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Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Titel: Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Schopenhauer
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allgemeines Treiben, Schreiben und Reden in Sachen der Philosophie; so darf man zuversichtlich voraussetzen, daß das wirkliche primum mobile , die versteckte Triebfeder solcher Bewegung, aller feierlichen Mienen und Versicherungen ungeachtet, allein reale, nicht ideale Zwecke sind, daß nämlich persönliche, amtliche, kirchliche, staatliche, kurz, materielle Interessen es sind, die man dabei im Auge hat, und daß folglich bloße Parteizwecke die vielen Federn angeblicher Weltweisen in so starke Bewegung setzen, mithin daß Absichten, nicht Einsichten, der Leitstern dieser Tumultuanten sind, die Wahrheit aber gewiß das Letzte ist, woran dabei gedacht wird. Sie findet keine Parteigänger: vielmehr kann sie, durch ein solches philosophisches Streitgetümmel hindurch, ihren Weg so ruhig und unbeachtet zurücklegen, wie durch die Winternacht des finstersten, im starrsten Kirchenglauben befangenen Jahrhunderts, wo sie etwan nur als Geheimlehre wenigen Adepten mitgetheilt, oder gar dem Pergament allein anvertraut wird. Ja, ich möchte sagen, daß keine Zeit der Philosophie ungünstiger seyn kann, als die, da sie von der einen Seite als Staatsmittel, von der andern als Erwerbsmittel schnöde mißbraucht wird. Oder glaubt man etwan, daß bei solchem Streben und unter solchem Getümmel, so nebenher auch die Wahrheit, auf die es dabei gar nicht abgesehn ist, zu Tage kommen wird? Die Wahrheit ist keine Hure, die sich Denen an den Hals wirft, welche ihrer nicht begehren: Vielmehr ist sie eine so spröde Schöne, daß selbst wer ihr Alles opfert noch nicht ihrer Gunst gewiß seyn darf.
    Machen nun die Regierungen die Philosophie zum Mittel ihrer Staatszwecke; so sehn andererseits die Gelehrten in philosophischen Professuren ein Gewerbe, das seinen Mann nährt, wie jedes andere: sie drängen sich also danach, unter Versicherung ihrer guten Gesinnung, d.h. der Absicht, jenen Zwecken zu dienen. Und sie halten Wort: nicht Wahrheit, nicht Klarheit, nicht Plato, nicht Aristoteles, sondern die Zwecke, denen zu dienen sie bestellt worden, sind ihr Leitstern und werden sofort auch das Kriterium des Wahren, des Werthvollen, des zu Beachtenden, und ihres Gegentheils. Was daher jenen nicht entspricht, und wäre es das Wichtigste und Außerordentlichste in ihrem Fach, wird entweder verurtheilt, oder, wo dies bedenklich scheint, durch einmüthiges Ignoriren erstickt. Man sehe nur ihren einhelligen Eifer gegen den Pantheismus: wird irgend ein Tropf glauben, der gehe aus Ueberzeugung hervor? – Wie sollte auch überhaupt die zum Brodgewerbe herabgewürdigte Philosophie nicht in Sophistik ausarten? Eben weil dies unausbleiblich ist und die Regel »Weß Brod ich ess', deß Lied ich sing'« von jeher gegolten hat, war bei den Alten das Geldverdienen mit der Philosophie das Merkmal des Sophisten. – Nun kommt aber noch hinzu, daß, da in dieser Welt überall nichts als Mittelmäßigkeit zu erwarten steht, gefordert werden darf und für Geld zu haben ist, man mit dieser auch hier vorlieb zu nehmen hat. Danach sehn wir denn, auf allen Deutschen Universitäten, die liebe Mittelmäßigkeit sich abmühen, die noch gar nicht vorhandene Philosophie aus eigenen Mitteln zu Stande zu bringen, und zwar nach vorgeschriebenem Maaß und Ziel; – ein Schauspiel, über welches zu spotten beinahe grausam wäre.
    Während solchermaaßen schon lange die Philosophie durchgängig als Mittel dienen mußte, von der einen Seite zu öffentlichen, von der andern zu Privatzwecken, bin ich, davon ungestört, seit mehr als dreißig Jahren, meinem Gedankenzuge nachgegangen, eben auch nur weil ich es mußte und nicht anders konnte, aus einem instinktartigen Triebe, der jedoch von der Zuversicht unterstützt wurde, daß was Einer Wahres gedacht und Verborgenes beleuchtet hat, doch auch irgendwann von einem andern denkenden Geiste gefaßt werden, ihn ansprechen, freuen und trösten wird: zu einem solchen redet man, wie die uns Aehnlichen zu uns geredet haben und dadurch unser Trost in dieser Lebensöde geworden sind. Seine Sache treibt man derweilen ihrer selbst wegen und für sich selbst. Nun aber steht es um philosophische Meditationen seltsamerweise so, daß gerade nur Das, was Einer für sich selbst durchdacht und erforscht hat, nachmals auch Andern zu Gute kommt; nicht aber Das, was schon ursprünglich für Andere bestimmt war. Kenntlich ist Jenes zunächst am Charakter durchgängiger Redlichkeit; weil man nicht sich selbst zu täuschen sucht, noch sich selber hohle

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