Die Unschuld der Rose
will.“
Sie wünschte, er würde sie nicht so ansehen. Sein Blick war nach wie vor unerbittlich auf sie gerichtet. Die Luft zwischen ihnen schien fast elektrisch aufgeladen zu sein.
Ob er es auch fühlt? Spürt er die Hitze und die wachsende Spannung?
„Ich habe Ihnen doch bereits gesagt, dass mein Entschluss steht.“
„Sie haben auch gesagt, dass Sie Zahlen wollen. Und die haben Sie bislang nicht gehört. Sie haben mir zehn Minuten versprochen, Mr. Cordeiro. Und meine Zeit ist noch nicht um.“ Sie würde es vermasseln, sie wusste es. Es war schön und gut, Selbstvertrauen vorzugeben. Allerdings zitterten ihr Beine und Hände, sie sagte die falschen Dinge und ließ sich von einem Blick aus seinen dunklen Augen in ein stammelndes klägliches Bündel verwandeln. Und ganz offensichtlich erkannte er, wie er auf sie wirkte, denn er lächelte sanft.
„Nervös, Miss Thacker?“
„Natürlich bin ich nervös …“ In einer um Verständnis bittenden Geste hob sie die Arme. „In Anbetracht der Umstände ist das doch nur normal, meinen Sie nicht?“
„Absolut.“ Sein Tonfall war hart, der Blick völlig kalt. „Ich an Ihrer Stelle würde zittern wie Espenlaub und einfach alles versuchen. Selbst vor hohen Absätzen, einem unschuldigen Lächeln und schimmernden blonden Haaren würde ich nicht zurückschrecken.“
„Ich weiß nicht, was Sie damit sagen wollen.“ Ahnte er, wie unbehaglich sie sich auf diesen High Heels fühlte? Wusste er, dass sie ihn hatte beeindrucken wollen?
„Ihre Firma steckt in ernsthaften Schwierigkeiten, Miss Thacker. Und ich bin der Einzige, der sie retten kann. Also nehme ich es Ihnen nicht übel, dass Sie jeden Ihnen zur Verfügung stehenden Trick anwenden, um das Blatt zu Ihren Gunsten zu wenden. Aber ich sollte Sie warnen. Es wird nichts nützen. Ich gewähre Ihnen keinen Aufschub. Und meiner Meinung nach haben Sie Ihre gegenwärtige Lage selbst verschuldet.“
„Wie können Sie das sagen? Wie können Sie so gefühllos sein?“ Wieder vergaß sie ihren Entschluss, sich nicht von Emotionen mitreißen zu lassen. „Hier geht es nicht nur um mich. Wenn Café Brazil untergeht, werden viele Menschen ihren Job verlieren.“
„Und Sie sind im höchsten Maße um das Wohlergehen anderer Menschen besorgt, nicht wahr?“
In seiner Stimme schwang etwas mit, das Grace nicht benennen konnte. Sie fühlte sich noch unbehaglicher. Warum nur wurde sie den Eindruck nicht los, dass hier zwei Gespräche parallel geführt wurden? Eines an der Oberfläche, das andere in versteckten Anspielungen darunter. „Ja, das bin ich. Ich denke, Arbeitgeber zu sein, bringt eine große Verantwortung mit sich. Man kann Menschen nicht so einfach entlassen. Ich war sehr darauf bedacht, nicht mehr Mitarbeiter einzustellen, als die Firma tragen kann.“
Er hob eine Augenbraue. „Sehr löblich. Was also ist schiefgelaufen, Miss Thacker? Wenn Sie so vorsichtig waren, warum sind Sie dann hier? Warum schreibt Ihr kleines Unternehmen rote Zahlen?“
„Unsere laufenden Betriebskosten sind höher, als wir ursprünglich gedacht haben“, erwiderte sie aufrichtig, runzelte jedoch die Stirn, als sie das zynische Funkeln in seinen Augen sah. „Unter anderem hat die Sanierung von zehn der Cafés mehr gekostet als geplant. Aber ich habe viele Ideen für die Zukunft.“
„Sie sind sehr zielstrebig“, meinte er nach kurzem Schweigen. „Wie verzweifelt sind Sie genau?“
Was meinte er damit? Betroffen erwiderte sie seinen Blick, ihr Mund war wie ausgetrocknet. „Natürlich mache ich mir Sorgen. Wenn Sie darauf hinauswollen, Mr. Cordeiro.“ Sie atmete tief ein und lächelte zaghaft. „Mir bleiben immer noch fünf Minuten, um Sie zu überzeugen.“
Sie griff nach ihrer Tasche und holte die vorbereiteten Unterlagen heraus. An Rafael Cordeiro prallten moralische Argumente ab, also würde sie es anders versuchen. „Sie möchten Ihre Investitionen zurückziehen, weil Sie bislang keinen Profit gesehen haben. Aber die Cafés laufen gut. Im Moment decken die Einnahmen die Ausgaben. In Kürze werden wir Gewinne machen.“
„Werden Sie das?“
„Sobald wir anfangen, Geld zu verdienen, verdienen auch Sie …“ Sie verstummte, als sie seine finstere Miene sah. Womit konnte man diesem Mann eigentlich ein Lächeln entlocken? „Die Cafés sind gut besucht. Und ich kann nicht verstehen, warum wir uns nicht schon längst in der Gewinnzone befinden.“
„Können Sie nicht?“
„Vielleicht habe ich am Anfang einige Fehler
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