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Doktor Proktor im Goldrausch

Doktor Proktor im Goldrausch

Titel: Doktor Proktor im Goldrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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gelten als extrem zurückhaltend. Außerdem sind sie ziemlich klein. Ihr Land ist ja bloß eine winzige Insel im Stillen Ozean zwischen Togaparty und Dänisch Guano.«
    Im gleichen Moment spürte er, wie sich etwas Schweres, Warmes um seinen Nacken legte. Mama Crunch hatte sich neben ihn auf den Stuhl gesetzt und ihren Arm um ihn gelegt. Bulle musste sofort an die riesige Anakonda denken, der er einmal begegnet war.
    »Hören Sie, Mister Schörlo, meine Jungs sind vielleicht keine Erdkundegenies. Aber Pech für dich, dass ich sowohl die Sonderschule als auch die Hauswirtschaftsschule besucht habe. Und ich habe noch NIE von Monopolynesien gehört. Wir müssen dich daher leider in Stücke hacken und den Vögeln zum Fraß vorwerfen. Alfie, gib mir das Messer…«
    »Bei allem Respekt, Frau Crunch«, lachte Bulle hysterisch, während sein Herz so schnell schlug wie ein knatterndes Stück Pappe in den Fahrradspeichen, wenn man schnell fährt. »Bedenken Sie, dass Monopolynesien so klein ist, dass es nicht einmal einen Sitz in den Vereinten Nationen hat. Bloß einen Stehplatz ganz hinten. Ohne Stimmrecht und Kloschlüssel. Und wenn irgendjemand Monopolynesien angreift, wird ihm kein Land helfen, weil es niemandem nützt, mit einem derart kleinen und unbedeutenden Land befreundet zu sein. Wir Kleinen hatten es schon immer schwer.«
    Er sah Mutter Crunch mit dem traurigsten Blick an, den er hinbekam – und der war schon ganz schön traurig. »Deshalb verstecken sich die Monopolynesier ja auch und tun so, als gäbe es sie gar nicht. Aus dem Grund gibt es auch nirgendwo ordentliche Informationen über dieses Land.«
    Mama Crunch nahm Alfie das Messer ab und legte ihren Arm etwas fester um Bulle. »So, so Mister Schörlo, du behauptest also, dass es einem kompletten Land gelingen kann, sich geheim zu halten?«
    »Glauben Sie mir etwa nicht?«, fragte Bulle halb erstickt. »Sie müssen nur bei Google nachgucken! Wenn Sie da irgendetwas über Monopolynesien finden, überlasse ich Ihnen meinen Anteil. Und das ist nicht wenig, denn als ich das letzte Mal nachgefragt habe, war ein Monopol – so heißt die Währung – 13,19 englische Pfund wert.«
    Mama Crunch setzte die Messerspitze an Bulles Kehle. Bulle schluckte und spürte, wie sein Adamsapfel an der Klinge entlangschabte. Er schloss die Augen und wartete darauf, Vogelfutter zu werden.
    »Überprüf das, Charlie!«, sagte die Drachenstimme.
    Bulle hörte, wie Charlie ein Handy nahm, während sich Mama Crunchs Arm immer fester um seinen Hals legte. Bald würde er bewusstlos werden.

    Es wurde vollkommen still im Raum. Bulle öffnete die Augen. Schwarz. War er bereits ohnmächtig? Hatte sie ihm die Luft abgeschnürt? War er fertig, finished, finito? Es roch seltsam. Im Himmel konnte er nicht sein, außer es roch dort nach verschwitzten Socken, die zu lange in einer Plastiktüte gelegen hatten.
    »Schörlo hat recht«, hörte er eine Stimme aus weiter Ferne. »Kein Treffer für ein Land mit dem Namen Monopolynesien.«
    Der Druck nahm ab und Bulle stellte fest, dass sein Kopf in der nackten Achselhöhle von Mama Crunch steckte. Der Arm löste sich und es wurde wieder hell. Bulle schnappte nach Luft.
    »Da seht ihr’s!«, keuchte er. »Glaubt ihr mir jetzt?«
    »Hm«, sagte Mama Crunch und pulte mit dem Messer zwischen den Zähnen herum. »Kommt, wir gehen damit zur Bank und gucken, ob wir es gegen anständige englische Pfund eintauschen können.«
    »Nein, nein, seid ihr denn verrückt?«, rief Bulle. »Wenn wir das jetzt eintauschen, bringt Scotland Yard das Geld doch direkt mit uns in Verbindung. Nein, wir zahlen das Geld am besten irgendwo auf einer Bank ein und waschen es später in der Schweiz rein. Wenn es dann sauber ist, können wir es noch immer in englische Pfund eintauschen.«
    »Geld WASCHEN?«, platzte Charlie heraus. »Bist du plemplem? Das läuft doch ein!«
    »Charlie, du Idiot!«, sagte Mama Crunch. »Geld waschen heißt doch nur, dass wir die blöde Polizei verwirren, indem wir die Kohle mal hierhin und mal dorthin schaffen. Und am Ende wissen sie nicht mehr, wo das Geld eigentlich herkommt.«
    »Genau«, sagte Bulle, obwohl er sich in Wahrheit selbst nicht sicher war, was Geld waschen eigentlich genau bedeutete. »Was glaubt ihr, warum ich noch frei herumlaufe? Hä? Ich wasche mich jeden Freitag, und zwar von Kopf bis Fuß. Das kann ich allen Schurken nur empfehlen.«
    »Hm«, sagte Mama Crunch. »Was der Kleine da sagt, ist vielleicht gar nicht so verkehrt.

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