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Die Türen seines Gesichts

Die Türen seines Gesichts

Titel: Die Türen seines Gesichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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eine Kaffeepause. Schließlich fand ich einen Parkplatz und eilte – gut beschirmt – zur Bücherei.
    In den letzten Jahren bin ich so etwas wie ein Bibliophiler geworden. Ich dürste oder hungere weniger nach Wissen, vielmehr interessieren mich die neuesten Nachrichten. Das hängt alles mit meinem Beruf zusammen. Zugegeben, es gibt ein paar Dinge, die schneller sind als das Licht, wie zum Beispiel die Phasengeschwindigkeiten von Radiowellen in Ionenplasma oder die Spitzen der ionenmodulierten Lichtstrahlen von „Entenschnabel“, der Sendezentrale im Solsystem, wenn die Schnabelklappen sich um die Erde schließen. Aber das sind so seltene Ausnahmen, die überhaupt nichts mit dem Transport von Schiffsladungen, von Leuten und Gegenständen zwischen den Sternen zu tun haben. Wenn es um die Bewegung von Materie geht, kann man die Lichtgeschwindigkeit nicht überschreiten. Nahe kommen kann man ihr, aber das ist so ziemlich alles.
    Das Leben läßt sich jedoch verlangsamen, das ist einfach, man kann es ganz ohne Schwierigkeiten ein- und ausschalten. Deshalb gibt es mich auch schon so lange. Wenn wir die Schiffe nicht beschleunigen können, können wir immerhin die Leute langsamer machen, so langsam, bis sie zu altern aufhören. Dann kann das Schiff, das sich beinahe mit Lichtgeschwindigkeit bewegt, auch ein halbes Jahrhundert oder noch länger brauchen, um seine Passagiere an ihr Ziel zu bringen. Deshalb bin ich so allein. Jeder kleine Tod bedeutet die Auferstehung in einem anderen Land und einer anderen Zeit. Ich habe das schon ein paarmal miterlebt, und deshalb bin ich ein solcher Büchernarr geworden. Die Nachrichten reisen langsam, ebenso langsam wie die Schiffe und die Menschen. Wenn Sie eine Zeitung kaufen, bevor Sie an Bord eines Schiffes gehen, dann ist es immer noch eine Zeitung, wenn Sie Ihr Ziel erreichen, während man sie dort, wo Sie sie gekauft haben, als historisches Dokument ansehen würde. Schicken Sie einen Brief zur Erde, kann der Urenkel Ihres Korrespondenten vielleicht Ihrem Urenkel eine Antwort schicken, wenn die Nachricht überhaupt ihr Ziel erreicht und die beiden jungen Leute lange genug leben.
    All die kleinen Büchereien hier draußen sind voll seltener Bücher; Erstausgaben von Bestsellern, die die Leute sich kaufen, ehe sie zu einem anderen Stern aufbrechen, und die sie oft stiften, wenn sie sie ausgelesen haben. Wir gehen davon aus, daß diese Bücher, bis sie hier ankommen, lizenzfrei geworden sind, und so reproduzieren wir sie und verbreiten unsere eigenen Ausgaben. Bis jetzt hat es noch nie urheberrechtliche Prozesse gegeben.
    Wir sind völlig autonom und immer etwas hinter der Zeit zurück, denn es gibt da eine Transitlücke, die nicht überwunden werden kann. Die Erdzentrale übt daher etwa ebensoviel Kontrolle über uns aus wie ein Junge, der ein Stück Schnur in der Hand hält und zu seinem Drachen hinaufblickt, der sich losgerissen hat.
     
    Der Tag um mich herum schmolz.
    Die Wörter flossen in meiner Zelle über den Bildschirm. Ich las Zeitungen und Magazine, die noch keines Menschen Hand berührt hatte, und die Wasser flossen über Bettys Felder, strömten jetzt von den Bergen herunter, wuschen die Waldböden, wühlten unsere Felder zu Erdnußbutter auf, überfluteten Keller, fraßen sich überallhin durch und verschlammten unsere Straßen.
    Ich ging in die Bibliothekskantine zum Mittagessen, wo ich von einem Mädchen in einer grünen Schürze und einem gelben Rock erfuhr, daß die Sandsackmannschaften jetzt schwer bei der Arbeit seien und daß es auf dem Stadtplatz keinen Bodenverkehr mehr gäbe.
    Nach dem Mittagessen schlüpfte ich in meinen Regenmantel und meine Stiefel und ging dorthin.
    Die Mauer aus Sandsäcken war tatsächlich bereits hüfthoch über der Hauptstraße aufgebaut. Aber das Wasser stand bereits knöchelhoch, und jede Minute kam mehr davon vom Himmel.
    Ich blickte zur Statue des alten Wyeth empor. Sein Heiligenschein war jetzt verschwunden; irgendwie war das zu erwarten gewesen. Das war ein gutgemeinter Fehler gewesen, der sich nach einer Weile in Wohlgefallen aufgelöst hatte.
    Er hielt eine Brille in der linken Hand und blickte etwas mißtrauisch auf mich herab, vielleicht fragte er sich in all seiner Bronze, ob ich ihn verraten und seinen harten feuchten grünlichen Glanz beflecken würde. Verraten …? Vermutlich war ich der einzige hier, der sich wirklich an den Mann erinnerte. Er hatte der Vater dieses großen neuen Landes sein wollen, buchstäblich, und

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