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Die Wahlverwandtschaften

Die Wahlverwandtschaften

Titel: Die Wahlverwandtschaften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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die Bewohner vor ihren Häusern versammelt; sie standen nicht in Reihen, sondern familienweise natürlich gruppiert, teils, wie es der Abend forderte, beschäftigt, teils auf neuen Bänken ausruhend.
    Es ward ihnen angenehmen Pflicht gemacht, wenigstens jeden Sonntag und Festtag diese Reinlichkeit, diese Ordnung zu erneuern.
    Eine innere Geselligkeit mit Neigung, wie sie sich unter unseren Freunden erzeugt hatte, wird durch eine größere Gesellschaft immer nur unangenehm unterbrochen.
    Alle vier waren zufrieden, sich wieder im großen Saale allein zu finden; doch ward dieses häusliche Gefühl einigermaßen gestört, indem ein Brief, der Eduarden überreicht wurde, neue Gäste auf morgen ankündigte.
    »Wie wir vermuteten«, rief Eduard Charlotten zu; »der Graf wird nicht ausbleiben, er kommt morgen«.
    »Da ist also auch die Baronesse nicht weit«, versetzte Charlotte.
    »Gewiß nicht!« antwortete Eduard;» sie wird auch morgen von ihrer Seite anlangen.
    Sie bitten um ein Nachtquartier und wollen übermorgen zusammen wieder fortreisen«.
    »Da müssen wir unsere Anstalten beizeiten machen, Ottilie! « sagte Charlotte.
    »Wie befehlen Sie die Einrichtung?« fragte Ottilie.
    Charlotte gab es im allgemeinen an, und Ottilie entfernte sich.
    Der Hauptmann erkundigte sich nach dem Verhältnis dieser beiden Personen, das er nur im allgemeinsten kannte.
    Sie hatten früher, beide schon anderwärts verheiratet, sich leidenschaftlich liebgewonnen.
    Eine doppelte Ehe war nicht ohne Aufsehn gestört; man dachte an Scheidung.
    Bei der Baronesse war sie möglich geworden, bei dem Grafen nicht.
    Sie mußten sich zum Scheine trennen, allein ihr Verhältnis blieb; und wenn sie Winters in der Residenz nicht zusammen sein konnten, so entschädigten sie sich Sommers auf Lustreisen und in Bädern.
    Sie waren beide um etwas älter als Eduard und Charlotte und sämtlich genaue Freunde aus früher Hofzeit her.
    Man hatte immer ein gutes Verhältnis erhalten, ob man gleich nicht alles an seinen Freunden billigte.
    Nur diesmal war Charlotten ihre Ankunft gewissermaßen ganz ungelegen, und wenn sie die Ursache genau untersucht hätte: es war eigentlich um Ottiliens willen.
    Das gute, reine Kind sollte ein solches Beispiel so früh nicht gewahr werden.
    »Sie hätten wohl noch ein paar Tage wegbleiben können«, sagte Eduard, als eben Ottilie wieder hereintrat, »bis wir den Vorwerksverkauf in Ordnung gebracht.
    Der Aufsatz ist fertig, die eine Abschrift habe ich hier; nun fehlt es aber an der zweiten, und unser alter Kanzellist ist recht krank«.
    Der Hauptmann bot sich an, auch Charlotte; dagegen waren einige Einwendungen zu machen.
    »Geben Sie mirs nur!« rief Ottilie mit einiger Hast.
    »Du wirst nicht damit fertig«, sagte Charlotte.
    »Freilich müßte ich es übermorgen früh haben, und es ist viel«, sagte Eduard.
    »Es soll fertig sein«, rief Ottilie und hatte das Blatt schon in den Händen.
    Des andern Morgens, als sie sich aus dem obern Stock nach den Gästen umsahen, denen sie entgegenzugehen nicht verfehlen wollten, sagte Eduard: »wer reitet denn so langsam dort die Straße her?« Der Hauptmann beschrieb die Figur des Reiters genauer.
    »So ist ers doch«, sagte Eduard; »denn das Einzelne, das du besser siehst als ich, paßt sehr gut zu dem Ganzen, das ich recht wohl sehe.
    Es ist Mittler.
    Wie kommt er aber dazu, langsam und so langsam zu reiten?« Die Figur kam näher, und Mittler war es wirklich.
    Man empfing ihn freundlich, als er langsam die Treppe heraufstieg.
    »Warum sind Sie nicht gestern gekommen?« rief ihm Eduard entgegen.
    »Laute Feste lieb ich nicht«, versetzte jener.
    »Heute komm ich aber, den Geburtstag meiner Freundin mit euch im stillen nachzufeiern«.
    »Wie können Sie denn soviel Zeit gewinnen?« fragte Eduard scherzend.
    »Meinen Besuch, wenn er euch etwas wert ist, seid ihr einer Betrachtung schuldig, die ich gestern gemacht habe.
    Ich freute mich recht herzlich den halben Tag in einem Hause, wo ich Frieden gestiftet hatte, und dann hörte ich, daß hier Geburtstag gefeiert werde.
    ›Das kann man doch am Ende selbstisch nennen,‹ dachte ich bei mir, ›daß du dich nur mit denen freuen willst, die du zum Frieden bewogen hast.
    Warum freust du dich nicht auch einmal mit Freunden, die Frieden halten und hegen?‹
    Gesagt, getan!
    Hier bin ich, wie ich mir vorgenommen hatte«.
    »Gestern hätten Sie große Gesellschaft gefunden, heute finden Sie nur kleine«, sagte Charlotte.
    »Sie finden den

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