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Die Wälder von Albion

Die Wälder von Albion

Titel: Die Wälder von Albion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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abgeschnitten hatten. Soweit er sehen konnte, war alles unangetastet. Er fand auch die Metallplättchen, die außerhalb der römischen Städte als Münzen galten, eine Spange, ein Klappmesser, ein paar kleine Ringe und andere Schmuckstücke, die er bei der Jagd nicht getragen hatte… ach ja, hier war es. Es hatte ihm wenig geholfen! Er warf einen kurzen Blick auf das Pergament mit dem Siegel des Präfekten. Hier würde es ihm keine Sicherheit bieten, sondern ihn eher gefährden. Aber wenn er floh, würde er es unterwegs brauchen.
    Schnell schob er die Sachen wieder in den Beutel. Sein Blick fiel auf den Siegelring an seiner Hand, und er erschrak. Hatten sie den Ring bemerkt? Es war ein Geschenk seines Vaters. Er wollte ihn gerade vom Finger ziehen und in den Beutel stecken, als Cynric wieder erschien. Über seinem Arm hingen Kleider. Gaius war verlegen, denn es mochte aussehen, als habe er sich davon überzeugt, daß man ihm nichts gestohlen hatte.
    Er sagte schnell: »Ich glaube, der Stein am Ring hat sich bei dem Sturz gelöst.« Er tat, als bewege er den grünen Stein etwas hin und her. »Möglicherweise werde ich ihn verlieren.«
    »Das ist römische Arbeit«, sagte Cynric und warf einen kurzen Blick auf den Ring. »Was bedeutet das Siegel?«
    Auf dem Stein waren nur seine Initialen eingraviert und das Wappen der Legion. Gaius war stolz auf den Ring, denn Macellius hatte ihn bei einem Siegelschneider in Londinium bestellt, als Gaius seinen Posten antrat. Gaius schüttelte den Kopf und erwiderte: »Ich weiß nicht. Der Ring ist ein Geschenk.«
    »Das ist ein römischer Ring«, erklärte Cynric und runzelte die Stirn. »Die Römer verkaufen ihren Ramsch von hier bis Caledonien.« Verächtlich fügte er hinzu: »Deshalb kann niemand sagen, woher so ein Ring stammt.«
    Trotz der freundschaftlichen Ungezwungenheit spürte Gaius, daß sein Leben an einem Faden hing. Der alte Druide würde vermutlich die Gastfreundschaft nicht verletzen - soviel wußte Gaius von seiner Mutter und der Amme -, aber wer konnte sagen, was dieser junge Hitzkopf tun würde, wenn er herausfand, daß Gaius ein römischer Offizier war, der vor wenigen Tagen in dieser Gegend Männer für die Bleiminen ausgehoben hatte? Würde er sich an Gaius rächen?
    Schnell holte er einen der Ringe aus dem Beutel.
    »Ich verdanke dir und deinem Vater mein Leben«, sagte er. »Nimmst du dieses Geschenk von mir an? Der Ring ist nicht wertvoll, aber vielleicht erinnert er dich an eine gute Tat.«
    Cynric nahm den Ring. Er paßte nur an seinen kleinen Finger.
    »Cynric, Bendeigids Sohn, dankt dir, Fremder«, sagte er ernst. »Ich kenne deinen Namen nicht und weiß nicht, bei wem ich mich bedanken soll… «
    Das war eine deutliche Anspielung, die Gaius nicht übergehen konnte, wenn er nicht alle Formen der Höflichkeit außer acht ließ. Er hätte Cynric den Namen des Bruders seiner Mutter nennen können, aber der silurische König, der seine Schwester einem Römer zur Frau gegeben hatte, war vielleicht auch in diesem fernen Winkel des britischen Reichs bekannt. Gaius hatte gelernt, sich immer an die Wahrheit zu halten, aber eine kleine Lüge war jetzt vielleicht klüger, als Cynric vor den Kopf zu stoßen.
    »Meine Mutter nannte mich Gawen«, sagte er schließlich. Das entsprach sogar der Wahrheit, denn sein römischer Name Gaius war ihr zu fremd gewesen. »Ich bin in Venta Silurum geboren worden, im Süden. Aber meine Sippe wirst du nicht kennen.«
    Cynric dachte einen Augenblick nach und schob den Ring an den kleinen Finger. Dann schien ihm etwas einzufallen. Er hob den Kopf und sah Gaius eindringlich an.
    »Fliegen Raben um Mitternacht?«
    Gaius staunte sowohl über die Frage als auch über Cynrics Verhalten. Er überlegte, ob der Kelte den Verstand verloren hatte, dann erwiderte er leichthin: »Ich habe noch nie gehört, daß Raben um Mitternacht fliegen. Aber in solchen Dingen weißt du bestimmt besser Bescheid als ich.«
    Sein Blick fiel auf Cynrics Hände, und er sah, daß Cynric die Finger auf eigenartige Weise ineinandergelegt hatte. Plötzlich verstand er die Frage besser. Es mußte das Erkennungszeichen eines der vielen Geheimbünde sein. Meist handelte es sich um religiöse Kulte, wie zum Beispiel die Mithrasanbeter oder die Nazarener. Waren unter den Leuten hier vielleicht Christen? Nein, die Christen hatten als Symbol einen Fisch, nicht den Raben.
    Gaius interessierte sich für solche Dinge grundsätzlich nicht. Offenbar konnte man ihm das ansehen,

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