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Die Violine des Teufels

Die Violine des Teufels

Titel: Die Violine des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Gelinek
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hatte. Es drohte Regen, und alle Welt schien beschlossen zu haben, an diesem Abend mit dem Auto zu fahren.
    »Der Konzertmeister ist der Erste Geiger«, erklärte Gregorio, peinlich berührt davon, wie unflätig sein Vater am Steuer werden konnte. »Der heißt eben Konzertmeister, frag mich nicht, wieso. Er ist so eine Art Gehilfe des Dirigenten. Sobald alle Musiker da sind, kommt er oder sie – oft ist es nämlich eine Frau – und bekommt dann einen Applaus von uns.«
    »Und dann?«
    »Der Konzertmeister lässt die Oboe das A spielen, nach dem das ganze Orchester seine Instrumente stimmt. Es ist ein sehr langgezogener Ton und klingt so: aaaaaaa. «
    »Also auch ein Applaus für die Oboe, ja?«
    »Nein, Papa. Die Oboe bekommt keinen Applaus.«
    »Der Konzertmeister, der nichts tut, bekommt einen Applaus, aber die Oboe, die einen Ton spielt, nicht. Bist du sicher?«
    »Papa, bitte!«, sagte der Junge, dem die Bemerkungen seines Vaters auf die Nerven gingen. »Zum zweiten Mal klatscht man vor Konzertbeginn, wenn der Dirigent auftritt. Heute Abend kommt er alleine auf die Bühne, weil das Orchester zuerst die Mozart-Ouvertüre spielen muss. Er wird das ganze Orchester aufstehen lassen, damit die Musiker den Beifall mit ihm teilen. Dann wird er uns den Rücken zudrehen, und die Musik fängt an.«
    »Wie lange dauert diese Ouvertüre?«, fragte Perdomo, den die Vorstellung schreckte, er könnte sich von der ersten Minute an langweilen.
    »Keine Angst, sie wird dir gefallen. Es ist sehr fröhliche Musik, wie für eine Komödie. Wenn die Ouvertüre vorbei ist, klatschen wir, und der Dirigent verlässt kurz die Bühne. Aber er kommt gleich wieder zurück, mit Ane Larrazábal, für das Konzert von Paganini. An der Stelle tosender Applaus, Ane hat ihn wirklich verdient, sie ist ein Megacrack. «
    »Das muss sie wohl sein, wenn man bedenkt, was die Karten gekostet haben.«
    »Die ist der Wahnsinn, Papa, dein Geld ist gut angelegt. Mein Lehrer sagt, hier in Spanien wissen wir sie nicht richtig zu schätzen, aber wenn wir in Frankreich oder Deutschland wären, wäre schon längst eine Straße nach ihr benannt.«
    »Was muss ich sonst noch wissen, damit ich nicht ins Fettnäpfchen trete? Bin ich richtig angezogen?«
    »Ganz okay. Die Kanone hast du zu Hause gelassen?«
    »Logisch. Für wen hältst du deinen Vater, für Billy the Kid?«
    »Und das Handy ist natürlich aus.«
    »Das brauchst du mir nicht zu sagen.«
    »Während der Musik wird nicht geklatscht. Auch wenn dir eine Passage sehr gefällt, und du wirst schon sehen, was für eine tolle Kadenz Ane heute Abend hinlegt, wag nicht mal, zu atmen. Keine Feuerzeuge, keine Luftsprünge, kein Taktklopfen mit den Füßen.«
    »Was ist die Kadenz, mein Sohn? Mach mir keine Angst.«
    »Das ist der Teil, in dem das Orchester die Geigerin allein spielen lässt, damit sie mit besonders schwierigen Passagen glänzen kann. Komm bloß nicht auf die Idee, am Ende der Kadenz zu klatschen, auch wenn du hin und weg bist.«
    Perdomo schwieg und versuchte, Gregorios Anweisungen zu verinnerlichen. Dann sagte er: »Mir ist schleierhaft, wie diese Welt einem Sohn von mir so gefallen kann. Dass man immer weiß, wann was passiert, überzeugt mich nicht. Bei einem Rockkonzert weiß man nie, was die Musiker spielen werden, alles ist von Anfang an eine Überraschung.«
    »Papa, bei vielen Rockkonzerten weiß man nicht mal dann, was sie spielen, wenn die Musik angefangen hat.«
    Vater und Sohn verstummten, vielleicht, weil sie immer weniger Hoffnung hatten, einen Parkplatz zu finden. Plötzlich richtete Gregorio sich auf und sagte: »Stell ihn da hinter den Glascontainer!«
    »Das ist verboten. Fahren wir lieber ins Parkhaus.«
    »Das Parkhaus ist total weit weg, und gleicht fängt es an zu regnen. Park da.«
    »Das geht nicht, Gregorio. Da bekomme ich mit Sicherheit ein Knöllchen.«
    »Nein, Papa, da bekommt man nie ein Knöllchen.«
    »Woher weißt du das?«
    Als Perdomo merkte, dass sein Sohn mit der Antwort zögerte, sah er ihn an: Seine Miene hatte sich verändert, seine Augen waren feucht.
    »Woher weißt du, dass man da nie ein Knöllchen bekommt?«, fragte Perdomo erneut.
    »Weil Mama da immer geparkt hat. Sie hat es immer ›mein Versteck‹ genannt.«

3
    M aestro Agostini betrachtete den Teufelskopf an Ane Larrazábals Violine eingehend, nicht so sehr, weil die Schnecke überhaupt umgestaltet worden war – manche Geiger bevorzugten eben ein persönliches Motiv für die Krönung des

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