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Die Witzekiste

Die Witzekiste

Titel: Die Witzekiste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lentz
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ich halte sie für wahr. 1952 kam die amerikanische Filmschauspielerin Zsa Zsa Gabor nach Deutschland, um einen Film zu drehen. Sie reiste in Begleitung ihres langjährigen Partners, des Diplomaten Porfirio Rubirosa.Vier Wochen vor der Ankunft glich ihr Hotel in Darmstadt einem aufgeregten Bienenstock. Wände wurden eingerissen, Verbindungstüren eingebaut, neue Teppiche, neue Betten – die komplette Ausstattung für eine Königin und ihren Gemahl. Mit einer Ausnahme: Offiziell mussten Zsa Zsa und Rubirosa zwei Einzelzimmer beziehen. Der ganze Aufwand erfüllte drei Zwecke:
dem Gesetz war entsprochen worden;
die Unbescholtenheit des Hotels blieb gewahrt;
und den beiden VIPs wurde die Peinlichkeit erspart, wie wir Normalsterblichen mitten in der Nacht Hotelflure auf und ab laufen zu müssen.
    Doch die Prüderie erstreckte sich weit über Hotelzimmer hinaus.
    Nehmen wir zum Beispiel Kondome. Heute kann man sie überall kaufen, sogar in verschiedenen Farben und Geschmacksrichtungen.
    Damals flüsterte man auf den Apotheker ein, und wenn man zu jung aussah, wurde man gar nicht erst bedient.
    Einer meiner Freunde hat jedes Mal über Stunden Mut aufgetankt, um in die Apotheke zu gehen. Und wenn er von einem Mann oder einer Frau mit strengem Gesichtsausdruck bedient wurde, verlor er seinen ganzen Mut und kaufte stattdessen Aspirin. Sein Sex-Entzug und die darauf folgende Enttäuschung lösten bei ihm schreckliche Kopfschmerzen aus. Sein einziger Trost bestand darin, dass er ein Zimmer voller Aspirin hatte, um die Kopfschmerzen loszuwerden.
    Noch scheinheiliger konnten die Amerikaner sein. Ich erlebte das 1955 während eines Besuches in New York. Da war ich zu einer Petting-Party eingeladen.
    Anfangs dachte ich, es handele sich um eine ganZ normale Party, doch dann entdeckte ich, dass die jungen Leute ihre Eltern mitgebracht hatten. Nachdem alle am Gartengrill ihren Hunger gestillt hatten, saßen die Mamas und die Papas im Halbkreis auf der einen Seite, und die jungen Paare nahmen, ebenfalls im Halbkreis, auf der anderen Seite Platz. Bald darauf wurde es dunkel, und die einzige Lichtquelle war die ersterbende Holzkohlenglut des Grills.
    Als junger Ehemann musste ich mich auf der Elternseite niederlassen und den ganzen Abend einem erheblichen Langweiler zuhören, der mir auseinandersetzte, dass Rasierklingen ewig halten würden, wenn man nur das Rostproblem lösen könnte. Meine Gedanken warenganz woanders, ich quälte meine Augen, um zu erkennen, was auf der stummen Seite des Kreises geschah.
    Ich nehme einmal an, die jungen Leute dort taten alles bis zur Grenze dessen, was sie wirklich tun wollten. Ich hörte leises Stöhnen und Seufzen, aber das laute Geschnatter auf meiner Seite machte es schwierig, Einzelheiten zu unterscheiden.
    Um Mitternacht wurde das Ende der Party verkündet, irgendwer schaltete das Licht ein. Und da sah ich sechzehn derangierte Teenager die Hosen zuknöpfen, Büstenhalter zurechtrücken, Kleider glatt streichen, Lippenstiftspuren abwischen u.s.w.
    Mit Bangen wartete ich auf das große Donnerwetter, aber die Eltern waren glücklich, weil der Anstand bewahrt worden war. Die Prüderie hatte über das Laster gesiegt. Die jungen Leute kehrten über die Maßen frustriert heim, und ich hatte eine Menge nutzloser Informationen über Rasierklingen erhalten.
    Deshalb mag ich den folgenden Witz nicht, der in den fünfziger Jahren die Runde machte:

    Was sagen Mädchen nach einem »Quickie« ?
    Das australische Mädchen sagt: »Ich hoffe, du denkst nicht schlecht von mir.«
    Das deutsche Mädchen sagt: »Das war großartig. Wohin gehen wir essen?«
    Das englische Mädchen sagt: »Fühlst du dich jetzt besser, mein Lieber?«
    Und das amerikanische Mädchen sagt: »Wie war noch mal dein Name?«

    Das amerikanische Mädchen hätte das niemals gefragt. Nicht einmal vorher. Ich höre, die Leute hätten sich geändert – sie seien liberaler geworden. Das mag zutreffen, aber ihre prüden Vorstellungen von Sex haben sich nicht gewandelt. Ein typisches Beispiel ist Hollywood. Fast jeder amerikanische Film enthält eine oder mehrere heiße Liebesszenen, aber wenn man genau hinschaut, sieht man, dass die Schauspieler nie ihre Unterwäsche ausziehen. Wenn alle Amerikaner sich so verhalten, grenzt es an ein Wunder, dass es immer noch vierhundert Millionen von ihnen gibt.

LENTZ/THOMA
1970 – 1979
    Die RAF bombte und nahm Geiseln, Palästinenser überfielen die israelischen Sportler bei den olympischen Spielen in

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