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Die Welfenkaiserin

Titel: Die Welfenkaiserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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könne sie sich also nicht freisprechen. Sie, die in einem Fass in die Saône geworfen worden war, nachdem sie die Frauen der Ratgeber Kaiser Lothars unter Irmingards Vorsitz als Hexe und Giftmischerin zum Tode verurteilt hatten.
    »Doch der Böttcher war einer meiner Freunde und hatte das Fass so gestaltet, dass ich mich von innen befreien konnte. Trotzdem wäre ich beinahe ertrunken, denn ich bin des Schwimmens unfähig. Aber der Herr hat sich meiner erbarmt und mich ans Ufer geschwemmt, wo gute Leute meiner harrten und mich aus dem Wasser zogen. Du verstehst jetzt, Gerswind, weshalb ich unerkannt bleiben muss. Käme Lothar oder anderen zu Ohren, dass ich überlebt habe, würde das erst recht als Beweis für meine Hexerei angesehen werden.«
    Ein Schauer lief Gerswind über den Rücken. Unter Karl dem Großen war Hexerei auch nicht sonderlich gut gelitten gewesen, aber niemand hatte deswegen um sein Leben fürchten müssen. Dafür musste erst ein Kaiser kommen, der seinen Namen mit Frömmigkeit verband; ein Kaiser, der sich nicht um das Wohl von Mensch und Rosa canina in seinem Reich gekümmert hatte, sondern gegen seine Söhne zu Felde gezogen war. Die später ihrerseits eine blutige Schlacht gegeneinander als Gottesurteil verstanden hatten. Den Menschen, dachte sie, die am lautesten schreien, sie kämpften mit Gott an ihrer Seite, bleibt wohl keine andere Wahl, als Stimme und Waffen zu erheben. Ahnend, wie fern ihnen der Herr wirklich steht, rufen sie laut seinen Namen, und wenn sie ihn in sich selbst nicht finden und sich somit nicht erhört sehen, nehmen sie in seinem Namen Zuflucht zu Gewalt.
    »Es ist kalt geworden«, sagte sie und erhob sich mühsam. Sie griff zu dem Stock, den sie für beschwerliches Aufstehen neben der Bank aufbewahrte.
    »Warte, ich helfe dir.« Die nur wenig jüngere Frau ließ den eigenen Wanderstab liegen und reichte ihr den Arm. Es war lange her, dass sich Gerswind bei einem anderen Menschen eingehängt hatte, und es fühlte sich gut an. Gerberga empfand das Gleiche, und als sie die Hütte betrat, war ihr, als sei sie nach einer langen gefahrvollen Reise heil heimgekehrt.
    Gerswind machte sich sofort am Herdfeuer zu schaffen.
    »Natürlich bleibst du hier«, sagte sie, als hätte ihre Besucherin eine Frage gestellt. Sie warf etwas Reisig auf die Glut und reichte Gerberga den Blasebalg. »Ich gebe dich als meine Schwester aus, als Widukinds verlorene Tochter. Was hältst du von dem Namen Linde?«
    »Ich danke dir, Gerswind«, erwiderte Gerberga, und das Geräusch des Blasebalgs klang wie ein erleichterter Seufzer, »und ich werde dir nicht zur Last fallen. Jeder Name ist mir recht.«
    »Als Linde habe ich hier auch einst gelebt«, sagte die weißhaarige Frau. »Bevor ich so vermessen war, Ludwig zu verfluchen.« Sie starrte auf die Feuerstelle, an der sie ein Vierteljahrhundert zuvor den Dämon des Rings herbeizitiert hatte. »Ich habe genauso unentschuldbar gehandelt wie meine Mutter Geva. Die hatte einst Karl den Großen verflucht. Er solle ohne seine Kinder alt werden. Es brach ihm das Herz, als ihm die meisten dann auch tatsächlich verstorben sind.«
    »Ludwig nicht«, erwiderte Gerberga.
    »Karl wusste, dass Ludwig keinen guten Kaiser abgeben würde. Aber er war Judith ein guter Ehemann. Dafür ehre ich ihn und bete für seine arme, verirrte Seele«, sagte Gerswind und setzte flüsternd hinzu: »Hutz, hutz.«
    Der Morgen dämmerte bereits, als Gerberga endlich auf Ruadberns Auftrag zu sprechen kam.
    »Judith hat der Abtei Sankt Martin in Tours ihre dortigen Güter überschrieben. Karl der Kahle hat von ihrem Letzten Willen Kenntnis erhalten, es aber auch jetzt, nach zwei Jahren, nicht für nötig befunden, ihn auszuführen.«
    »Wie könnte ausgerechnet ich ihn dazu bringen?«, fragte Gerswind ratlos.
    »Indem du ihm das zerlöcherte Herz aus dem Planetentisch als Andenken an seine Mutter zukommen lässt. Durch Abt Markward. Auf den hört er.«
    Gerswind vergaß ihre Müdigkeit, griff zu der Scheibe, die vor ihnen auf dem Tisch lag und eilte zur Tür.
    »Wenn ich mich spute, schaffe ich es noch vor dem Morgengebet!«
    Sie lehnte Gerbergas Begleitung ab und schlug der neuen Freundin vor, sich endlich zur Ruhe zu begeben. Diesen Weg wollte sie allein beschreiten. Das Herz schien ihr überzugehen bei dem Gedanken, doch noch etwas für ihre geliebte Nichte Judith tun, vielleicht ein winziges Stück ihrer ungeheuren Schuld abtragen zu können.
    Sie begegnete Abt Markward auf seinem

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