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Dieser Sonntag hat's in sich

Dieser Sonntag hat's in sich

Titel: Dieser Sonntag hat's in sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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gewarnt hatte, nicht mit den Zähnen zu knirschen.
    Endlich erreichte Wilkonsons Ranchero
die Einfahrt zum Cost-Plus-Parkplatz. Er mußte links abbiegen. Auf der
Gegenspur fuhren die Autos Stoßstange an Stoßstange. Ich wartete zwei Wagen
hinter ihm und fragte mich, was er wohl vorhatte.
    Er blinkte nach links. Der Gegenverkehr
schlich ununterbrochen weiter. Er streckte den Arm aus dem Fenster und
gestikulierte heftig. Mit entschlossenem Gesichtsausdruck fuhr ein Mann in
einem Cadillac vorbei. Irgend jemand — im Auto hinter Wilkonson, nahm ich an — hupte.
    Wilkonson lebte zwar auf dem Land, aber
er kannte die Regeln des Stadtverkehrs. Er ignorierte das Hupen und rührte sich
nicht vom Fleck. Schließlich riß der Verkehr kurz ab. Der Ranchero schob sich
nach vorne. Ein Camper mit einem Kennzeichen aus Illinois gab Gas und versuchte
die Lücke zu schließen. Wilkonson und der Fahrer des Campers bremsten scharf.
    Wenn man einem Menschen folgt und
heimlich all seine Bewegungen über einen längeren Zeitraum hinweg beobachtet,
entwickelt man manchmal ein gewisses Einfühlungsvermögen. Es ist, als ob man
die Gedanken der betreffenden Person lesen könne: Wie weit man auch entfernt sein
mag, wie sehr die Sicht auch behindert sein mag, wenn es darauf ankommt, weiß
man plötzlich, was der andere tun wird.
    So ging es mir. Und wirklich, Wilkonson
tat, was ich erwartet hatte.
    Er hatte nur ein paar Zentimeter vor
der Stoßstange des Campers abgebremst. Sie standen eng beieinander, aber der
Ranchero war im Vorteil. Wilkonson streckte den linken Arm aus dem Fenster und
zeigte dem Fahrer den berühmten Finger. Dann riß er das Lenkrad herum und fuhr
dem Camper vor die Nase. Dabei rammte er fast einen parkenden Wagen. Er knallte
den Rückwärtsgang rein und fuhr um ein Haar in den VW hinter ihm. Nach Abschluß
des gewagten Wendemanövers raste er mit schwänzelndem Heck und quietschenden
Reifen die Straße hinunter.
    Als er an mir vorbeischoß, konnte ich
kurz sein Gesicht sehen. Es war dunkelrot angelaufen und wutverzerrt — ein
erschreckender Anblick unverstellter Mordlust.
     
     
     

2
     
    Zu dem verrückten Streifzug durch die
Stadt heute war es gekommen, weil Jack Stuart — der neue Anwalt bei All Souls —
mich am späten Freitagnachmittag gefragt hatte, ob ich am Wochenende für einen
seiner Kunden eine Personenüberwachung übernehmen könnte. Der Auftrag hatte,
laut Jack, nichts mit den juristischen Angelegenheiten des Mannes zu tun, die
er bearbeitete; es handelte sich lediglich um einen Gefallen. Die Kanzlei
bietet langjährigen Mandanten nämlich als Dienstleistung auch Ermittlungen an.
Nachdem ich, wie so oft in der letzten Zeit, keine Pläne fürs Wochenende hatte
und das Geld für die Überstunden gut brauchen konnte, nahm ich den Auftrag an.
    An jenem Nachmittag fuhr ich um vier
Uhr ins südliche Market-Viertel, um mich mit Jacks Mandanten, Rudy Goldring, zu
treffen. Goldring fertigte Maßhemden an, und die Büros der Firma Goldring
Clothiers lagen in der Stillman Street, einer kurzen Straße an der Autobahn I-80,
nicht weit vom Moscone Center. Die enge Fahrbahn war trotz der Verbotsschilder
auf beiden Seiten mit Autos zugeparkt. Viele standen mit zwei Rädern auf dem
Bürgersteig. Ich quetschte den MG zwischen einen neuen Toyota und einen
zerbeulten Kleinlaster und suchte Goldrings Nummer. Eine merkwürdig gemischte
Bebauung war das hier: alte Lagerhäuser aus der Nachkriegszeit und Fabriken und
italienisch angehauchte Häuser im viktorianischen Stil; Goldring Clothiers lag
im Erdgeschoß eines viktorianischen Hauses am Ende der Straße, das frisch mit
blauer Farbe gestrichen war.
    Mitten auf den Marmorstufen saß ein
bärtiger Penner in schäbigen Armeeklamotten und trank ein Bier aus der Dose.
Als ich zur Tür hinaufging, sprang er auf. Ich verkrampfte mich innerlich, ging
aber weiter. Er verstellte mir den Weg.
    »Kann ich Ihnen helfen, gnädige Frau?«
Er roch schlecht, und sein Atem stank nach Bier, aber seine Anrede war
formvollendet.
    »Was?«
    »Wen suchen Sie?«
    »Hm, Mr. Rudy Goldring.«
    »Hier entlang, bitte.« Er führte mich
zur Tür und öffnete sie mit der Höflichkeit eines englischen Butlers.
    »Oh, danke.«
    »Es war mir ein Vergnügen.« Er zog die
Tür hinter mir zu.
    Ich schüttelte den Kopf und dachte, Nur
in San Francisco... Dann schaute ich mich um. Ich stand am Anfang eines
langen Flures mit perlgrauem Teppichboden und dunkelgrauen Wänden. Auf beiden
Seiten des Flures gab es

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