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Wilsberg 13 - Wilsberg isst vietnamesisch

Wilsberg 13 - Wilsberg isst vietnamesisch

Titel: Wilsberg 13 - Wilsberg isst vietnamesisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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I
    Vor dem Bürofenster glitten riesige Schneeflocken wie Surfbretter durch die Luft. Einige retteten sich auf einen kahlen Baum, die meisten starben den schnellen Wärmetod auf der Straße. Einige Monate früher hätte ich dem Anblick vielleicht noch etwas abgewinnen können, aber Mitte April waren null Grad und Schnee einfach nicht das richtige Wetter. Immerhin passte es gut zu meiner Stimmung, denn das Detektivbüro Wilsberg & Partner steckte in einer Existenzkrise. Seit Wochen wartete ich auf neue Aufträge, die Umsatzentwicklung meiner kleinen Firma war mindestens so dramatisch wie der Kursverlauf der Internet-Aktien am Neuen Markt. Doch statt eine Gewinnwarnung an die Aktionäre herauszugeben, genügte mir ein Kopfschütteln auf die entsprechende Frage meines Sachbearbeiters bei der Sparkasse. Von Mal zu Mal legte er die Stirn in nachdrücklichere Falten und ich fürchtete, seine Geduld würde nicht endlos anhalten.
    Rechts von mir fiel eine Serie von Schüssen, begleitet von dumpfen Kehllauten, mit denen Zombies ihr Leben aushauchten. Franka machte am Computer Jagd auf Monster, die eine Stadt in ihre Gewalt gebracht hatten. Pfützen von grünem Blut ergossen sich auf dem Bildschirm.
    »Das ist ja ekelhaft«, sagte ich, womit ich nicht nur das Computerspiel meinte.
    »Man gewöhnt sich dran.« Franka schoss erneut. »Es geht allein um Reaktionsschnelligkeit.«
    Da es nichts zu tun gab, konnte ich auch Franka nicht beschäftigen. Sie war aus reiner Gewohnheit vorbeigekommen, um sich die Zeit zwischen zwei Seminaren am Computer zu vertreiben.
    »Hör mal ...«, begann ich.
    »Warum machst du nicht Werbung?«, unterbrach sie mich.
    »Soll ich Handzettel auf der Ludgeristraße verteilen: Privatdetektiv, günstig zu beauftragen ?«
    Ein Zombie biss dem schießwütigen virtuellen Helden ins Bein, Franka hatte das Spiel verloren. Sie schloss das Fenster und klickte ins Hauptmenü zurück.
    »Immer noch besser, als hier rumzusitzen und vor Langeweile zu sterben.«
    »Das Wetter geht mir auf den Geist.«
    »Natürlich, das Wetter ist an allem schuld.«
    »Schnee im April ist einfach nicht normal.«
    »Georg!« Franka schaute mich eindringlich an. »Wenn du nicht bald etwas unternimmst, geht das Detektivbüro den Bach runter.«
    »Das weiß ich doch selbst. Ich ...«
    »Was?«
    »... habe mir noch Zeit bis Ende des Monats gegeben. Dann such ich mir einen anderen Job.«
    »Als was?«
    »Ich könnte Sigi fragen, ob sie mich wieder in ihrer Security Check beschäftigt. Oder als Kaufhausdetektiv arbeiten.«
    »Das ist nicht dein Ernst?«
    »Franka, auf meinem Konto herrscht absolute Ebbe. Und das ist noch eine sehr beschönigende Darstellung.«
    Das Dingdong der Büroglocke ertönte. Es gab zwei Klingeln an der Haustür, eine fürs Büro und eine für meine Privatwohnung, die die hinteren Räume der Altbauwohnung im münsterschen Kreuzviertel einnahm. Aber es war eindeutig die Büroglocke, die sich gemeldet hatte. Wir schauten uns an.
    »Ein Klient«, sagte Franka. »Willst du nicht aufmachen?«
    Ich seufzte und stemmte mich aus dem Ledersessel. »Das ist bestimmt nur der Gerichtsvollzieher.«
    Auf dem Weg zur Tür drehte ich mich um. »Für alle Fälle ...«
    »Alles klar«, sagte Franka. »Hektische, betriebsame Atmosphäre.«
    Ich öffnete die Tür. Die Frau, die mir gegenüberstand, sah nicht aus wie die schöne, gewissenlose, reiche Witwe, von der wir Privatdetektive träumen. Sie trug eine schäbige Lederjacke und die Spitzen ihrer nassen, strähnigen Haare zeugten von einer lange zurückliegenden Blondfärbung. Außerdem waren die Pupillen ihrer Augen zu groß, selbst für einen verschneiten Apriltag.
    Sie warf die Haare mit einer Kopfbewegung auf den Rücken. »Wilsberg?«
    »Der bin ich.«
    »Kann ich reinkommen?«
    »Gerne.« Ich trat einen Schritt zur Seite und wies ihr den Weg ins Büro.
    Franka hatte den Telefonhörer zwischen Schulter und Kinn geklemmt und machte eifrig Notizen. »Ja, ich werde es ihm sagen. Herr Wilsberg ist zurzeit sehr beschäftigt, wir haben noch einige andere Aufträge. Sicher, wie Sie wünschen.« Franka legte auf. »Herr S. aus D. wünscht einen Zwischenbericht.«
    »Sobald ich dazu komme«, gab ich generös zur Antwort.
    »Das ist meine Mitarbeiterin, Franka Holtgreve«, stellte ich vor, während ich der Unbekannten den Besucherstuhl zurechtrückte.
    Die Frau nickte nur. Unsere kleine Büronummer schien sie nicht sonderlich zu beeindrucken.
    Ich ließ mich wieder auf dem drehbaren

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