Die Zwillingsschwestern
nannte!«
»Die
haben eben noch Humor«, nickte Bowers. »Sie gehören zu den zehn reichsten
Frauen im Land. Wußten Sie das schon? Ich bin geschmeichelt, daß Penelope
dieses Studio aussuchte, um ihren Auftritt auszuprobieren.«
»Da
freue ich mich mit Ihnen«, sagte ich. »Warum machte sie sich überhaupt die Mühe
des Aussuchens? Mit ihrem Geld wäre es doch bestimmt einfacher gewesen, das
ganze Studio zu kaufen.«
Aber
Bowers hörte nicht mehr zu. »Da sind sie«, seufzte er dankbar und schaute wieder
auf die Uhr.
Bruno
war ein großer magerer Bursche in einem langen schwarzen Umhang, der ihm bis an
die Knöchel reichte. Die Maskenbildner hatten an seinem Gesicht eine
Meisterleistung vollführt. Sie hatten sein rechtes Auge so überdeckt, daß es
wie eine leere Augenhöhle aussah, während das linke Auge nur in eine Richtung
starrte. Seine Vorderzähne hatte man schwarz gemacht, aber als Ersatz hatte man
ihm zwei hervorstehende Hauer eingesetzt, an jedem Mundwinkel einen, die bis
über die Unterlippe hinabreichten.
Die
letzte und raffinierteste Veränderung war eine sich quer über seinen Hals
hinziehende rote Linie; und senkrecht dazu verlaufende kleine schwarze Striche
deuteten an, daß die Person, die seinen aufgeschlitzten Hals in aller Hast
wieder zusammengenäht hatte, recht nervös gewesen sein mußte, was immerhin
verständlich war. Ich hatte das Gefühl, daß Bruno mir selbst im Normalzustand
nicht gefallen würde.
Brunhild
war das vollkommene und krasse Gegenstück zu ihm. Auf ihrem Kopf ruhte ein
Wikingerhelm, aber den Platz der normalerweise an beiden Seiten herausragenden
Hörner nahmen zwei erstaunlich echt aussehende geballte Fäuste ein. Sie trug so
etwas wie einen Sarong aus weißer Seide, der von ihren Schultern bis an die
Ansätze ihrer Oberschenkel reichte. Um die Taille wurde der Stoff durch eine
rostige Eisenkette, dekoriert mit Riesenzähnen, zusammengehalten. Sie war
rothaarig und besaß exquisit geformte Beine; vielleicht sah sie nett aus, aber
um das festzustellen, hätte man erst ihr Make-up entfernen müssen.
Bowers
schaute wieder auf die Uhr. »Noch eine Minute«, sagte er.
»Wer
ist im Sarg?« fragte ich. »Charlies Tante?«
»Der
Sarg ist nur ein Requisit«, erklärte er ungeduldig. »Bitte Ruhe, Leutnant!«
Und
plötzlich legte sich das Schweigen über das Studio. Bruno nahm seinen Platz
hinter dem Arbeitstisch ein, Brunhild stand neben ihm. Eine Kamera rollte für
die einleitende Großaufnahme vor.
Ich
blickte zum Kontrollschirm hinüber und sah, wie der Vorspann zu Frankensteins
Stiefkind verblaßte, begleitet von gespenstischer Musik. Ein weiterer Text
wurde eingeschoben: Mit einer Einführung durch Bruno. Und dann der
nächste: Und seiner Assistentin Brunhild.
Das
erste Bild war eine Großaufnahme von Brunos Kopf und Schultern. Er glotzte aus
dem Bildschirm, dann berührte er seinen unbeschreiblichen Hals mit dem
Zeigefinger und lispelte: »Das nächste Mal nehme ich ein Rasiermesser.« Er
beugte sich vor und starrte mit seinem einen Auge die Zuschauer an. »Wir wollen
uns doch näherkommen«, sagte er eindringlich. »Vergessen Sie nicht, ein Schritt
nur, und ich stehe in Ihrem Wohnzimmer!«
Ich
vermute, er war nicht schlecht, sofern man für diesen Quatsch etwas übrig
hatte. Bruno machte fast die ganze Arbeit — Brunhild schien lediglich zu
Dekorationszwecken herumzustehen. Er bezog sich zwei-, dreimal auf »Unser
kleines Ungeheuer«, das offensichtlich in dem Sarg hauste. Ich kam zu dem
brillanten Schluß, daß der Sarg der große Knüller des Auftrittes sein würde,
und ich hatte mich nicht getäuscht.
»Er ist
unser allereinzigstes«, vertraute er seinen Zuschauern an, »unser ureigenes,
kleines Meisterstück, und wir haben ihn gern. Er ist nur leider nicht ganz
richtig geworden, aber das ist nicht weiter schlimm. Die Formel stimmte nicht
ganz genau, aber das ist unwichtig. Er ist ein liebenswertes Ding. Es ist so,
als hätte man ein Kind mit im Grab, solange man ihn nicht anschaut.«
Mit
einer väterlichen Grimasse wandte er sich an Brunhild. »Hebe den Deckel,
Liebling und laß ihn unsere Freunde auch mal sehen. Schließlich, wenn wir nicht
schlafen können, warum sollen sie es.«
»Ja,
Liebster«, sagte Brunhild glücklich. Sie tänzelte auf den Sarg zu, blieb dann
aber plötzlich stehen.
»Du
darfst unsere Freunde nicht warten lassen«, ermahnte Bruno sie tadelnd.
Sie
zögerte einen Augenblick. »Liebster, sollte ich nicht lieber die Axt
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