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Die Türen seines Gesichts

Die Türen seines Gesichts

Titel: Die Türen seines Gesichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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verschwunden.
    Ich hörte Steine poltern und wußte, daß sie irgendwo zu meiner Rechten herunterkam.
    Ich sprang auf, duckte mich in den Schatten eines Felsblocks.
    Dann kam sie, arbeitete sich unsicher durch die Steine.
    „Gallinger?“
    Ich trat vor, packte sie bei den Schultern. „Braxa!“
    Wieder schrie sie, und dann begann sie zu weinen, drückte sich an mich. Es war das erste Mal, daß ich sie weinen hörte.
    „Warum?“ fragte ich. „Warum?“
    Aber sie klammerte sich nur an mich und schluchzte.
    Schließlich sagte sie: „Ich dachte, du hättest dich getötet.“
    „Vielleicht hätte ich das getan“, sagte ich. „Warum hast du Tirellian verlassen? Und mich?“
    „Hat M’Cwyie es dir nicht gesagt? Hast du es nicht erraten?“
    „Nein, ich habe es nicht erraten, und M’Cwyie sagte, sie wüßte es nicht.“
    „Dann hat sie gelogen. Sie weiß es.“
    „Was? Was weiß sie denn?“
    Sie zitterte am ganzen Leib, und dann schwieg sie lange. Plötzlich erkannte ich, daß sie nur ihr spärliches Tanzkostüm trug. Ich schob sie von mir, zog die Jacke aus und legte sie ihr um die Schultern.
    „Großer Malann!“ rief ich. „Du wirst erfrieren!“
    „Nein“, sagte sie. „Ich werde nicht erfrieren.“
    Ich holte den Behälter mit der Rose aus der Jacke, schob ihn in die Tasche.
    „Was ist das?“ fragte sie.
    „Eine Rose“, antwortete ich. „In der Dunkelheit siehst du nicht besonders viel. Ich habe dich einmal mit einer Rose verglichen. Erinnerst du dich!“
    „Ja. Darf ich sie tragen?“
    „Sicher.“ Ich schob sie wieder in die Jackentasche.
    „Nun? Ich warte immer noch auf eine Erklärung.“
    „Du weißt es wirklich nicht?“ fragte sie.
    „Nein!“
    „Als die Regen kamen“, sagte sie, „wurden anscheinend nur unsere Männer betroffen, und das war genug … Die Frauen nicht, weil ich – anscheinend – nicht – betroffen – wurde …“
    „Oh“, sagte ich. „Oh!“
    Wir standen da, und ich dachte nach. „Nun, warum bist du dann weggerannt? Was ist denn so schlimm daran, schwanger zu sein? Tamur hat sich geirrt. Dein Freund kann wieder leben.“
    Sie lachte, wieder diese wilde Violine, die von einem verrücktgewordenen Paganini gespielt wurde. Ich unterbrach sie, ehe sie zu weit ging.
    „Wie?“ fragte sie schließlich und rieb sich die Wange.
    „Dein Volk lebt länger als das unsere. Wenn unser Kind normal ist, so bedeutet das, daß unsere Rassen untereinander heiraten können. Es muß noch andere fruchtbare Frauen deiner Rasse geben.“
    „Du hast das Buch von Locar gelesen“, sagte sie, „und dennoch fragst du mich das? Der Tod war entschieden, beschlossen, das Urteil gesprochen, kurz nachdem er in dieser Form erschien. Aber schon lange vorher wußten es die Jünger Locars. Sie beschlossen es vor langer Zeit. ‚Wir haben alle Dinge getan’, sagten sie, ‚wir haben alle Dinge gesehn, wir haben alle Dinge gehört und gefühlt. Der Tanz war gut. Nun laßt ihn enden.’“
    „Das glaubst du doch selbst nicht.“
    „Was ich glaube, ist unwichtig“, erwiderte sie. „M’Cwyie und die Mütter haben entschieden, daß wir sterben müssen. Der Titel, den sie tragen, ist ein Spott, aber ihre Beschlüsse werden erfüllt werden. Es gibt nur noch eine Prophezeiung, und die irrt. Wir werden sterben.“
    „Nein“, sagte ich.
    „Was dann?“
    „Komm mit mir zurück, zur Erde.“
    „Nein.“
    „Gut denn. Dann komm jetzt mit mir.“
    „Wohin?“
    „Zurück, nach Tirellian. Ich werde mit den Müttern sprechen.“
    „Das kannst du nicht! Heute abend ist eine Zeremonie!“
    Ich lachte. „Eine Zeremonie für einen Gott, der dich niederschlägt und dir dann die Zähne eintritt?“
    „Er ist immer noch Malann“, antwortete sie. „Und wir sind immer noch sein Volk.“
    „Du wärst gut mit meinem Vater ausgekommen“, knurrte ich. „Aber ich gehe jetzt, und du wirst mitkommen, selbst wenn ich dich tragen muß, und ich bin größer als du.“
    „Aber du bist nicht größer als Ontro.“
    „Wer, zum Teufel, ist Ontro?“
    „Er wird dich aufhalten, Gallinger. Er ist die Faust des Malann.“
     
    4.
     
    Der Jeepster kam mit quietschenden Bremsen vor dem einzigen Eingang, den ich kannte, zum Stehen. Es war der Eingang, der zu M’Cwyie führte. Braxa, die die Rose jetzt im Licht eines Scheinwerfers gesehen hatte, hielt sie in ihrem Schoß, als wäre sie unser Kind, und sagte nichts. Ihr Gesicht hatte einen passiven, lieblichen Ausdruck.
    „Sind sie jetzt im Tempel?“ wollte

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