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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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Ritter dorten hierin im Irrtume steckt; aber wir wollen zuhören, vielleicht wird er sich deutlicher erklären.«
    »Gewiß«, versetzte Sancho; »denn er scheint es darauf angelegt zu haben, seine Klagen einen Monat hintereinander fortzusetzen.«
    Dies geschah aber nicht; denn als der Ritter vom Walde vernommen hatte, daß in seiner Nähe gesprochen wurde, stand er, ohne in seiner Klage fortzufahren, auf und fragte mit lauter und höflicher Stimme: »Wer da? Was für Leute? Sind sie von der Anzahl der Vergnügten oder aus der der Betrübten?«
    »Von den Betrübten«, antwortete Don Quixote.
    »So kommt zu mir«, antwortete der vom Walde, »und seid
    versichert, daß Ihr Euch zur Traurigkeit und zur Betrübnis selbst begebt.«
    Don Quixote, der sich so rührend und höflich antworten hörte, begab sich zu ihm, und Sancho tat desgleichen. Der trauernde Ritter faßte Don Quixote beim Arm und sagte: »Setzt Euch hierher, Herr Ritter; denn daß Ihr dieses seid und Euch zur irrenden Ritterschaft bekennt, nehme ich daraus hinlänglich ab, daß ich Euch an diesem Orte finde, wo die Einsamkeit und der freie Himmel Euch Gesellschaft leisten, die natürlichen Betten und eigentümlichen Zimmer der irrenden Ritter.«
    Worauf Don Quixote antwortete: »Ich bin ein Ritter, und zwar von dem Orden, welchen Ihr nennt; und obgleich Traurigkeit, Unfälle und Unglück in meiner Seele ihren Wohnsitz aufgeschlagen haben, so haben sie doch das Mitleid nicht daraus vertrieben, welches ich mit fremden Leiden habe. Aus dem, was Ihr soeben gesungen habt, schließe ich, daß die Eurigen verliebte sind, ich meine, von der Liebe zu jener schönen Undankbaren, die Ihr in Euren Klagen namhaft gemacht.«
    Während dieses Gespräches saßen sie auf der harten Erde nebeneinander, in gutem Frieden und schöner Geselligkeit, als wenn sie sich nichts weniger als mit dem anbrechenden Tage die Hälse brechen würden.
    »So seid Ihr, Herr Ritter«, fragte der vom Walde Don Quixote, »glücklicherweise auch verliebt.«
    »Unglücklicherweise bin ich es«, antwortete Don Quixote, »obgleich die Nachteile, die aus diesen gut gerichteten Gedanken entstehen, eher für Freuden als für Leiden zu rechnen sind.«
    »Das ist wahr«, versetzte der vom Walde, »wenn uns die Verschmähungen nicht Verstand und Vernunft zerrüttelten, die, wenn sie so oft eintreten, Höllenqualen scheinen.«
    »Niemals erlitt ich von meiner Dame eine Verschmähung«, antwortete Don Quixote.
    »Nein, wahrhaftig nicht«, sagte Sancho, der sich in der Nähe befand; »unsere Dame ist wie ein frommes Lämmchen, die ist geschmeidiger wie Butter.«
    »Ist dieser Euer Stallmeister?« fragte der vom Walde.
    »Ja«, antwortete Don Quixote.
    »Ich habe niemals einen Stallmeister gesehen«, versetzte der vom Walde, »der sich unterstanden hätte, zu sprechen, wo sein Herr spricht. Wenigstens ist hier der meinige, der so erwachsen ist wie sein Vater, aber es wird nicht können dargetan werden, daß er je die Lippen da geöffnet, wo ich gesprochen habe.«
    »Aber mein' Seel'«, sagte Sancho, »ich habe schon geredet, und ich kann wohl noch vor ganz anderen reden, und wenn auch – – – Doch ich will lieber stillschweigen, denn es möchte sonst noch schlimmer werden.«
    Der Stallmeister dessen vom Walde nahm den Sancho beim Arm und sagte: »Wir wollen wohin gehen, wo wir stallmeisterisch reden dürfen, was wir nur wollen. Lassen wir unsere Herren hier, daß es lanzenhoch bei ihnen hergehe und sie sich die Geschichte ihrer Liebe erzählen, wobei sie gewiß der Tag überraschen wird, ohne daß sie damit zu Ende gekommen sind.«
    »In Gottes Namen!« sagte Sancho. »Ich will Euch, mein Herr, erzählen, wer ich bin, damit Ihr sehen mögt, ob ich mich ungehörigerweise unter die gesprächigen Stallmeister eindränge.«
    Hiermit entfernten sich die beiden Stallmeister, unter denen ein ebenso lustiges Gespräch vorfiel, als die Unterredung ihrer Herren ernsthaft war.

    6. [13.] KAPITEL
    Setzt das Abenteuer des Ritters vom Walde fort und enthält das verständige, neue und anmutige Gespräch, welches zwischen den beiden Stallmeistern vorfiel

    Ritter und Stallmeister waren nun voneinander geschieden; diese erzählten sich ihren Lebenslauf, und jene sprachen von ihrer Liebe; die Historie aber trägt zuerst das Gespräch der beiden Diener vor und geht alsdann zu dem der Herren über. Sie erzählt also, daß, als sie sich ein wenig von jenen entfernt hatten, der vom Walde zu Sancho sagte: »Es ist ein

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