Die Zwillingsschwestern
mitnehmen?
Ich finde, na ja, ich meine, es könnte — wach sein.«
»Ganz
unmöglich«, sagte Bruno mit Überzeugung. »Ich habe ihm heute schon seine Ration
Leuchttoxin gegeben. Er schläft wie ein Vampir am Mittag!«
»Du
denkst auch an alles, Bruno«, sagte sie verzückt. »Du denkst aber auch an
alles!«
»Nun
ja«, sagte er bescheiden. »Ich kann die Werwölfe zwar noch nicht Männchen
machen lassen — aber mit der Zeit...«
Brunhild
beugte sich über den Sarg und zur Kamera hin.
Die
Kamera schwenkte zur Großaufnahme ein und zeigte nur noch ihre Hände, mit denen
sie den Sargdeckel hob. Sie schob ihn auf die Seite, bis er mit einem
gespenstischen Poltern zu Boden fiel. Damit war der Höhepunkt überschritten,
was dann kam, war nur noch Nachspiel.
Im Sarg
lag ein Bursche etwa Ende Dreißig. Ein ganz alltäglich aussehender Mann, der
schon Fett anzusetzen begonnen hatte und dessen Gesichtszüge langsam schwammig
wurden. Er lag friedlich da, die Augen geschlossen, und sah aus, als wollte er
für eine Matratzenfabrik werben.
Bruno
stand noch am Arbeitstisch und plauderte munter über den Fehler, der sich in
die Formel eingeschlichen hatte, als sie das kleine Ungeheuer geschaffen
hatten, aber das paßte ganz und gar nicht zum Inhalt des Sarges.
Dann
schwenkte eine zweite Kamera zur letzten Großaufnahme von Bruno heran, der
seinen Zuschauern eine gute Nacht wünschte. Ich fand, daß die ganze Masche
witzlos war. Aber dann sah ich, daß wenigstens jemand eine Reaktion zeigte.
Brunhild stand am Kopf des Sarges, ihre Augen waren glasig und ihr Körper
stocksteif.
Das
rote Licht an der Kamera ging aus, und die durch den Verstärker dringende
Stimme des Aufnahmeleiters verkündete, daß alles vorüber sei.
»Wunderbar!«
freute sich Bowers und rieb sich die Hände. »Ich glaube, wir haben heute abend
den Beginn einer großen Sache miterlebt, Leutnant!«
»Da
könnten Sie recht haben«, entgegnete ich und ging zum Sarg hinüber.
Brunhild
bewegte sich nicht, als ich den Holzkasten erreichte. Ihr leerer Blick ging
durch mich hindurch. Bruno kam herüber, ein glückliches Lächeln auf den Lippen.
»Ich glaube, das hat eingeschlagen«, lispelte er zufrieden. »Was halten Sie von
unserem kleinen Ungeheuer? Ein Meisterwerk aus Papiermaché.«
Er
streckte beide Hände nach dem Inhalt des Sarges aus, wobei er gleichzeitig
hineinschaute.
»An
Ihrer Stelle würde ich da lieber nicht hinlangen«, murmelte ich. »Diese Leiche
ist nämlich echt.«
Bruno
stand bewegungslos da, während er dem Burschen ins Gesicht starrte. »Aber das
ist doch nicht...« Und dann sah er, was die Kamera nicht gezeigt hatte — den
Einschuß in der Brust und das verkrustete Blut auf dem weißen Hemd. »Blut!«
flüsterte er, dann fiel er in Ohnmacht.
Brunhild
seufzte leise, machte einen wackligen Schritt zurück und brach auf dem Boden
neben ihrem Meister zusammen.
»Was
seid ihr doch für ein Paar schlappschwänziger Ungeheuer!« sagte ich
verächtlich, aber sie hörten mich nicht.
Ein
schriller Schrei ertönte hinten im Studio. Automatisch begann ich, in diese
Richtung zu laufen und prallte mit einem augenrollenden Frauenzimmer
unbestimmbaren Alters zusammen. Sie klammerte sich verzweifelt an die
Aufschläge meines Jacketts. »Dort drinnen!« keuchte sie. »In der
Requisitenkammer. Ein Mädchen. Tot.«
Ich
löste ihre Finger von meinen Rockaufschlägen und betrat den Raum. Man hätte
meinen können, man befände sich im ältesten Trödlerladen der Welt. Auf einem
schäbigen vermessingten Thron saß eine starräugige Blondine. Ich ging hinüber
und berührte leicht ihre Wange. Sie war kalt wie Eis. Charlie Katz würde sich
bald nicht mehr einsam fühlen.
ZWEITES KAPITEL
S heriff
Lavers paffte zufrieden an seiner Pfeife und lehnte sich auf seinem Stuhl
zurück. »Warum beginnen wir denn nicht am Anfang, Wheeler?« fragte er.
»Eine
gute Frage«, gab ich zu. »Damit kommen wir zwar auch nicht weiter — aber gut
ist sie trotzdem.«
»Jemand
hat aus dem Leichenhaus eine Leiche gestohlen«, sagte er. »Dann erhielten Sie
einen anonymen Telefonanruf und die Mitteilung, wo Sie die Leiche finden
würden, und da war sie dann auch.«
»In
einem Fernsehstudio«, sagte ich. »Ich glaube nicht, daß die Leiche so wichtig
ist.«
»Wahrscheinlich
ist sie es für jemanden. Außerdem dürfen Sie nicht vergessen, daß der
Leichenhausverwalter niedergeschlagen wurde«, sagte Lavers, und ein scharfer
Ton bemächtigte sich seiner
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