Die Verschwörung des Bösen
Kinderspiel«, entschuldigte sich Sehotep. »Und jeder entspannt sich auf seine Weise: Ich mache es nun einmal so. Du scheinst ja viel ernsthafter zu sein, Königlicher Sohn. Ist es wahr, dass du nachts in den alten Büchern der Weisheit liest?«
»Sie standen am Beginn meiner Ausbildung und bieten mir nach wie vor reichlich geistige Nahrung.«
»Ich weiß, dass den Schreibern empfohlen wird, sich nicht zu berauschen – nimmt der ehemalige Lehrling der Rechte dennoch einen Becher Wein? Dieses große Gewächs stammt aus meinem Weinberg in Imau, und sogar der König schätzt diesen Tropfen.«
Iker ließ sich nicht lange bitten – und das Essen war köstlich, als Höhepunkt gab es Nieren in einer würzigen Sauce.
»Ich möchte dir nicht schön tun«, sagte Sehotep, »aber ich finde es doch ganz erstaunlich, wie du hier am Hofe zurechtkommst. Nicht einmal ich kenne bereits alle seine Schliche. Und du hast anscheinend beschlossen, sie einfach nicht zur Kenntnis zu nehmen! Ich muss dir wohl nicht erzählen, dass deine Ernennung heftige Auseinandersetzungen und Neid hervorgerufen hat. Denke nur einmal an die vielen reichen Familien, die nur zu gern sähen, wenn ihr Sprössling als Königlicher Sohn angenommen worden wäre! Und dann wirst du, ein unbekannter Schreiber, von Seiner Majestät auserwählt! Jeder hatte erwartet, dass dich das hochmütig machen würde. Stattdessen bist du ein Vorbild an Zurückhaltung, was aber auch wieder Verdacht erregt. Außerdem schenkt dir der Pharao seine Zeit für lange Gespräche unter vier Augen. Kannst du dir vorstellen, zu wie viel Vermutungen und Befürchtungen das führt? Jeder Würdenträger fürchtet um sein Amt und seine Vorrechte. Wessen Platz wirst du einnehmen?«
»Ich nehme niemand seinen Platz weg.«
»Das ist aber äußerst unwahrscheinlich, Iker.«
»Der Pharao bietet mir einen unermesslichen Schatz an, indem er mein Herz für geistige Wirklichkeiten öffnet, die ich zwar schon vage gekannt habe, aber nicht aussprechen konnte. Seine Unterweisung ist für mich ein unglaubliches Glück, dessen ich mich würdig zeigen will.«
»Weißt du, dass das jetzt nur die Ruhe vor dem Sturm ist?«
»Der König hat mich vor harten Kämpfen gewarnt.« Sehotep gefielen Ikers Offenheit und Scharfsinn. Wie Sobek hatte er Vorbehalte gegen den Königlichen Sohn gehabt und ihn deshalb besser kennen lernen wollen.
Jetzt war er beruhigt und bereute, dass er Zweifel an der Richtigkeit von Sesostris’ Entscheidung gehabt hatte.
»Endlich, Majestät, endlich!«, rief Sobek. »Ich wusste doch, dass meine Leute es irgendwann herausfinden würden, aber es hat viel zu lange gedauert. Wir haben einen fliegenden Haarschneider im Verdacht, der in einem Viertel in der Nähe des Hafens arbeitet. Einer meiner Spitzel gehört zu seinen Stammkünden, und sie reden immer sehr offen über alle möglichen Dinge. Bei ihrem letzten Gespräch ging es um die möglichen Gefahren, wenn sich Asiaten, die aus Sichern gekommen sind, heimlich in Memphis niederlassen. Der Haarschneider hält sie für rechtschaffene Leute, die Grund zur Klage haben. Oder ist unsere militärische Besetzung etwa nicht viel zu hart? Verdient das Land Kanaan nicht die vollkommene Unabhängigkeit von Ägypten, um sich frei entfalten zu können?«
»Mit anderen Worten, der Verdächtige unterstützt die Untergrundkämpfer.«
»Er bedauert zwar, dass Gewalt angewendet wird, kann ihr Verhalten aber verstehen. Der Gute gibt sich als Menschenfreund, ganz wie einige reichlich nutzlose Gestalten an Eurem Hof, deren einzige Beschäftigung darin besteht herauszufinden, woher der Wind gerade weht.«
»In Sachen Fingerspitzengefühl hast du keine großen Fortschritte gemacht, muss ich feststellen.«
»Das ist auch völlig ungeeignet für die Jagd nach Verbrechern, Majestät. Ein sanftmütiger, unentschlossener Sicherheitsmann bringt höchstens seine Mitarbeiter in Gefahr.«
»Hat dieser Haarschneider noch mehr umstürzlerische Meinungen von sich gegeben?«
»Nein, mein Spitzel hat dann nicht weitergefragt; er hat gemerkt, dass der Mann seine Geschwätzigkeit bereut hatte. Aber jetzt haben wir endlich ein Glied der Kette entdeckt, und es wäre sehr unklug, es zu brechen. Wir sollten den Mann besser dazu gebrauchen, über ihn an wichtigere Hinweise zu kommen. Aus Sicherheitsgründen muss ich mich selbst aus dem Spiel nehmen, wir brauchen also einen neuen Mann, der glaubwürdig genug auftritt, damit ihm der Haarschneider weitere Geheimnisse
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