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Die Verschwoerung von Toledo

Die Verschwoerung von Toledo

Titel: Die Verschwoerung von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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Frankreich. Dort hat man die jüdischen Familien vertrieben. Und erst in diesem Jahr dürfen sie wieder zurückkommen – wenn sie ihre alten Rechte und ihren ehemaligen Besitz und sogar ihre Gebetbücher zurückkaufen.«
    »Man hört davon. Auch die Tempelherren sind ja in Frankreich grausam verfolgt worden.«
    Henri wollte nicht darauf eingehen. Stattdessen fragte er: »Und die Mauren? Ich sah, dass ihre Moschee umgebaut wird.«
    »Auch die Mauren haben ihr Auskommen. Sie haben eine Übersetzerschule bekommen, in der ihre Manuskripte von den besten Scribenten ins Lateinische und Kastilische übertragen werden. Außerdem besitzen sie noch genug Gotteshäuser. Und für Ungläubige beten sie erstaunlich häufig, das glaubt mir, jedenfalls mehr als die bekehrten Mauren, die Moriscos.«
    » Wer leitet die Jeschiva?«
    »Der Oberrabbiner natürlich. Dann gibt es noch einen deutschen Rabbiner. Und viele Unterrabbiner. Was wollt Ihr in der Schule?«
    »Ich will die Geheimnisse der Kabbala studieren.«
    »Aber Ihr seid ein erwachsener Mann! Wollt Ihr tatsächlich in engen, dunklen und schlecht gelüfteten Räumen die Schulbank drücken?«
    »Man lernt nie aus, mein Freund!«
    »Vielleicht wollt Ihr Euch vorher ein wenig ablenken? Ihr seid im besten Mannesalter. Abends erwachen hier die Straßen und Plätze im almohadischen Teil der Stadt. Dort gibt es Vergnügungen aller Art – und wunderschöne Mädchen!«
    »Dazu bin ich nicht hier. Wenn es auch gut ist, zu wissen, dass Toledo eine Stadt ist, in der man fröhlich ist. Ich habe zu viele Städte gesehen, die den Tod in ihren Mauern hatten.«
    Henri nahm sich ein Zimmer im Gasthof, von dem aus er über den Fluss blicken konnte. Die warme Luft war erfüllt von Stimmen und Musik. Henri beschloss, noch einen Gang durch Toledo zu machen, und genoss einmal mehr das bunte Treiben in den Gassen.
    Die Geschichtsbücher erzählten, dass die Stadt ihre beste Zeit unter den christlichen westgotischen Herren erlebt hatte. Damals, bevor die Westgoten – Hetzer sagten gerne, aber falsch, es seien die Juden gewesen – die Muslime übers Meer ins Land riefen, um ihnen bei Thronstreitigkeiten beizustehen, war Toledo die herrlichste und reichste Stadt der Welt gewesen. Ihr König Reccared besaß den Tisch des Judenkönigs Salomon, der aus einem einzigen riesenhaften, von purem Gold eingefassten Diamanten bestand. Damals existierten angeblich auch noch Wunderspiegel, in denen man die ganze Welt erblicken konnte. Henri war nicht empfänglich für solche Sagen, aber das prächtige Toledo vermittelte ihm nun eine Ahnung davon, wie solche Phantastereien hatten entstehen können.
    Bei Anbruch der Dunkelheit kehrte er in den Gasthof zurück, wo unten Betrunkene lärmten.
    Er schlief unruhig. Immer wieder, wenn er erwachte, versuchte er sich zurechtzulegen, welche Erwartungen er mit der Kabbala-Schule verband. Konnten ihm die Lektionen dort wirklich helfen, seinen Feinden besser zu begegnen? Würden ihm die Lehren eine neue Waffe in die Hand geben, mit der er sich verteidigen konnte? Henri war gespannt, ob der deutsche Rabbiner in der Schule wirklich noch Theophil von Speyer war. Und in Gedanken tauchte er zurück in jene winterlich kalte Zeit, als er in der deutschen Stadt am Rhein dessen Gast gewesen war. Es war eine bedrohliche Zeit gewesen. Theophils Frau Alma war damals an den seelischen Folgen eines Attentatsversuches von Christen bald gestorben.
    Am Morgen trank Henri im Gasthof einen Becher warmer Ziegenmilch und aß Piroschki, einen gebackenen, mit Muskat gewürzten Hefeteig mit Käsefüllung, und als Nachtisch eine in dieser Stadt unvermeidliche, Henri bisher unbekannte Köstlichkeit mit Namen Marzipan, aus geriebenen Mandeln und Zuckerwasser.
    Auf dem Hof des Schulgeländes standen lang gestreckte Gebäude. Offenbar enthielten sie auch Unterkünfte, denn dort gingen junge Schüler ein und aus. Unter einem Dattelbaum saß eine Gruppe von unverschleierten Schülerinnen und lauschte einem Rabbiner, der sich beim Sprechen vor- und zurückbewegte. Henri schnappte seine Worte im Vorübergehen auf.
    »… müssen wir bereit sein, aufgrund des Talmuds den Beweis zu erbringen, dass der Messias nicht erschienen ist. Wir warten auf ihn, den Heilsbringer. Ihr aber sollt lernen, euch zu solchen und auch allen anderen Fragen frei zu äußern…«
    Henri betrat das mit leuchtend roten Fliesen ausgelegte Hauptgebäude. Hier herrschte ein unbeschreibliches Durcheinander. Schüler und Lehrer, die nur

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