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Die verbotenen Evangelien: Apokryphe Schriften

Die verbotenen Evangelien: Apokryphe Schriften

Titel: Die verbotenen Evangelien: Apokryphe Schriften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Ceming Jürgen Werlitz
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worden, die ihren Wert nicht kannte und sie für ein ungutes Omen hielt. Aber eine Schriftensammlung war durch einen belgischen Antiquitätenhändler gekauft und außer Landes gebracht worden. Als sie 1951 oder 1952 zum Verkauf angeboten wurde, erwarb sie das C.G. Jung-Institut in Zürich auf Anraten des niederländischen Geschichtswissenschaftlers Gilles Quispel, um sie Carl Gustav Jung zum Geburtstag zu schenken. Diese Sammlung trägt nun den Namen Codex Jung und wurde nach einem Streit um die Besitzrechte letztlich auch dem Koptischen Museum in Kairo übergeben. Als Quispel 1955 nach Kairo fuhr, um dort nach einigen verschollenen Seiten des C.G.Jung Codex zu suchen und im Koptischen Museum sah, dass der Codex Jung nur einer von insgesamt dreizehn Codices war, wusste er sofort, welch einen wertvollen Schatz die Funde von Nag Hammadi darstellten. Damit konnte die Erforschung, Auswertung und Veröffentlichung der 52 Abhandlungen in 13 Handschriftensammlungen beginnen, die einige Jahre, ja Jahrzehnte andauerte.
    Die Bibliothek von Nag Hammadi beinhaltet koptisch verfasste Texte aus dem 4. Jahrhundert, die Übersetzungen griechischer Schriften des 2. und 3. Jahrhunderts darstellen. Beim Koptischen handelte es sich um die in Ägypten gesprochene Sprache. Es wurde mit griechischen Buchstaben sowie einigen imGriechischen nicht enthaltenen zusätzlichen Zeichen geschrieben. Noch heute wird koptisch von der kleinen christlichen Minderheit Ägyptens gesprochen. Die Texte von Nag Hammadi sind in zwei unterschiedlichen koptischen Dialekten abgefasst. Der Inhalt der Codices gibt die Lehren und Anschauungen verschiedener gnostischer Schulen, die in Kap. 3 ausführlicher behandelt werden, wieder. Das gnostische Gedankengut ist zum Teil eng mit christlichen, zum Teil mit jüdischen Vorstellungen, verwoben.
    Fast alle Verfasser dieser Werke waren jedoch Christen. Einige der nicht-christlichen Texte wurden christlich überarbeitet. Bei den Sammlern handelte es sich ausnahmslos um Christen. Man ist sich nicht sicher, ob diese Schriften Teil einer Klosterbibliothek waren, die vor einer Säuberungsaktion der Orthodoxie versteckt wurden, oder ob es sich um die Sammlung eines Privatmannes handelte. Sicher ist jedoch, dass sie zur Bewahrung und nicht zur Vernichtung in das Tongefäß gegeben wurden. Hätte man sie vernichten wollen, um gnostische Lehren zu beseitigen, wäre es leichter gewesen, sie zu verbrennen. Denn Bücherverbrennungen und das Anzünden von Bibliotheken hatten sich schon im Altertum als ein äußerst wirksames Mittel zur Auslöschung gegnerischen Gedankenguts erwiesen.
    Was machte den Fund von Nag Hammadi nun so interessant? Er ließ einen ungeheuren Schatz an christlich-gnostischen und rein gnostischen Texten der ersten drei Jahrhunderte zum Vorschein kommen, die eine Richtung des Christentums repräsentierten, die sich von der sich durchsetzenden christlichen Kirche unterschied. Damit ist unter anderem gezeigt, dass die Kirche der ersten Jahrhunderte noch nicht in der Einheitlichkeit existierte, wie es oft vermutet und behauptet wurde.
    Jahrhunderte lang hielt man die Schilderungen des Kirchenschriftstellers Eusebius von Cäsarea für die wahre Darstellung, was das Verhältnis von Häretikern und katholischer Kirche anbelangte. Im 32. Kapitel des 3. Buches seiner Kirchengeschichte heißt es diesbezüglich: „In seinem Berichte über die erwähnten Zeiten fügt Hegesippus jener Erzählung noch bei, daß die Kirche bis dahin eine reine, unbefleckte Jungfrau geblieben sei; denn die, welche die gesunde Lehre der Heilspredigt zu untergraben suchten, hielten sich damals, wenn es schon solche gab, wohl noch in Finsternis versteckt und verborgen.Als der heilige Chor der Apostel auf verschiedene Weise sein Ende gefunden hatte und jenes Geschlecht, welches gewürdigt worden war, mit eigenen Ohren der göttlichen Weisheit zu lauschen, abgetreten war, erhob sich zum ersten Male der gottlose Irrtum durch den Trug der Irrlehrer. Diese wagten nun, da keiner der Apostel mehr am Leben war, mit frecher Stirne der Lehre der Wahrheit eine falsche so genannte Gnosis entgegenzusetzen.“
    Die gängige Ansicht von der einen, wahren, rechtgläubigen Kirche, welche die Lehre Jesu von Anfang an gegen häretische Gruppen bewahrte, ist eine nachträgliche Zurechtlegung oder -lesung historischer Tatsachen, die so erst möglich wurde, nachdem sich eine Gruppe, die man dann als Großkirche bezeichnen konnte, Ende des 2. Jahrhunderts gegen alle

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