Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)
nothwendige Harmonie hervorgeht, die übrige thierische und erkenntnißlose Natur abbilden. Doch davon an seinem Orte, wo es nicht mehr so paradox klingen wird. – Wir finden aber auch jene innere , von der adäquaten Objektität des Willens unzertrennliche Nothwendigkeit der Stufenfolge seiner Erscheinungen, in dem Ganzen dieser selbst, durch eine äußere Nothwendigkeit ausgedrückt, durch diejenige nämlich, vermöge welcher der Mensch zu seiner Erhaltung der Thiere bedarf, diese stufenweise eines des andern, dann auch der Pflanzen, welche wieder des Bodens bedürfen, des Wassers, der chemischen Elemente und ihrer Mischungen, des Planeten, der Sonne, der Rotation und des Umlaufs um diese, der Schiefe der Ekliptik u.s.f. – Im Grunde entspringt dies daraus, daß der Wille an sich selber zehren muß, weil außer ihm nichts da ist und er ein hungriger Wille ist. Daher die Jagd, die Angst und das Leiden.
Wie die Erkenntniß der Einheit des Willens, als Dinges an sich, in der unendlichen Verschiedenheit und Mannigfaltigkeit der Erscheinungen, allein den wahren Aufschluß giebt über jene wundersame, unverkennbare Analogie aller Produktionen der Natur, jene Familienähnlichkeit, die sie als Variationen des selben, nicht mitgegebenen Themas betrachten läßt; so wird gleichermaaßen durch die deutlich und tief gefaßte Erkenntniß jener Harmonie, jenes wesentlichen Zusammenhanges aller Theile der Welt, jener Nothwendigkeit ihrer Abstufung, welche wir soeben betrachtet haben, sich uns eine wahre und genügende Einsicht öffnen in das innere Wesen und die Bedeutung der unleugbaren Zweckmäßigkeit aller organischen Naturprodukte, die wir sogar a priori bei der Betrachtung und Beurtheilung derselben voraussetzen.
Diese Zweckmäßigkeit ist doppelter Art: theils eine innere , d.h. eine so geordnete Uebereinstimmung aller Theile eines einzelnen Organismus, daß die Erhaltung desselben und seiner Gattung daraus hervorgeht, und daher als Zweck jener Anordnung sich darstellt. Theils aber ist die Zweckmäßigkeit eine äußere , nämlich ein Verhältniß der unorganischen Natur zu der organischen überhaupt, oder auch einzelner Theile der organischen Natur zu einander, welches die Erhaltung der gesammten organischen Natur, oder auch einzelner Thiergattungen, möglich macht und daher als Mittel zu diesem Zweck unserer Beurtheilung entgegentritt.
Die innere Zweckmäßigkeit tritt nun folgendermaaßen in den Zusammenhang unserer Betrachtung. Wenn, dem Bisherigen zufolge, alle Verschiedenheit der Gestalten in der Natur und alle Vielheit der Individuen nicht dem Willen, sondern nur seiner Objektität und der Form dieser angehört; so folgt nothwendig, daß er untheilbar und in jeder Erscheinung ganz gegenwärtig ist, wiewohl die Grade seiner Objektivation, die (Platonischen) Ideen, sehr verschieden sind. Wir können, zu leichterer Faßlichkeit, diese verschiedenen Ideen als einzelne und an sich einfache Willensakte betrachten, in denen sein Wesen sich mehr oder weniger ausdrückt: die Individuen aber sind wieder Erscheinungen der Ideen, also jener Akte, in Zeit und Raum und Vielheit. – Nun behält, auf den niedrigsten Stufen der Objektität, ein solcher Akt (oder eine Idee) auch in der Erscheinung seine Einheit bei; während er auf den hohem Stufen, um zu erscheinen, einer ganzen Reihe von Zuständen und Entwickelungen in der Zeit bedarf, welche alle zusammengenommen erst den Ausdruck seines Wesens vollenden. So z.B. hat die Idee, welche sich in irgend einer allgemeinen Naturkraft offenbart, immer nur eine einfache Aeußerung, wenn gleich diese nach Maaßgabe der äußeren Verhältnisse sich verschieden darstellt: sonst könnte auch ihre Identität gar nicht nachgewiesen werden, welches eben geschieht durch Absonderung der bloß aus den äußeren Verhältnissen entspringenden Verschiedenheit, Eben so hat der Krystall nur eine Lebensäußerung, sein Anschießen, welche nachher an der erstarrten Form, dem Leichnam jenes momentanen Lebens, ihren völlig hinreichenden und erschöpfenden Ausdruck hat. Schon die Pflanze aber drückt die Idee, deren Erscheinung sie ist, nicht mit einem Male und durch eine einfache Aeußerung aus, sondern in einer Succession von Entwickelungen ihrer Organe, in der Zeit. Das Thier entwickelt nicht nur auf gleiche Weise, in einer Succession oft sehr verschiedener Gestalten (Metamorphose), seinen Organismus; sondern diese Gestalt selbst, obwohl schon Objektität des Willens auf dieser Stufe, reicht doch
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