"Dieser Weg wird kein leichter sein,,,": Mein Leben und ich (German Edition)
kurz, zum Einsatz. Zu wenig für mich, aber Felix Magath hatte andere Pläne. Auch wenn ich sage, dass diese meines Erachtens nicht immer ganz deutlich wurden, dürfen Sie mich nicht falsch verstehen. Ich hatte ein gutes Verhältnis zu ihm. Aber er merkte natürlich auch, dass ich unzufrieden war. Ich wollte spielen, fühlte mich noch nicht zu alt. Da ich immer gespielt, fast mein ganzes Fußballerleben auf Schalke verbracht hatte, war es für mich schwer zu akzeptieren, dass ich nicht mehr so dringend gebraucht wurde wie früher. Da machte Magath mir ein Angebot: Ich solle bleiben, er könne mich gebrauchen, für die Bank oder auch mal bei den Amateuren; und dann könne ich ja eine Funktion im Verein übernehmen.
Aber das war zu diesem Zeitpunkt nicht mein Ziel. So sang- und klanglos zu verschwinden und dann aufzuhören – dafür fühlte ich mich definitiv noch zu gut. Und der eigentliche Abschied auf Schalke sollte sowieso erst im St.-Pauli-Trikot stattfinden.
Der Flirt mit den St.-Pauli-Fans
Schon vor der Winterpause 2009/2010 hatte mich mein Freund Charles Taki angesprochen, ob ich mir nicht vorstellen könne, nach Hamburg zu gehen. Aber ich verdrängte das Gespräch sofort, schließlich war ich noch Schalker. Dann fand dieses legendäre Spiel in der Vorbereitung auf die Rückrunde beim FC St. Pauli statt, damals noch Zweitligist. Wenn ich heute die Bilder sehe, kann ich es immer noch kaum fassen und es läuft mir ein Schauer über den Rücken. Denn die Fans von St. Pauli hatten mich offenbar in ihr Herz geschlossen. Ich wurde äußerst freundlich mit Sprechchören begrüßt. »Ohne Gerald habt ihr keine Chance!«, skandierten die Anhänger des Kiez-Klubs und spielten natürlich darauf an, dass ich auf der Bank saß und vermutlich von Magath auch nicht zum Spiel vorgesehen war. Ich war erstaunt, was sich hier abspielte. In der Halbzeit fragte mich Peer Kluge sogar, ob ich schon mal für St. Pauli gespielt habe. Einen so innigen Eindruck machte das Verhältnis zwischen den Fans und mir.
Dann kam der Höhepunkt: Mitte der zweiten Halbzeit – ich saß selbstverständlich weiter auf der Bank – rief das ganze Stadion: »Wir woll’n den Gerald sehen!« Was ist denn hier los, dachte ich. Vielleicht war ja Verstehen Sie Spaß unterwegs und gleich musste ich in die versteckte Kamera winken. Aber nichts dergleichen. Magath winkte, ich solle mich warm machen. Ich weiß bis heute nicht, ob er sich dem Druck der Fans gebeugt hat oder mich wirklich bringen wollte. Jedenfalls brandete heftiger Jubel auf und als ich das Trikot überzog, ging die Welle durch das Stadion. 17 Minuten habe ich noch mit der Unterstützung der Fans gespielt. Ich muss schon sagen, das hat mich stark beeindruckt. Natürlich kann es sein, dass sie mich mochten, weil ich mich wie die St.-Pauli-Fans gegen Rechtsextremismus engagiere. Möglich, dass ein Masterplan dahintersteckte. Auf jeden Fall begann ich, mich für den Verein zu interessieren, und verfolgte gespannt dessen Weg in der Rückrunde bis zum Aufstieg.
Als dann in der Sommerpause die Anfrage kam, zögerte ich nicht lange. Ich wollte Fußball spielen, auf Schalke war vorläufig kein Platz mehr für mich und der Kiez-Klub war ein bisschen wie Schalke: familiär, mit tollen Fans und man würde Arbeiter lieben. Da war ich also gerade richtig. Ich unterschrieb einen Vertrag über zwei Jahre bei St. Pauli und konnte bei einem möglichen Abstieg des Hamburger Vereins ins Ruhrgebiet zurückkehren. Der »Wunschspieler« von Holger Stanislawski freute sich auf seine neue Aufgabe.
Eine wechselhafte Saison
Einsatz, Leidenschaft und Identifikation – das waren die Attribute, die mir von der Hamburger Presse zugeschrieben wurden und die ich auch erfüllen wollte. Aber erst einmal bekam ich einen Dämpfer. Nach einem guten Vorbereitungsspiel gegen Bayer Leverkusen im Juli 2010, in dem ich auch ein Tor erzielte, verletzte ich mich. Diese Oberschenkelverletzung wurde anfangs von allen Seiten total unterschätzt, sodass die Zwangspause länger dauerte als geplant. Zwei Monate standen am Ende auf der Verletztenliste und die große Frage: Schaffe ich es, bis zum Derby gegen den HSV wieder fit zu werden?
Es klappte tatsächlich und ich konnte mithelfen, gegen den großen »Bruder« in Hamburg ein 1:1 zu erarbeiten, indem ich die Vorbereitung unseres Treffers übernahm. Aber den ganz großen Wurf schafften wir dann im Rückspiel. Dazu muss man wissen, dass so ein Stadtderby in etwa mit dem
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