Don Quixote
gefunden oder nicht gefunden habe, ob ich es ausgegeben oder nicht ausgegeben habe; denn wenn mir die Schläge, die ich auf dieser Reise bekommen, mit Gelde sollten bezahlt werden, wenn ich auch jeden Schlag nur zu vier Maravedi rechne, so müßte ich noch hundert Goldstücke bekommen, und es wäre doch noch nicht die Hälfte bezahlt. Jeder fahre nur mit der Hand in seinen eignen Busen, und keiner nehme sich heraus, rechts links und links rechts zu nennen; denn jeder ist doch so, wie Gott ihn geschaffen hat, und oft noch viel schlimmer.«
»Ich will dafür sorgen«, sagte Carrasco, »den Autor der Historie zu erinnern, wenn sie neu aufgelegt wird, daß er nicht vergesse, was der wackere Sancho eben gesprochen hat ; denn dadurch würde das Werk um vieles trefflicher werden, als es jetzt ist.«
»Gibt es in diesem Buche sonst noch etwas zu verbessern, Herr Baccalaureus?« fragte Don Quixote.
»Hin und wieder«, antwortete jener, »aber nichts von der Wichtigkeit der angeführten Fehler.«
»Und vielleicht«, sagte Don Quixote, »verspricht der Autor einen zweiten Teil?«
»Allerdings«, antwortete Simson; »er sagt aber, daß er ihn noch nicht gefunden habe, auch nicht wisse, wo er stecke, und darum sind wir ungewiß, ob er herauskommen wird oder nicht. Teils deswegen, teils auch, weil viele sagen, daß die zweiten Teile niemals etwas taugen, andere auch meinen, es sei nun genug von Don Quixotes Händeln geschrieben; auch zweifelt man, ob ein zweiter Teil kommen werde, obgleich andere, die mehr jovi alisch als saturninisch sind, sagen: ›Nur mehr Quixoterien her; Don Quixote handle, und Sancho schwatze, es sei, was es sei, und wir wollen damit zufrieden sein.‹«
»Und womit hält es der Autor?«
»Damit«, antwortete Simson, »daß in demselben Augenblicke, in welchem er die Historie gefunden hat, die er mit großem Eifer sucht, er sie dem Drucke übergeben wird, mehr durch den Gewinn, den er daraus ziehen wird, als durch irgendeinen Ruhm bewogen.«
Worauf Sancho ausrief: »Der Verfasser geht also nach Geld und Gewinst? Dann wär es ein Wunder, wenn es was Gutes würde; denn da wird es wohl nur heißen: ›Spute dich! Spute dich!‹, wie bei den Schneidern den heiligen Abend vor Ostern; was aber in solcher Eile gemacht wird, kann nie so vollkommen fertiggemacht werden, wie es sich gehört. Der Herr Mohr, oder was er sonst sein mag, sehe doch ja zu, was er tut; denn ich und mein Herr, wir wollen ihm so viele Zutat zu Abenteuern und mancherlei Begebenheiten in die Hände arbeiten, daß er nicht nur den zweiten Teil, sondern wohl den hundertsten schreiben kann. Der gute Mann muß gewiß denken, daß wir auf dem Strohe hier eingeschlafen sind; aber nein, wir lassen uns schon die Eisen schärfen, und bald wird man sehen, wie wir den Tanz nicht verlernt haben. Wenigstens kann ich das wohl sagen, daß, wenn mein Herr meinem Rate folgte, wir schon wieder im freien Felde wären, um Ungebühr aufzuheben und Ungeradheiten geradezumachen, so wie es bei den braven irrenden Rittern Gebrauch und Sitte ist.«
Kaum hatte Sancho diese Worte zu Ende gesprochen, als sie das Wiehern des Rozinante vernahmen, welches Wiehern Don Quixote als eine glückliche Vorbedeutung annahm und sich entschloß, in drei oder vier Tagen einen neuen Auszug zu unternehmen. Er teilte dem Baccalaureus seinen Vorsatz mit und fragte ihn um Rat, nach welcher Gegend er seinen Zug rich ten solle, der ihm antwortete, daß er sich nach seiner Meinung in das Königreich Aragon begeben müsse, und zwar nach der Stadt Saragossa, wo man in kurzer Zeit beim Feste des heiligen Georg feierliche Turniere anstellen würde, in welchen er den Preis vor allen aragonischen Rittern davontragen könne, welches soviel heißt, als ihn über alle Ritter in der Welt erringen. Er lobte seinen Entschluß als den schönsten und ehrenvollsten, dabei riet er ihm aber, für sich selbst im Bestehen der Gefahren mehr Sorge zu tragen; denn sein Leben gehöre nicht ihm, sondern allen denen, die sein bedürften, damit er ihnen in ihrem Unglücke Beistand und Hülfe leisten könne.
»Das ist ja mein ewiger Verdruß, Herr Simson«, rief jetzt Sancho aus; »denn mein Herr greift hundert bewaffnete Kerle mir nichts, dir nichts an, wie sich ein vernaschter Junge an eine Tute Rosinen macht. Aber Sakkerment! Herr Baccalaureus, nicht wahr? es hat seine Zeit, anzugreifen, und es hat seine Zeit, sich zurückzuziehen! Da kann es nicht immer heißen: ›Eingehauen! und frisch drauf los!‹,
Weitere Kostenlose Bücher