „Es ist schön“, sagte sie schließlich. „Aber Sie haben drei Wörter aus Ihrer eigenen Sprache verwendet. ‚Katze’ und ‚Hund’. Ich nehme an, das sind zwei kleine Tiere, die eine Art Erbfeindschaft füreinander empfinden. Aber was ist ‚Blume’?“
    „Oh“, sagte ich, „Ihr Wort für ‚Blume’ ist mir noch nie begegnet, aber ich habe eigentlich an eine Blume von der Erde gedacht, die Rose.“
    „Wie ist sie?“
    „Nun, ihre Blütenblätter sind normalerweise grellrot. Das wollte ich auch damit ausdrücken, indem ich sagte ‚wendet brennend ihren Kopf. Ich wollte auch Fieber damit andeuten und rotes Haar und das Feuer des Lebens. Die Rose selbst hat einen dornigen Stiel, grüne Blätter und ein ausgeprägtes angenehmes Aroma.“
    „Ich wünschte, ich könnte eine sehen.“
    „Ich nehme an, das ließe sich machen. Ich werde nachsehen.“
    „Tun Sie das bitte. Sie sind ein …“ sie benutzte das Wort für „Prophet“ oder „religiöser Dichter“ wie Jesaia oder Locar.
    „… und Ihr Gedicht ist inspiriert. Ich werde Braxa davon erzählen.“
    Ich wehrte den Vergleich ab, fühlte mich aber geschmeichelt.
    Das war also der strategische Tag, stellte ich fest, der Tag, an dem ich fragen mußte, ob ich die Mikrofilmmaschine und die Kamera bringen dürfte, ich wolle alle ihre Texte kopieren, erklärte ich, und ich könne nicht schnell genug schreiben.
    Sie überraschte mich, indem sie sofort zustimmte. Aber ihre Einladung warf mich regelrecht um.
    „Möchten Sie hierbleiben, während Sie das tun? Dann können Sie Tag und Nacht arbeiten, immer, wenn Sie wollen, nur dann natürlich nicht, wenn der Tempel benutzt wird.“
    Ich verbeugte mich.
    „Das wäre mir eine große Ehre.“
    „Gut. Sie können Ihre Geräte bringen, wann Sie wollen. Ich zeige Ihnen dann einen Raum.“
    „Wäre Ihnen heute nachmittag recht?“
    „Sicher.“
    „Dann will ich jetzt gehen und alles vorbereiten. Bis heute nachmittag …“
    „Bis dann.“
     
    Ich erwartete einige Einwände von Emory, aber nicht viele. Alle im Schiff waren darauf erpicht, die Marsianer zu sehen, Nadeln in sie zu stecken, ihnen Fragen nach dem Klima, den Krankheiten, der Bodenchemie, ihrer Politik und ihren Pilzen zu stellen (unser Botaniker war ein Pilzfan, ansonsten aber ein ganz vernünftiger Bursche), und nur vier oder fünf hatten es bisher geschafft, sie zu sehen. Die Mannschaft hatte den Großteil ihrer Zeit damit verbracht, tote Städte und die marsianischen Versionen der Akropolis auszugraben. Wir hielten uns streng an die Spielregeln, und die Bevölkerung war genauso insular veranlagt wie die Japaner im neunzehnten Jahrhundert. Ich rechnete nicht damit, viel Widerstand anzutreffen, und ich hatte recht.
    Ich hatte sogar den deutlichen Eindruck, daß alle froh waren, daß ich loszog.
    Ich machte kurz im Hydroponik-Raum Station, um mit unserem Meister der Pilze zu sprechen.
    „He, Kane. Haben Sie schon irgendwelche Schwämme im Sand gezüchtet?“
    Er schnüffelte. Er schnüffelt immer. Vielleicht hat er eine Allergie gegen Pflanzen.
    „Hallo, Gallinger. Nein, mit Schwämmen hatte ich noch keinen Erfolg, aber sehen Sie einmal hinter dem Wagenschuppen nach, wenn Sie dort hinkommen. Ich habe ein paar Kakteen hochgepäppelt.“
    „Großartig“, meinte ich. Doc Kane war in etwa mein einziger Freund an Bord, wenn

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