Diner des Grauens
diner.
Duke bog ab. »Ich habe Hunger«, erklärte er, bevor Earl a n fangen konnte, ihm auf die Nerven zu gehen.
Earl tat es trotzdem. »Du hättest auch vorhin was essen können. Ich habe dir doch gesagt, du sollst dir was beso r gen.«
»Vorhin hatte ich keinen Hunger.« Duke zog seine Mü t ze tiefer, bis sie seine Augen fast bedeckte, und hievte seinen massigen Körper vom Fahrersitz. Die Federung des Pick-ups stöhnte, als sich der Wagen zehn Zentimeter hob.
»Du hättest dir ein Sandwich kaufen können. Das ist dein Problem. Du denkst nie voraus. Du lebst immer im Jetzt. Du hast einen reaktiven Verstand.«
Duke verfluchte den Tag, an dem Earl eine dieser eselso h rigen Ausgaben von Dianetik in die Finger bekommen hatte.
Der Werwolf zögerte und schnüffelte.
»Was ist denn jetzt?«, fragte Earl.
»Nichts.« Er neigte den Kopf. »Dachte für 'ne Minute, ich würde was riechen.«
»Was? Was hast du gerochen?«
»Zombies.«
»Jeeesus, Duke, hier ist in hundert Meilen Umgebung übe r haupt nichts. Wo in aller Welt sollten hier Zombies herko m men?«
»Von da drüben.«
Duke deutete mit dem Daumen über seine Schulter, als er das Diner betrat. Wie aufs Stichwort legte sich der Staub, den der Pick-up aufgewirbelt hatte und enthüllte einen kleinen Friedhof.
»Oh.«
Duke ging hinein.
Ein großer, schwarzer Rabe saß auf dem Neonschild des D i ners. Der Vogel legte den Kopf schräg und fixierte Earl mit einem grausamen schwarzen Auge.
»Was starrst du mich so an?« Er warf einen Stein nach dem Raben, verfehlte ihn aber. Dem Vogel schien das egal zu sein. Er blieb sitzen, ohne eine Feder zu rühren. Seu f zend machte sich Earl auf den Weg hinein.
Dukes abgelatschte Wanderstiefel quietschten mit jedem Schritt auf dem abgetretenen Linoleumboden des Diners. Earls Flip-flops schlappten gedämpft. Das Diner war erstaunlich groß, wenn man seine einsame Lage bedachte. Es gab genug Sitzecken, Tische und Barhocker für eine halbe Kompanie. Aber der Raum war verlassen. Die Neo n röhren summten w i derwärtig. Zwei billige Drucke mit Wüstenlandschaften hingen neben den Toiletten. Ein Farn schmückte eine Säule. Ein g e sprungener Keramiktopf stand in einer Ecke. Es waren klägliche, aber vergebliche Vers u che, dem Raum Atmosphäre zu geben. Er blieb so leer, dass er in seiner Leere fast schon vulgär wirkte.
Das auffälligste Detail war ein braunroter Fleck am Fuß der Säule, der an seiner breitesten Stelle einen Durchme s ser von etwa dreißig Zentimetern aufwies. Ein normaler Mensch hätte nicht weiter darüber nachgedacht und ihn für einen Rostfleck oder Schimmel gehalten. Aber sowohl Earl als auch Duke besaßen empfindliche Nasen. Er roch nach Blut. Der Fleck sah alt aus, aber der Geruch, wenn auch schwach, war frisch.
Eine Stimme drang aus dem Hintergrund. »Bin gleich für euch da.«
Sie setzten sich an die Theke. Der Geruch nach Fett ließ es in Dukes Magen rumoren.
Earl fuhr mit seiner Psychoanalyse fort. »Also, ich habe Zi e le und mein Geist richtet sich in aufgekl ärter Art und Weise auf diese Ziele. Ich habe den Clear-Status erreicht. Während du nur jedem Impuls nachgibst, der in dein blödes Hirn gerät.«
»Zumindest habe ich einen Schatten.«
Der Vampir warf einen Blick auf den Boden. Sein Schatten war tatsächlich schon wieder fort. Das tat er ziemlich oft. Manchmal verschwand er für Stunden oder sogar Tage. Earl hasste das. Er wusste, ganz egal, wohin er ging, sein Schatten hatte mehr Spaß als er selbst. Und wenn der Schatten war, wo er hingehörte, hatte er die Neigung, sich gegen Earls Willen zu bewegen, ihn zu verspotten und einfach lästig zu sein. Von allen Problemen, mit denen sich Untote herumschlagen mussten (zu viele, um sie alle aufzuzählen), war der Schatten wahrscheinlich das trivial s te, dafür aber auch das nervtötendste.
Wohl wissend, wie sehr es Earl auf die Nerven ging, verzog Duke das Gesicht, um ein Lächeln anzudeuten.
Earl zermarterte sich das Hirn auf der Suche nach einem cl e veren Gegenschlag. »Leck mich.«
Die Küchentür schwang auf und eine große, plumpe Frau schlurfte heraus. Sie trug ein T-Shirt und eine abg e schnittene Jeans, die ihren wackelnden Hintern nur knapp zusammenhielt. In rollenden Wellen breitete sich Cellulite bei jedem Schritt aus. Eine schmutzige Schürze spannte sich über ihren gewaltigen Brüsten. Das Haar, ein wirres, wasserstoffblondes Durcheina n der, hing über die linke Hälfte ihres Gesichts und über die Schultern.
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