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1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe

1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe

Titel: 1 Frau, 4 Kinder, 0 Euro (fast): Wie ich es trotzdem geschafft habe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra van Laak
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Der Anfang vom Abgrund
    D ieselbe Einstellung noch mal. Halten Sie die Kleine etwas höher. Wecken Sie sie noch mal auf.«
    Das Fotoshooting im Wohnzimmer dauerte schon über eine Stunde, die vier Kinder waren erschöpft. Ich stupste den Großen in die Seite, jetzt nicht schlappmachen!
    Es ging um hundertfünfzig Euro. Das würde reichen, um für den sechsköpfigen Haushalt einzukaufen, einen symbolischen Teil der Stromrechnung zu bezahlen, vielleicht blieb sogar etwas übrig, damit der Telefonanschluss wieder freigeschaltet würde.
    Der Fotograf und die Redakteurin von der Zeitschrift nervten, begriffen nicht, dass weder Mutter noch Kinder es darauf angelegt hatten, auf das Cover einer großen, auflagenstarken Frauenzeitschrift zu kommen. Mir ging es nur ums Geld. Das allerdings war für Außenstehende nicht erkennbar. Hinter den Fenstern unseres Jugendstilhauses gähnten finanzielle und menschliche Abgründe.
    Mein Mann André hatte Geschäftsinsolvenz anmelden müssen und zog es nun vor, irgendwelche Geschäfte im virtuellen Raum zu machen. Die Maklerquallen waberten bereits um die Villa am See und fotografierten frech Fassade und Grundstück, obwohl das Haus noch nicht zum Verkauf, geschweige denn im Register der Zwangsversteigerungen stand (eine undichte Stelle bei der Bank). Aufgebrachte Gläubiger terrorisierten uns am Telefon, einer legte uns gar ein blutiges Beil vor die Haustür. Ich fühlte mich von meinem Mann unendlich alleingelassen. Ich konnte machen, was ich wollte – ich schien ihn nicht mehr erreichen zu können.
    Es dauerte nicht lange, und André und ich waren getrennte Leute. Die Kinder waren zu dem Zeitpunkt zwischen drei und neun Jahre alt, ich stürzte ins Bodenlose.
    Ich hatte nun alleine vier kleine Kinder durchzubringen. Ohne feste Stelle, ohne Rücklagen. Das älteste Kind aus meiner vorherigen Beziehung bekam regelmäßig Kindesunterhalt von seinem Vater. Die Unterhaltszahlungen von André für unsere drei gemeinsamen Kinder blieben jedoch vorerst aus – André hatte genug mit seinen Schulden zu tun.
    In einer solchen Situation hat man drei Möglichkeiten. Erstens: wegrennen. Zweitens: verrückt werden. Drittens: es durchstehen.
    Für die Option Nummer drei muss man kämpfen können. Und sehr einfallsreich sein. Das bezahlte Fotoshooting der Zeitschrift war nur der Anfang. Das Honorar von hundertfünfzig Euro habe ich übrigens nie bekommen, trotz der vielen Bitt- und Betteltelefonate mit der Redaktion. Anfangs hatte ich mich für den Verkauf meines Privatlebens an die Illustrierte geschämt. Jetzt, wo das kümmerliche, für mich jedoch unentbehrliche Honorar unbeachtet aller freundlichen und unfreundlicheren Nachfragen einfach ausblieb, fing ich an, mich fremdzuschämen – dazu sollte ich noch oft Gelegenheit bekommen.
    Mama, warum sind die Bilder alle weg?
    Wir brauchen die nicht mehr.
    Kriegen wir neue?
    Irgendwann, ja.
    Ich mag das nicht. Überall sind leere Vierecke an den Wänden.

Wunschkandidatin
    W enn man verzweifelt versucht, das Leben, die Finanzen, eine Arbeit in den Griff zu kriegen, ist man leichte Beute für skrupellose Menschen. Mit feinen Antennen spüren sie die Hilflosigkeit beim anderen und suchen auf ausgesprochen freundliche Weise die Nähe zu denen, die unter erheblichem Druck stehen.
    Ich bekam einen Anruf von einem Herrn, der mich mit »Guten Abend, Frau van Laak, wie schön, dass ich Sie gleich am Telefon habe« begrüßte. Wie schön, dass er mich überhaupt erreichte, denn drei Wochen später waren auch eingehende Anrufe über unseren Telefonanschluss nicht mehr möglich.
    Der Mann stellte sich als Abteilungsleiter eines großen Versicherungsunternehmens vor. Die Stimme klang zugewandt und vernünftig, in wenigen Sätzen hatte er mir erklärt, dass sein Unternehmen mich im Rahmen der Personalentwicklungsoffensive gezielt anspreche. In ihren Augen sei ich eine geeignete Kandidatin, komplexe, erklärungsbedürftige Versicherungsprodukte an bestehende Kunden, vor allem junge Familien, zu verkaufen. Die Provisionen seien erfolgsabhängig und würden sehr hoch ausfallen. Ob wir uns einmal kennenlernen wollten?
    »Woher haben Sie denn meinen Namen und meine Nummer?«
    »Frau van Laak, das darf ich Ihnen noch nicht sagen, es handelt sich um eine Empfehlung.«
    »Wer hat mich denn empfohlen?«
    »Frau van Laak, bitte haben Sie Verständnis, die Person wollte nicht genannt werden, war sich aber sicher, dass Sie genau in unser Anforderungsprofil passen und unserem

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