Die Türen seines Gesichts

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Autoren: Roger Zelazny

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Mallardi?“
    „Ich bin gerade aufgestanden“, antwortete er. „Gib mir noch eine halbe Stunde, dann komm’ ich selbst hinauf.“
    „Henry“, sagte ich. „Darf er das?“
    „Ich muß ihm ja glauben, wenn er sagt, daß es ihm gut geht“, sagte Lanning.
    „Nun“, meinte ich, „dann aber langsam. Wenn du herkommst, werde ich schon nicht mehr da sein. Ich gehe ein Stück die Westwand hinunter. Da ist etwas, was ich sehen möchte.“
    „Was?“
    „Weiß nicht. Deshalb will ich ja nachsehen.“
    „Paß auf dich auf.“
    „Klar.“
    Die Westwand war nicht schwer. Während ich hinunterstieg, wurde mir klar, daß das Licht aus einer Öffnung in der Bergflanke kam.
    Eine halbe Stunde später stand ich davor.
    Ich trat ein und war benommen.

    Ich ging darauf zu und blieb stehen. Es pulsierte, vibrierte und sang.
    Eine vibrierende Wand aus Flammen sprang aus dem Höhlenboden empor, türmte sich bis zur Decke der Höhle.
    Es versperrte mir den Weg, als ich hindurch wollte.
    Sie war da, und ich wollte zu ihr.
    Ich trat einen Schritt vor, so daß ich nur ein paar Zoll von der Wand entfernt war. In meinem Funkgerät knatterte es, und in meinen Armen prickelten eisige Nadeln.
    Es beugte sich mir nicht entgegen, um anzugreifen. Es ging keine Hitze von der Wand aus.
    Ich starrte durch den Schleier aus Feuer zu ihr, die dort ruhte, die Augen geschlossen, die Brust unbewegt.
    Ich starrte die Maschinen an der anderen Wand an.
    „Ich bin hier“, sagte ich und hob meinen Pickel.
    Als sein spitzes Ende die Wand aus Flammen berührte, hob jemand den Deckel von der Hölle, und ich taumelte geblendet zurück. Als ich wieder klar sehen konnte, war der Engel vor mir.
    „Du darfst hier nicht durch“, sagte er.
    „Ist sie der Grund, daß ich umkehren soll?“ fragte ich.
    „Ja. Kehr um.“
    „Hat sie dazu nichts zu sagen?“
    „Sie schläft. Kehr um.“
    „Das sehe ich auch. Warum?“
    „Sie muß. Kehr um.“
    „Warum ist sie mir selbst erschienen und hat mich so seltsam geführt?“
    „Ich habe die Angstformen benutzt, die ich kannte. Sie haben nicht funktioniert. Ich habe dich eigenartig geführt, weil ihr schlafendes Bewußtsein mich beeinflußt. Besonders, als ich ihre Gestalt auslieh, so daß ich mit der Weisung in Konflikt kam. Kehr um.“
    „Wie lautet die Weisung?“
    „Sie soll gegen alles behütet werden, was den Berg heraufkommt. Kehr um.“
    „Warum? Warum wird sie bewacht?“
    „Sie schläft. Kehr um.“
    Da das Gespräch sich an dieser Stelle im Kreise drehte, griff ich in meinen Rucksack und holte den Projektor heraus. Ich führte ihn nach vorn, und der Engel schmolz. Die Flammen wichen vor meiner ausgestreckten Hand zurück. Ich versuchte eine Türe in den Kreis aus Feuer zu schneiden.
    Es funktionierte irgendwie.
    Ich schob den Projektor vor, und die Flammen beugten sich und beugten sich und beugten sich und brachen schließlich. Als sie brachen, sprang ich nach vorn. Ich schaffte es durch die Wand, aber mein Schutzanzug wurde ähnlich versengt wie der von Mallardi.
    Ich trat an den sargähnlichen Schrank, in dem sie schlief.
    Ich legte meine Hände auf seinen Rand und blickte nach unten.
    Sie war zerbrechlich wie Eis.
    Das war sie, Eis …
    In diesem Augenblick flammten Lichter an der Maschine auf, und ich fühlte, wie ihr eisiges Bett vibrierte.
    Dann sah ich den Mann.
    Er saß auf einem Stuhl aus Metall neben der Maschine.
    Auch er war Eis. Nur, daß seine Züge grau und verzerrt waren. Er trug Schwarz und war tot und eine Statue, während sie schlief und eine Statue war.
    Sie trug Blau und Weiß …
    In der Ecke stand ein leerer Sarg.
    Aber um mich herum geschah etwas. Die Luft wurde heller, ja, es war Luft. Sie zischte aus frostigen Düsen im Boden nach oben, bildete große Wolken. Dann hatte ich den Eindruck von Hitze, und die Wolken begannen zu verblassen, und immer noch wurde es heller.
    Ich ging zu dem Sarg zurück und studierte ihre Züge.
    Wie ihre Stimme wohl klingen würde, wenn/falls sie sprach. Ich fragte mich, was in ihrem Bewußtsein ruhte. Ich fragte mich, wie sie wohl denken mochte und was sie gerne haben würde und was nicht. Ich fragte mich, was ihre Augen erblickt hatten und wann sie es erblickt hatten.
    Ich fragte mich all diese Dinge, weil ich erkennen konnte, daß die Kräfte, die ich in Bewegung gesetzt hatte, als ich den Kreis durch Feuer durchschritt, sie langsam dazu veranlaßten aufzuhören, eine Statue zu sein.
    Sie war im Begriff, aufgeweckt zu werden.
    Ich wartete.