Die Verfuehrerin
und...«
»Chris«, sagte Tynan leise. »Kommen Sie hierher und seien Sie still.«
Sie ignorierte den Blick ihres Vaters, als sie Tynan gehorchte und ihr Pferd neben das seine lenkte. Ihre Hände klammerten sich um den Sattelknopf, bis die Knöchel ganz weiß waren, während sie zusah, wie Samuel und Beynard den Pfad hinunterritten und zwischen den Bäumen verschwanden. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis sie den ersten Schuß hörte.
Chris atmete heftig ein und wartete mit angehaltenem Atem.
Dann fiel ein zweiter Schuß. Und dann herrschte Stille.
Sie blickte auf Tynan und sah, daß dessen Wangenmuskeln zuckten, ehe er seinem Pferd die Zügel freigab und an den hundert bewaffneten Männern, die Dysan angeheuert hatte, vorbeigaloppierte. Er ritt genau auf die Stelle zu, wo Samuel und Dysan unter den Bäumen verschwunden waren.
Chris sah einen Augenblick lang der Staubwolke nach, trieb dann ebenfalls ihr Pferd an und folgte Ty. Ihr Vater schrie hinter ihr her und brüllte dann seinen Männern etwas zu, aber sie hielt nicht an, sondern folgte Ty unter die Bäume.
Sie erreichte genau in dem Augenblick eine Lichtung, als Ty sich dort vom Pferd schwang.
Samuel und Beynard lagen beide blutüberströmt auf dem Boden. Chris sprang von ihrem Pferd herunter und kam schlitternd zum Stehen, als Tynan Samuels Oberkörper anhob.
Der ältere Mann lächelte zu Tynan hinauf. »Es ist nur ein Kratzer. Ich kann von allein aufstehen.«
Tynan drehte sich zu Chris um. »Was, zum Teufel, suchst du hier?« rief er leise. »Reite sofort wieder zu deinem Vater zurück.«
»Ich wollte mich nur vergewissern, daß dir nichts passiert ist«, gab sie mit zorniger Stimme zurück. »Und ich dachte, vielleicht könntest du eine Hilfe gebrauchen.«
»Doch nicht von so einer halben Portion. Und jetzt scher dich zum...«
Da richtete sich Sam, Tynans Arm zu Hilfe nehmend, auf und ächzte: »So gern ich dem Liebesgeplänkel von euch beiden lausche, doch ich fürchte, ich werde inzwischen hier verbluten.«
Chris lächelte Tynan mit einem »Was-habe-ich-dir-gesagt?«-Gesicht zu, während er zweimal den Mund öffnete und wieder schloß, ohne einen Ton herauszubringen.
In diesem Moment kam Del Mathison in einer Wolke aus Sand, Steinen und zornigem Gebrüll, das seiner Tochter galt, auf die Lichtung gesprengt.
»Was ist hier passiert?« rief Tynan mit einer Lautstärke, die offenbar darauf abzielte, Dels Tiraden zum Verstummen zu bringen.
Sam mühte sich noch einmal, gerade zu sitzen, während Chris zu ihrem Pferd rannte, um Verbandszeug aus den Satteltaschen zu holen. »Wir zogen die Revolver, und ich habe gewonnen. Ich dachte, er wäre tot, als ich zu ihm ging. Er war der Sohn meines Bruders, und ich kannte ihn schon als kleinen Jungen. Es gab Zeiten, wo ich glaubte, es bestünde noch Hoffnung für ihn; doch seine Mutter gestattete ihm nicht, auch nur eine Sekunde lang zu vergessen, was er ihrer Meinung nach war. Egal, wen er auch schädigte oder verletzte, sie stand immer hinter ihm und sagte ihm, daß er jedes Recht habe, zu machen, was er wollte. Sie haßte mich.«
»Und übertrug ihren Haß auf ihn«, fuhr Chris fort, während sie Tynan Verbandszeug zureichte. Ty schnitt Samuels Hemd auf. Die Wunde saß im fleischigen Teil des Oberarms, war nicht lebensgefährlich, aber sehr schmerzhaft. Chris bewegte sich so, daß Sam sich an sie lehnen konnte, während Ty den Verband anlegte.
»Ja, er haßte mich. Er sagte, er wollte mir beweisen, daß er ein genauso großes Vermögen aufhäufen könne, wie ich es besaß.« Er hielt einen Moment inne. »Doch jetzt ist es vorbei.«
»Wie hat er Ihnen diese Kugel verpaßt?« fragte Ty.
»Ich ging zu ihm, nachdem ich ihn getroffen hatte. Er hatte einen Derringer im Ärmel versteckt. Er benutzte seinen letzten Atemzug dazu, auf mich zu schießen.«
Chris beugte sich vor und küßte Samuel auf die Stirn. »Jetzt ist es vorbei, und wir können alle nach Hause gehen.«
Samuel nahm Christianas Hand und blickte dabei zu Del hinauf. »Das ist es, was ich mir wünschte«, sagte er leise.
Chris wollte ihn fragen, was er denn damit meine. Doch Del kam ihm mit seinen Befehlen zuvor, wer hier was aufräumen sollte.
Sie begruben Beynard an der Stelle, wo er gestorben war, und stellten ein rohgezimmertes Kreuz auf die Lichtung, um das Grab zu markieren. Die Männer, die Dysan aufgeboten hatte, zerstreuten sich stumm zwischen den Bäumen, und nachdem Samuel ein paar Minuten allein am Grab gestanden hatte,
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