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Die Verdammnis

Die Verdammnis

Titel: Die Verdammnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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als er die Reste des belebenden Rots aus den Mundwinkeln sog. Dann grinste er, und ich entdeckte in einem Blitzgelichter ursprünglichster Erkenntnis seine Vitalität, die ihm die verstrichenen Jahrzehnte allmählich genommen hatten.
    »Die Technik dieser Zeit«, vernahm ich zum ersten Mal seine brüchige Stimme. Ihr Klang, abgrundtief dunkel, hat bis heute nichts an Ausstrahlungskraft verloren, »ermöglicht es mir, in einen Kasten, gehalten von Gegengewichten, einzusteigen und nach unten zu fahren.«
    »Ein Aufzug? Du hast einen Aufzug in diesem alten Gemäuer?«
    »So nennt man das wohl in der heutigen Zeit. Ja ja. - Aber altes Gemäuer? Diese Mauern werden auch künftige Jahrhunderte noch lange überdauern, Sohn!«
    Ich mochte ihn von Anfang an. Und er mich ebenfalls, das spürte ich. Dieser Eindruck liegt tief eingegraben in meine Erinnerung. Und er hat mich bis heute in all meinem Tun beeinflußt.
    Der alte Herr hatte längst keinen Biß mehr. Die gelben Stummel seiner Eckzähne sorgten höchstens noch für Schrecken und Angst bei Ur-Opas Zahnarzt. Seit er das Blut junger Frauen nur noch aus einem Kristallkelch zu sich nahm, wurde die Gefahr, daß er sich mit zittriger Hand die Zähne einschlug, immer wahrscheinlicher. Wenn er den Pokal an seine faltigen Lippen hob, aus dem er nun schon seit vielen Jahrzehnten den lebensspendenden Trunk zu sich nahm, hielt das gesamte Schloß, bis hin zur letzten Kakerlake, den Atem an.
    Was er jedoch reichlich besaß und was ich niemals vorher und auch später nie mehr habe erfahren dürfen, war diese Hingabe und Geduld. Er hatte doch tatsächlich den Ehrgeiz, aus dem verlorenen Enkel abtrünniger Kinder ein vollkommenes Mitglied seiner Familie heranzubilden.
    Ur-Opa - ich mag ihn einfach nicht anders nennen, weil all das, was ich durch ihn erfahren habe, einfach nicht zu seinem schreckenverbreitenden Namen paßt, unter dem er unsägliche Berühmtheit bei unseren Blutspendern erlangte und der seinem tatsächlichen Naturell völlig entgegenläuft-Ur-Opa also begann bereits in der darauffolgenden Nacht, mich auf meine Existenz als Vampir vorzubereiten. Und er wurde es nicht müde, mir all die Geschichten zu erzählen. Selbst erlebte, aber auch Erlebnisse wahrer Nachfahren, in deren Fußstapfen ich bald Willens war zu treten.
    Nacht für Nacht, über viele Jahre hinweg, hing ich gebannt an seinen Lippen und sog jedes Wort aus dem faltigen Mund, so wie ich längst rotes Blut hätte aus angstpochenden, zarthäutigen Hälsen hätte saugen sollen. Oh, wie beneidete ich Ur-Opa sogar um seine stumpfgelben, abgebrochenen Augzähne. Sie waren zwar offensichtlich Ruinen längst vergessenen Grauens, aber immer noch länger und gefährlicher als meine.
    Gebannt lauschte ich den wortgefaßten Schrecklichkeiten und genoß den Schauer seiner Erzählungen. Hingebungsvoll. Neugierig. Gierig, es ihm gleich zu tun. Die Spannung spüren, die seinen Geschichten allgegenwärtig war. In solchen Augenblicken hätte ich meine Zähne in den Strom blutpulsender Halsschlagadern senken müssen.
    Aber ich konnte nicht. Unersättlich war ich, und oftmals ermunterte ich Ur-Opa, bis zur Erschöpfung nicht innezuhalten, mir seine blutigen Memoiren zu offenbaren. Doch der Erfolg blieb aus. Der Grusel vergossenen Blutes beflügelte keinesfalls meinen Drang, es ebenfalls zu versuchen.
    Nun begann mein Leidensweg. Bluttriefenden Erzählungen zu lauschen war das eine, es tatsächlich sprudeln zu sehen, etwas ganz anderes. Es wurde immer schwieriger zu verbergen, daß ich nicht den kleinsten Tropfen Blut sehen konnte, ohne daß mir schlecht wurde. Nach jedem Trunk war mir so übel, daß ich nächtelang Brechreiz verspürte.
    Ur-Opa bemerkte wohl meine Schwäche, sagte jedoch nichts. Sicher führte er es auf mangelnde Erziehung zurück. Hin und wieder deutete er an, daß er glaubte, meine Eltern hätten versagt und viel zu spät erkannt, daß sie nicht in der Lage waren, mich zu einem ordentlichen Vampir zu erziehen. Trotzdem, er wurde es nicht müde, mir das Leben eines Vampirs vertraut zu machen. Sein Eifer war lobenswert. Doch wie gesagt, es fiel mir sehr viel leichter, von jeglichem blutigen Detail zu hören, als nur einen Bruchteil davon zu sehen, oder, was noch schrecklicher war, es selbst zu verursachen.
    Wenn Ur-Opa müde war oder manchmal seine Mitternachtsruhe einhielt, drängte es mich, das alte Gemäuer zu erkunden. Ich streifte dann durch das verkommene Reich, das bei seiner bloßen Nennung Angst und

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