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Die Wälder von Albion

Die Wälder von Albion

Titel: Die Wälder von Albion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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verständlich zu machen, direkt vom Stand und dem Inhalt des Bewußtseins des Menschen abhängig war, dessen Stimme es sich bediente. Eine unwissende Frau, ganz gleich wie empfänglich sie für das Wirken der geistigen Ebenen war, konnte nur in schlichten und harmlosen Worten sprechen. Auch aus diesem Grund achteten die Druiden sehr genau darauf, wer zur Hohenpriesterin gewählt und ausgebildet wurde.
    Bestimmt hätte man ihm vorwerfen können, daß er die Stimme der Göttin manipulierte, aber der Druide war der Ansicht, daß er dem Wissen, aus dem das Orakel schöpfte, nur seine besonderen Kenntnisse um die Bedürfnisse des Landes hinzufügte. Gewiß, er tat sein Bestes, um der Stimme der Göttin bestimmte Informationen zu vermitteln, aber es stand der Göttin frei, darüber zu entscheiden, was SIE sagen würde - das heißt, wenn die Göttin wirklich durch die Hohepriesterin sprach.
    »Frieden und Geduld… «, wiederholte Ardanos langsam und eindringlich, »Rom wird fallen, wenn die Götter es wollen, aber nicht durch unsere Schwerter… «

5. Kapitel
    Gaius blickte Dieda und Cynric nach, die in der Menge verschwanden. Er mußte den Wunsch unterdrücken, sie zurückzurufen. Eilan war plötzlich sehr scheu geworden. Sie ließ den Kopf sinken und starrte auf ihre Füße. Er wußte nicht, worüber er sich mit ihr unterhalten sollte. Die Geschichte über die Vergewaltigung der Priesterinnen von Mona hatte ihm etwas von seinem römischen Selbstbewußtsein genommen. Er sah sich nicht mehr als einen der Herren der Welt, wie es dem Selbstverständnis eines Römers entsprach.
    Den Göttern sei Dank, dachte er, daß Cynric nicht ahnt, wer ich bin. Er wurde allerdings das Gefühl nicht los, daß der alte Ardanos ihn durchschaut hatte. Wie auch immer, der alte Druide schien sein Geheimnis gewahrt und ihn nicht verraten zu haben. Aber das war in gewisser Hinsicht noch beunruhigender, denn Gaius wußte, er saß noch immer in der Falle, ohne zu wissen, wann Ardanos oder einer seiner Helfer zum tödlichen Streich ausholen würde.
    Er suchte ein harmloses Gesprächsthema und sagte schließlich: »Erzähl mir mehr darüber, wie euer Stamm Beltane feiert. Die Silurer haben etwas andere Sitten, und ich möchte auf keinen Fall jemanden hier vor den Kopf stoßen.«
    Das war, wie er dachte, eine unverfängliche Methode, um seine Unwissenheit nicht zu verraten.
    Eilan wurde rot. »Ach wirklich?« Sie schien sehr verlegen. »Beltane ist ein sehr altes Fest. Vielleicht haben vor langer Zeit die Stämme es alle auf die gleiche Weise gefeiert. Ardanos sagt, unser Volk hat es mit nach Albion und alle Inseln gebracht, als es hierhergekommen ist. Und ich denke, mein Großvater sollte es eigentlich wissen.«
    »Ja«, stimmte Gaius ihr zu, »er ist schon so alt… Sag mal, glaubst du, dein Großvater ist mit den ersten Schiffen von Gallien hierher gekommen?«
    Sie mußte kichern, und Gaius lachte erleichtert, denn die Spannung zwischen ihnen war plötzlich verflogen.
    »Du hast gesehen, wie sie die heilige Flamme entzünden«, fuhr sie fort. »Heute nacht, wenn die Hohepriesterin erscheint, um das Feuer zu segnen, werden wir sie als die Göttin verehren. Ich weiß nicht, wie es bei den Stämmen im Süden ist, aber im Norden hatten die Frauen in alter Zeit sehr viel mehr Freiheiten als heute. Bevor die Römer kamen, herrschte manchmal eine rechtmäßige Königin über den Stamm. Jetzt liegt die Macht bei der Hohenpriesterin und den Druiden. Deshalb konnte Cartimandua den Briganten Befehle geben, und die Icener standen treu zu Boudicca.«
    Gaius senkte den Kopf. Für die Römer war die blutrünstige Boudicca eine Gestalt, mit der man Kindern Angst machte. In Londinium konnte man immer noch die Brandspuren sehen. Und als die Stadt sich ausbreitete, stießen die Arbeiter bei den Erdarbeiten für Fundamente hin und wieder auf die Skelette der Unglückseligen, die versucht hatten, vor den Horden der plündernden und mordenden Icener zu fliehen. Eilan schien sein Unbehagen nicht zu bemerken, sondern erzählte unbekümmert weiter.
    »Nur wenn es zum Krieg kam, ernannte die Königin einen Feldherrn, der an der Spitze des Heeres stand. Manchmal war es ihr Bruder und manchmal ihr Gefährte. Aber wer es auch sein mochte, die Auszeichnung brachte ihm bei dem Stamm nur wenig Befugnisse und Privilegien ein. Die Königin regierte ohne Einschränkung ihrer Macht.«
    Als Gaius verständnislos den Kopf schüttelte, erklärte Eilan energisch: »Du kannst sagen, was

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