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Die volle Wahrheit

Die volle Wahrheit

Titel: Die volle Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Zeitschrift herausbringen. Ich meine… was trägt der moderne Zwerg in dieser Saison?«
    »Kettenhemd und Leder«, sagte Gutenhügel verwirrt. »Wovon redest du da? Wir tragen immer Kettenhemd und Leder!«
    Sacharissa hörte nicht auf ihn. Sie und William weilten in einer eigenen Welt, begriff Gutenhügel. In einer Welt, die mit der Realität nichts mehr zu tun hatte.
    »Es scheint mir ein wenig wie Verschwendung«, sagte William. »Eine Verschwendung von Worten, meine ich.«
    »Warum? An Worten herrscht nie Mangel.« Sacharissa klopfte ihm behutsam auf die Wange. »Glaubst du etwa, Worte zu schreiben, die ewig währen? So funktioniert das nicht. Was die Zeitung betrifft… Sie enthält Worte für einen Tag. Vielleicht auch für eine Woche.«
    »Und dann wirft man sie weg«, sagte William.
    »Möglicherweise haben einige länger Bestand. In den Köpfen der Leute.«
    »Aber das ist nicht der Ort, wo das Papier endet«, meinte William. »Ganz im Gegenteil.«
    »Was hast du erwartet? Dies sind keine Bücher, sondern Worte, die… kommen und gehen. Kopf hoch.«
»Es gibt da ein Problem«, sagte William.
    »Ja?«
    »Wir haben nicht genug Geld für eine neue Presse. Unser Schuppen ist niedergebrannt. Wir sind ruiniert. Verstehst du?«
    Sacharissa blickte zu Boden. »Ja«, erwiderte sie leise. »Ich hatte gehofft, dass du nicht zu dieser Erkenntnis kommst.«
    »Und wir hätten es fast geschafft. Fast .« William holte sein Notizbuch hervor. »Ein echter Knüller. Ich habe nahezu alles herausgefunden. Jetzt bleibt mir nichts anderes übrig, als diesen Kram Mumm zu geben…«
    »Wo ist das Blei?«
    William blickte über die Trümmer hinweg. Boddony kniete vor der dampfenden Presse und versuchte, unter sie zu blicken.
»Das Blei ist verschwunden !«, brachte er hervor.
    »Es muss irgendwo sein«, erwiderte Gutenhügel. »Ich habe noch nie erlebt, dass zwanzig Tonnen Blei einfach aufstehen und weggehen.« »Vermutlich ist es geschmolzen«, sagte Boddony. »Hier liegen einige Tropfen auf dem Boden…«
    »Der Keller«, sagte Gutenhügel und griff nach einem halb verbrannten Balken.
    »Ich helfe dir.« William kam um den angesengten Schreibtisch herum. »Derzeit habe ich ohnehin nichts Besseres zu tun…«
    Er griff nach dem Durcheinander aus verkohltem Holz, zog…
    Herr Nadel kam wie ein Dämonenkönig aus der Tiefe empor. Rauch strömte von ihm, und er gab einen langen, schrillen Schrei von sich. Er stieg noch weiter auf, stieß Gutenhügel mit einem Schwinger beiseite und schloss dann beide Hände um Williams Hals, während ihn sein Sprung noch weiter nach oben trug.
    William kippte nach hinten, fiel auf den Schreibtisch und spürte stechenden Schmerz, als sich ihm etwas in den Arm bohrte. Doch dies war nicht der geeignete Zeitpunkt, um über Schmerz nachzudenken, den er bereits empfunden hatte. Weitaus größere Bedeutung hatte die Pein, die ihm unmittelbar bevorstand. Das Gesicht des Wesens war nur wenige Zentimeter von ihm entfernt: Weit aufgerissene Augen starrten durch William hindurch und sahen etwas Schreckliches, während sich die Hände noch fester um seinen Hals schlossen.
    Es wäre William nicht im Traum eingefallen, einen so abgedroschenen Ausdruck wie »fest wie ein Schraubstock« zu verwenden, doch als sich sein Bewusstein in einen Tunnel mit roten Wänden verwandelte, sagte sein innerer Lektor: Ja, so würde es sich anfühlen, der starke mechanische Druck…
    Herr Nadel verdrehte die Augen. Sein Schrei verklang. Er wankte zur Seite und krümmte sich dabei zusammen.
    William hob den Kopf und sah, wie Sacharissa zurückwich.
    Der innere Lektor beobachtete das Geschehen interessiert. Sie hat den Mann getreten, sagte er. Und zwar in die… du weißt schon. Äh. Vermutlich liegt es an all dem komisch geformten Gemüse.
    William begriff, dass er die Geschichte vervollständigen musste. Er stand auf und winkte den Zwergen zu, die mit einsatzbereiten Äxten näher kamen.
    »Wartet! Wartet! Hör mal… Bruder Nadel…« Der Schmerz in seinem Arm wurde stärker. William verzog das Gesicht, senkte den Blick und stellte erschrocken fest, dass sich der grässliche Dorn durch seinen Ärmel gebohrt hatte.
    Herr Nadel versuchte, sich auf den jungen Mann zu konzentrieren, der an seinem Arm herumtastete, aber die Schatten erlaubten es ihm nicht. Er war nicht sicher, ob er noch lebte. Das konnte die Erklärung sein! Er musste tot sein! All der Rauch, die schreienden Leute, die Stimmen, die in seinen Ohren flüsterten…

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