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Die Vergangenheit des Regens

Titel: Die Vergangenheit des Regens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Du kommst hierher und überbringst königliches Ungemach. Der Riese ist ohn’ Dulden nun. Zieh noch einmal gegen uns ein Schwert oder gegen uns ein Heer, und der Riese wird über die Krone kommen, um sein Recht einzuklagen, denn unsere Krieger sind zum Feldzug bereitet.«
    Â»Diese … Drohung … soll ich wirklich ausrichten?«, ächzte Broog.
    Â»Dies ist ohn’ Drohung«, sagte nun der andere der beiden Riesen, ein weißbärtiger Greis. »Dies ist ein Vermitteln von Wissen, in dessen Besitz ihr noch nicht wart. Die Königin sucht ihre Feinde im Falschen. Die wahren Feinde sind die Haarhändler, denn sie setzen dem Riesen zu und reißen ihn aus Frieden und Stille, während die Königin nichts dagegen unternimmt. Die wahren Feinde sind jene, welche die Quellen der Elemente aufbrechen und für sich selbst auszubeuten trachten, denn sie laben sich am Gefüge der Welt und wollen Götter spielen, und die Königin unternimmt nicht nur nichts dagegen, sondern sie kleidet sogar ihre gedungenen Mörder in Panzer der Schuld. Die wahren Feinde sind jene, welche Irinwehs Klinge überlebten und die nun zurückkehren werden, weil auch sie durch die Königin aus ihrer Stille gerissen wurden. Die wahren Feinde sind jene, welche mitten unter euch wandeln mit Habgier und Rachsucht anstelle von Güte.«
    Broog schaffte es, höhnisch zu grinsen. »So viel … aufgeblasenes Gequatsche kann ich mir … nie und nimmer … merken.«
    Â»Das Zepter wird dafür Sorge tragen, dass die Worte dich nicht verlassen, bevor du sie deiner Königin übergeben hast«, sagte nun wieder der jüngere der beiden Riesen mit ernstem, aber zuversichtlichem Gesichtsausdruck. »So wählten die Worte Turgenngranet, der eurer Königin eine eigene Krone entgegenträgt, und Attanturik, sein Sprecher. So sollst du frei sein und ziehen dürfen.«
    Das Netz schüttelte Broog, der noch etwas hatte sagen wollen. Dann kippte es und stellte ihn auf den Kopf. Die Höhle drehte sich genau andersherum, bis er sie aus den Augen verlor. Als er wieder etwas erkennen konnte, saß er in einem schönen herbstlichen Wildbartgebirgswald, über sich zerklüftete Berggipfel und gelbrote Baumkronen. Die Luft war klar und ohne Rauch. Um ihn herum lagen seine überlebenden drei Frauen und drei Männer und rührten sich stöhnend. Keiner von ihnen trug noch Schwarzwachs am Leibe. Auch ihre Waffen waren fort.
    Â»Was ist passiert?«, fragte eine der Söldnerinnen. »Wie kommen wir … hierher?«
    Â»Magie«, knurrte Broog. »Die Höhlen sind voll davon. Was für ein gelungener Scherz! Ohne Waffen und Geld sollen wir zurück. Wir gehen nach Uderun, dort bekommen wir alles Nötige für unsere Rückkehr nach Aldava.«
    Â»Ist unser Auftrag denn erledigt?«
    Â»So gut es, verflucht noch mal, denn möglich war.«
    Â»Und was ist mit unseren Toten?«
    Broog betrachtete die nahen Berge. »Ich denke … die Riesen werden sie bestatten. Immerhin wissen sie, was ein Krieger ist. Also hoch mit euch, ihr müden Streiter! Wir haben eine unangenehme Botschaft zu überbringen!«
    Zu siebt brachen sie auf, und als ihnen unterwegs vier Haarhändler über den Weg liefen, überwältigten sie diese und nahmen ihnen alles ab, was sie bei sich hatten.
    Die Narben juckten noch immer, und schließlich musste man als Söldner all die sinnlosen Verluste mindern.

1

Menschen ziehen vorüber
    Die Grablegung der vier von den Söldnern getöteten Riesen erinnerte Seraikella an das Einpflanzen übergroßer Blumenzwiebeln. Zusammengekauert, durch Rankenpflanzen verschnürt, mit Pilzsud und Moospaste bestrichen, wurden die vier Toten in die Erde gesenkt, und die neunundzwanzig verbliebenen Krieger sangen ein tiefes, dröhnendes Lied.
    Seraikella, ansonsten ein Hüne unter den Menschen, fühlte sich winzig und schmächtig im Kreis dieses Chores. Er versuchte seinen Respekt zu bekunden, umringt von seiner schönen Ritterin, der jugendlichen Bogenschützin Bhanu Hedji und dem ebenfalls bandagierten Jeron MeLeil Gabria, aber Seraikella war in Gedanken nicht ganz bei den Toten. Er schwebte über sich, schaute auf sich herab mit Zweifel und Verachtung. Ihm war, als würde etwas von ihm selbst dort vor seinen Augen in die herbstlich duftende Erde gesenkt – aber etwas, das er schon vor Wochen eingebüßt

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