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Doktor Proktor im Goldrausch

Doktor Proktor im Goldrausch

Titel: Doktor Proktor im Goldrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Deck des Busses herunter. »Vergesst Speaker’s Corner, guckt mal, wer hier ist. Das ist doch Maximus Rublov!«
    Weitere Gesichter tauchten auf.
    »Hallo, Rublov!«, rief ein anderer Tourist. »Kannst du dir kein Busticket leisten?«
    »Nicht, wenn ich Ibranaldovez kaufen will«, rief Bulle, während er im Kinderwagen aufstand und sich höflich verbeugte. Dabei hätte er fast das Gleichgewicht verloren, als der Kinderwagen nach links ausscherte.
    Weg war der Bus. Sie ratterten über eine Kopfsteinpflastergasse, die enger und enger und dunkler und dunkler wurde, je weiter sie kamen. Der holperige Boden ließ Bulles Zähne klappern.
    »W-o s-i-n-d w-i-r?«, stammelte er.
    Im gleichen Moment raste der Kinderwagen direkt auf eine Hauswand zu. Bulle machte sich schon auf den schrecklichen Crash gefasst, als sich plötzlich eine Luke vor ihnen öffnete. Sie rollten über eine Rampe in einen Keller und kamen in einem großen schwarzen Kohlehaufen zum Stehen.
    »Zu Hause!«, antwortete Charlie.
    Bulle hustete und kletterte aus dem umgestürzten Kinderwagen, während er sich den Kohlenstaub aus den Augen rieb.
    Und als er so dastand und sich die Augen rieb, ging ihm plötzlich auf, wie still es geworden war. Niemand sagte ein Wort. Offenbar befand sich etwas im Raum, das die sonst so redseligen Brüder zum…
    Bulle öffnete die Augen und starrte auf ein Paar Beine, die mindestens so behaart waren wie die, die er eben erst im Park gesehen hatte – nur waren diese hier dick wie Baumstämme. Bulle hob langsam den Blick, höher und höher, während seine Nackenhaare sich mehr und mehr aufstellten.
    »Mama!«, flüsterte Charlie.
    Sie, deren Name nur geflüstert werden durfte, hatte ihre riesigen Arme vor der noch riesigeren Brust verschränkt. Darüber kam ein Frauenkopf zum Vorschein, der aussah, als wäre er gerade aus einem Waffeleisen gekommen. Er war schneepflugbreit und übersät von unzähligen Hautfalten. Zwischen diesen Hautfalten aber saßen ein paar wie Kohle glühende Augen.
    »Mama…«, flüsterte Betty.
    Ein leises Plopp ertönte, als Alfie endlich die Melone vom Kopf kriegte und wieder sehen konnte.
    »Mama…«, flüsterte er.
    Aber die riesige Frau ignorierte ihn. Ihr Blick war auf den kleinen Rothaarigen gerichtet.

    »So«, sagte sie mit der Stimme eines Drachen, der seine Wut kaum noch im Zaum halten konnte und mindestens an einer mittelschweren Halsentzündung litt. »Was bist du denn für einer?«
    »Ich… ich …«, begann Bulle mit zitternder Stimme, »ich bin Bu… Schörlo. Ich bin Schörlo! Ich bin ein Schurke. Aber keiner, dem Sie trauen können, sondern ein richtig fieser Schurke.«
    »Gut für dich«, sagte die Frau und beugte sich zu Bulle vor, der entsetzt feststellte, dass sie nicht nur die Stimme eines Drachen hatte. »Denn ich bin …«, sagte sie mit einem knirschenden Flüstern neben Bulles Ohr: »…Mama Crunch.«
    »Oha!«, kam es ganz unfreiwillig über Bulles Lippen.
    »Hoffentlich bist du kein Hosenscheißer, Mister Schörlo. Denn jetzt wird gegessen. Kapito?«
    Schörlo sah zu den drei anderen hinüber, die allesamt so aussahen, als wäre ihnen das Herz in die Hose gerutscht.
    »Und… und… was genau gibt es zu essen, Frau Crunch?«
    Mama Crunch richtete sich auf. Ihr Lachen klang, als versuchte jemand bei minus dreißig Grad ein Auto anzulassen.
    »Tja, das wüsstest du wohl gern.«

Kapitel 10
    Die Wahrheit über
Monopolynesien
    B ulle und die Brüder Crunch saßen am Esstisch. Das Zimmer fiel nach Nordwesten hin leicht ab, nachdem im Zweiten Weltkrieg eine Bombe das Dach durchschlagen hatte. Sie war nicht explodiert, hatte aber den Couchtisch, die Brille und das Whiskyglas von Opa Crunch zerschlagen, der nach einem kleineren Raubzug sein übliches Mittagsschläfchen gehalten hatte. Seither hatte sich das Zimmer kaum verändert. Die Fenster waren noch immer verklebt, damit die deutschen Flugzeuge kein Licht sahen, auf das sie mit ihren Bomben zielen konnten. Jetzt diente die Verdunkelung dazu, die neugierigen Blicke von Scotland Yard oder anderen Gaffern abzuhalten, die sehen wollten, wo die Crunch-Brüder wohnten. Das einzige Licht des schiefen Zimmers kam aus dem Kamin, in dem ein paar Kohlen glühten.
    »Tu so, als würde es dir schmecken!«, flüsterte Charlie und steckte sich einen Löffel Essen in den Mund. Doch Bulle konnte nicht anders, als reglos auf den Teller zu starren, den Mama Crunch ihm vor die Nase geknallt hatte. Fisch mit Zehennagelchips, hatte sie

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