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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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zu fallen. Es ist besser, wir machen uns mit gesunden Gliedmaßen davon und gehen nach Hause; denn wer Abenteuer sucht, findet eben nicht immer anmutige.«
    Sancho spuckte häufig aus und schien überhaupt an einer großen Dürre und Trockenheit zu leiden. Da dies der mitleidige Waldstallmeister sah und bemerkte, sprach er: »Es scheint, daß uns von unserm Gespräche die Zunge fast am Gaumen klebt ; ich habe aber etwas am Sattelknopfe meines Pferdes hängen, das sie wieder lösen kann und das nur so sein muß.« Hiermit stand er auf und kam bald darauf mit einem großen Schlauche Wein zurück, nebst einem gebackenen Fleische, das wohl eine halbe Elle lang war, und dies ist keine Übertreibung, denn es war von einem so großen Kaninchen, daß Sancho meinte, indem er es anfaßte, es müsse ein Bock und nicht einmal ein Böcklein sein. Er rief daher beim Anblicke aus: »Ei, und dieses führt Ihr so mit Euch, mein Herr?«
    »Was denkt Ihr denn?« antwortete der andere, »bin ich ein Stallmeister für Wasser und Brot? Ich habe mehr Vorrat hinten auf meinem Pferde bei mir als ein General, der sich auf den Weg macht.«
    Sancho speisete, ohne sich bitten zu lassen, und stopfte große Brocken im Finstern hinein, indem er sagte: »Euer Edlen ist ein treuer und rechtlicher Stallmeister, wie sich's gehört und wie er sein muß, prächtig und edel, wie es dieses Bankett beweiset, das mir wie durch die Kunst der Zauberei scheint hergekommen zu sein. Das ist etwas anders als mit mir Elenden und Armseligen, der ich in meinem Schnappsacke immer nur ein bißchen Käse führe, der so hart ist, daß man damit einem Riesen ein Loch in den Kopf schmeißen könnte; zur Gesellschaft noch vier Dutzend Zwiebeln und ebenso viele Eicheln und Nüsse. Das kommt von der Gewissenhaftigkeit meines Herrn und von seinem Glauben und seinem Gesetze, welchem er folgt, daß die irrenden Ritter nämlich sich nur von trockenen Früchten und von den Kräutern des Feldes ernähren und erhalten dürfen.«
    »Bei meiner Seele, Freund«, versetzte der vom Walde, »mein Magen ist zu Radieschen oder Knödelbirnen und Gebirgswurzeln nicht eingerichtet ; mögen doch in des Himmels Namen unsre Herren nach ihren Glaubensartikeln und Rittergesetzen leben und essen, was diese ihnen vorschreiben. Ich habe immer Fleischvorrat bei mir und diesen Schlauch an meinem Sattelknopfe; auf gerade oder ungerade, den ich so liebe und verehre, daß ich es nur sehr selten unterlasse, ihm tausend Küsse und Umarmungen zu schenken.« Und mit diesen Worten gab er ihn in die Hände Sanchos, der ihn gleich an den Mund setzte, wohl bei einer Viertelstunde die Sterne anschaute, und als er getrunken hatte, den Kopf auf die Seite fallen ließ und mit einem tiefen Seufzer sagte: »O du Hurensohn! O du Spitzbube! Wie bist du so katholisch!«
    »Seht Ihr nun«, sagte der vom Walde, als er den Hurensohn Sanchos hörte, »wie Ihr den Wein gelobt habt, indem Ihr ihn Hurensohn nennt?«
    »Ich sage«, antwortete Sancho, »daß ich's bekenne, daß ich's einsehe, daß es keine Schande ist, irgend jemand Hurensohn zu nennen, wenn man ihn damit zu loben denkt. Aber sagt mir doch, mein Herr, um Gottes Barmherzigkeit willen, ist der Wein nicht von Ciudad Real?«
    »Braver Weinkoster!« rief der vom Walde, »ja, er ist nirgend anders her und dabei schon manches Jahr alt.«
    »Das muß ich verstehen«, sagte Sancho, »das ist gerade recht meine Sache, ihn im Augenblicke zu erkennen. Ist es nicht wunderbar, Herr Stallmeister, daß ich eine so große natürliche Gabe habe, die Weine zu kennen, daß, wenn ich einen nur anrieche, ich sein Vaterland und seine Abstammung weiß, den Geschmack, seine Dauer, ob er umschlagen wird, nebst allem, was diesem Weine nur begegnen kann? Das ist aber gar kein Wunder; denn in meiner Familie sind von väterlicher Seite her die beiden allerherrlichsten Weinkoster gewesen, die la Mancha seit vielen Jahren gesehen hat. Zur Bestätigung dessen will ich Euch nur folgendes erzählen. Man gab den beiden Wein aus einem Fasse zu versuchen, indem man gern von ihnen die Art, das Wesen, die Güte oder Bosheit des Weines erfahren wollte. Der eine kostete ihn mit der Zungenspitze, der andere hielt ihn nur an die Nase. Der erste sagte, der Wein schmecke nach Eisen, der andere behauptete, er rieche nach Leder. Der Eigentümer sagte, das Faß sei rein und der Wein sei unverfälscht geblieben, er könnte also weder den Geschmack von Eisen noch von Leder angenommen haben. Die beiden berühmten

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