Mord in Babelsberg
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FREITAG, 4. JUNI 1926
»So etwas wie diesen Wagen hat es noch nie gegeben«, sagte Kriminalrat Ernst Gennat begeistert und beugte seinen massigen Körper über den großen Tisch im Besprechungszimmer der Inspektion A. »Ich habe ihn selbst entworfen, meine Herren, und die Firma Benz wird den Wagen nach unseren Anforderungen konstruieren. Auf der Polizeiausstellung im September werden wir ihn den Besuchern präsentieren.«
Die Kollegen betrachteten bewundernd die Konstruktionszeichnungen, die der Leiter der Zentralen Mordinspektion vor ihnen ausgebreitet hatte.
»Als Grundlage dient eine Limousine 16/50 PS der Firma Benz«, verkündete Gennat stolz. Er deutete mit einem dicken Finger auf die Einzelheiten. »Das Innere lässt sich bei Bedarf in ein Büro umwandeln. Zwei versenkbare Tische, ein Platz für die Stenotypistin, Klappstühle und Klapptisch, wenn wir draußen arbeiten müssen.«
»Wie sieht es mit der Kriminaltechnik aus?«, erkundigte sich Leo Wechsler.
»Keine Sorge, das habe ich alles bedacht. Die Ausstattung für die Spurensicherung wird ebenso untergebracht wie Werkzeuge, Spaten, Scheren und die Ausrüstung für Messarbeiten. Gummischürzen und -handschuhe. Behälter für die Aufbewahrung von Beweisstücken. Alles, was wir am Tatort benötigen. Bedenken Sie, wie viel Zeit wir im Einsatz sparen, wenn wir wichtige Untersuchungen sofort durchführen können.«
Sein Stellvertreter Dr. Ludwig Werneburg pfiff durch die Zähne. »Das ist beeindruckend, Herr Gennat.«
Gennat lächelte zufrieden. »Natürlich werden andere nachziehen, wenn wir damit Erfolg haben. Aber wir können immerhin von uns behaupten, dass wir die Ersten waren, die ein solches Automobil entwickelt haben.«
»Schade, dass wir den Wagen erst nach der Ausstellung einsetzen können«, sagte Leo mit einem anerkennenden Blick auf die Pläne. Heute Abend würde er Georg davon erzählen, sein Sohn interessierte sich brennend für alles, was mit Autos zu tun hatte. Nachmittags drückte er sich gern in einer benachbarten Werkstatt herum und sah den Mechanikern bei der Arbeit zu. Vermutlich hatte er sogar ein Zigarettenbild dieser Limousine in seinem Sammelalbum.
»Meine Herren, ich möchte, dass unsere Abteilung die beste Mordinspektion Deutschlands wird«, verkündete Gennat und blickte in die Runde. »Der Anfang ist gemacht. Seit der Neuorganisation läuft die Arbeit deutlich besser.«
Zum 1. Januar war auf Gennats Initiative die Zentrale Mordinspektion eingerichtet worden, die von ihm selbst geleitet wurde. Man hatte mehrere neue Dienststellen geschaffen, darunter eine für Vermisstenfälle und unbekannte Tote und eine weitere für die Zentralkartei, in der sämtliche Tötungsdelikte und tödlichen Unfälle registriert wurden. Auf diese Weise wurden endlich alle Fälle erfasst, in denen keine natürliche Todesursache nachgewiesen werden konnte. Gab es Ähnlichkeiten zu einem anderen Fall, die auf einen Mehrfachtäter deuteten, wurden umgehend Ermittlungen eingeleitet. Das war bisher nicht möglich gewesen.
Leo war fasziniert von den neuen Aussichten, die sich für die Aufklärung von Kapitalverbrechen boten. Er hatte Gennat immer geschätzt, doch sein Vorgesetzter war ein ungewöhnlich bescheidener Mensch, der lange auf die verdiente Beförderung gewartet hatte. Seit dem vergangenen Jahr warer Kriminalrat, ein Dienstgrad, der dem legendären Ermittler längst zugestanden hätte.
»Bevor wir uns nun ein Stück Kuchen genehmigen, wie es bei mir Sitte ist«, fuhr Gennat fort, »möchte ich eine weitere Veränderung ankündigen. Der Kollege Wechsler übernimmt mit sofortiger Wirkung die Leitung der Reserve A 1.«
Leo sah ihn überrascht an. In den letzten Monaten hatte er in der Aktiven Mordkommission unter Gennat gearbeitet, in einer großen Gruppe, zu der sechs bis zwölf Kriminalbeamte, eine Stenotypistin und weitere Kollegen gehörten.
»Gucken Sie nicht so, Wechsler«, sagte Gennat grinsend. »Das ist keine Degradierung, ganz im Gegenteil. Sie haben in einer kleinen Gruppe immer besonders gut gearbeitet und sind schon lange Kommissar. Es wird Zeit, Sie auf neue Aufgaben vorzubereiten.«
Die Beförderung zum Oberkommissar, dachte Leo erfreut. Eigentlich hatte er gern mit den Kollegen Walther, Berns und Sonnenschein zusammengearbeitet, sie waren ein verschworener Kreis gewesen, in dem jeder die Macken und Stärken der anderen kannte. Berns war kürzlich pensioniert worden, doch Leo hoffte, die beiden anderen in seiner Kommission
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