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Die Wälder von Albion

Die Wälder von Albion

Titel: Die Wälder von Albion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Er verdankte dieser Familie sein Leben. Wenn er die Tochter seines Gastgebers verführte, war das ein schlimmer Frevel. Die römische Ehre und die Stammesgesetze der Sippe seiner Mutter unterschieden sich in dieser Hinsicht nicht. Eilans Unschuld mußte ihm so heilig sein, als wäre sie seine Schwester.
    Heilig…
    Plötzlich begriff er, daß seine Gefühle für sie etwas Heiliges waren. Wenn er sich jetzt nicht beherrschen konnte, dann war vielleicht das Kostbarste in seinem Leben auf immer zerstört - die wahre Liebe zu dieser jungen Frau, die ihm vertraut hatte. Er wartete, bis sich der Sturm, der in ihm tobte, gelegt hatte. Dann richtete er sich auf und sagte: »Du hast recht, das dürfen wir nicht.«
    Gaius staunte, daß er überhaupt sprechen konnte. Noch drängte ihn sein Körper, sie an sich zu ziehen. Aber er spürte auch eine wohltuende Sicherheit, die ihm half, seinen Entschluß in die Tat umzusetzen. Seit dem ersten Augenblick, als er Eilan in Sonnenlicht gehüllt über sich sah, während sie in die Fallgrube blickte, schien dieser Moment vorherbestimmt zu sein.
    Ernst sagte er: »Es würde uns beide ins Unglück stürzen. Aber glaube mir, an dem, was ich für dich empfinde, ist nichts Unehrenhaftes. Eilan, ich liebe dich… ich liebe dich wie ein Mann die Frau liebt, die er heiraten möchte.«
    »Wie ist das möglich?« flüsterte sie und starrte hinunter auf das Feuer. »Du bist ein Fremder. Du hast mich vor zwei Wochen zum ersten Mal gesehen… « Sie zögerte und fragte dann scheu: »Hast du auch von mir geträumt?«
    »Ich bin in einem noch anderen Sinn für dich ein Fremder«, murmelte er tonlos, »aber ich will meine Liebe für dich unter Beweis stellen… « Gaius nahm seinen ganzen Mut zusammen, sah ihr in die Augen und sagte: »Ich lege jetzt mein Leben in deine Hände, Eilan. Ich bin Römer. Ich habe nicht ganz gelogen«, fügte er schnell hinzu. »Meine Mutter hat mich Gawen genannt, aber mein wirklicher Name ist Gaius Macellius Severus Siluricus, und ich schäme mich meiner Herkunft nicht. Meine Mutter war eine Tochter aus dem Herrscherhaus der Silurer, und mein Vater ist in Deva der Lagerpräfekt der zweiten Augusta Legion. Wenn du mich deshalb haßt, dann ruf die Wachen. Sie sollen mich töten, wenn du es willst.«
    Sie wurde rot und wieder blaß. »Ich würde dich nie verraten.«
    Er sah sie eindringlich an.
    Meine Mutter hat mich verraten…
    Doch bereits während er das dachte, wurde ihm bewußt, wie absurd dieser Gedanke war, denn seine Mutter war bestimmt nicht freiwillig gestorben und hatte ihn allein zurücklassen wollen. Aber erst in dieser verzauberten Nacht im Mai, inmitten der festlichen und fröhlichen Menschenmenge, war ihm der schreckliche Schmerz und der Schock bewußt geworden, den er erlitten hatte, als man ihn brutal aus der Welt seiner Kindheit riß und der kalten, eisernen Disziplin eines römischen Militärlagers überließ. Hatte er vielleicht deshalb nie einem römischen Mädchen seine Gefühle offenbaren können, wie er es jetzt bei Eilan tat? Galt seine wahre Liebe dem Volk seiner Mutter, das Eilan verkörperte?
    »Ich muß morgen nach Deva zurück, aber ich schwöre dir, wenn ich mit heiler Haut hier wegkomme, und wenn du einverstanden bist, dann werde ich deinen Vater in allen Ehren um deine Hand bitten!«
    Das Herz schlug ihm bis zum Hals, er hätte ihr noch so viel mehr sagen wollen, aber er brachte kein Wort mehr über die Lippen.
    »Ich bin einverstanden, Gawen… Gaius«, sagte sie nach einem langen Schweigen. Ihre Stimme klang sehr sanft, aber sie wich seinem Blick nicht aus. »Ich glaube, mein Vater wird niemals zulassen, daß ich einen Römer heirate, noch dazu einen Mann, der bei den Legionen dient. Und selbst wenn er es täte, dann würde Ardanos es verbieten, und Cynric… «, sie schlug die Hände vor das Gesicht und murmelte: »Cynric würde dich auf der Stelle töten!«
    »Das würde ihm vielleicht nicht so ohne weiteres gelingen«, erwiderte Gaius, dessen römischer Stolz erwachte. »Ist es wirklich so aussichtslos?« fragte er bekümmert. »Seit wir in Britannien sind, haben einige unserer Offiziere britonische Frauen aus guter Familie geheiratet, um das Bündnis zu festigen. Schließlich bin ich selbst zur Hälfte Britone.«
    »Vielleicht ist so etwas für andere möglich… «, sagte sie, »aber in unserer Familie nicht.«
    »Das Blut meines Vaters und meiner Mutter ist bestimmt ebensogut wie das eurer Familie!«
    Sie schlug die Augen nieder, und

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